Sneak-Review #163: Traumfabrik

Sneak-Review #163: Traumfabrik

Bereits eine Woche vor deutschem Kinostart hieß es bereits am Dienstag, den 25. Juni, `Film ab!´für „Traumfabrik. Unter der Regie von Martin Schreier drehten die Babelsberger Filmstudios eine romantische Tragikomödie über die Babelsberger Filmstudios – einen Einblick, den es so noch nicht gegeben hat.

In zwei Zeitachsen erzählt „Traumfabrik“ die Geschichte von Emil (jung: Dennis Mojen, alt: Michael Gwisdek) und seiner Anstellung in den DEFA-Babelsberger Filmstudios im Sommer 1961. Der junge Komparse verliebt sich bei seinem ersten Dreh in das französische Tanz-Double Milou (Emilia Schüle). Als am 13. August 1961 aufgrund der politischen Spannungen die Berliner Mauer errichtet und Babelsberg (Potsdam) von West-Berlin abgeschnitten wird, trennen sich ihre Wege auf schicksalhafte Weise. Milou fliegt zurück nach Paris, wo sie sich bald mit dem Schauspieler Omar (Nikolai Kinski) verlobt. Emil, von Liebe zerfressen, nutzt die chaotischen Zustände, die im Filmstudio seit der Teilung herrschen, um einen Plan zu schmieden, mit welchem er Milou zurückgewinnen möchte:
Emil gibt sich als der fiktive Produktionsleiter Karl Boborkmann aus, schreibt einen Film passgenau für Milous Agentur und setzt alles von Staatsapparat bis Filmrollen in Bewegung um die Pariserin wieder nach Babelsberg zuholen.

Doch auch als sein Plan Gestalt annimmt, muss sich Emil immer neuen Herausforderungen stellen. Denn seine Maskerade als Regisseur ist brüchig, sein Stab besteht aus Laien und Trinkern, der Direktionsleiter (Heiner Lauterbach) will ihn scheitern sehen und hinlänglich bekannt treffen Verliebte nicht immer die schlausten Entscheidungen

Interessanter Spagat aus fantasievoller Narration und realen Schauplätzen und Umständen.

Für Martin Schreier (Regie) und Arend Remmers (Drehbuch) war es nicht das erste Projekt zusammen und das zeigt sich, genauso wie das hohe Niveau des Traditionsstudios Babelsberg, deutlich im Film. Ob ihre Erfahrung jedoch reicht, um eine Welt zum Leben zu erwecken), die 20 Jahre vor der Geburt der beiden Filmschaffenden liegt, ist eine andere Frage. Der Film hat keine Längen, die Kulissen sind wunderbar detailreich, Licht, Schatten und Kamerafahrten sind vom Feinsten. Woran es aber hapert sind schauspielerische Leistung und Story – und das nicht zu knapp.

Der eigentliche Plot ist schnell erzählt und die antagonistischen Kräfte – der böse Direktionsleiter, der eigentliche Verlobte von Milou und die kommunistische Partei – sind weder besonders innovative noch geht von ihnen eine Bedrohung aus, die dem Film Spannung verliehe. Es gibt keine Charakterentwicklung und keine größeren Fragen, die dem:der Rezipient:in gestellt würden. Es gibt keine Instanz, die die Augen der Zuschauer:innen an die Leinwand fesselt. Es entsteht kein genuines Interesse am Verlauf der Handlung bzw. am Erfolg des Protagonisten. Dialoge scheinen aus dem Drehbuch eins zu eins vorgetragen und wirken gestelzt und künstlich.

Deutsches Kino, was kein deutsches Kino sein möchte, aber dann doch irgendwie…

… ein bekanntes Muster! Das ist bei dieser Produktion tatsächlich einfach schade bei so viel Aufwand und Potenzial. Gleichzeitig werde ich als Zuschauer mehrere Fragen nicht los. Warum braucht ein Film über das Kino der 60er Jahre einen Titelsong von Helene Fischer? Wie kam es dazu, dass die Hauptfigur in vielen Szenen H&M-Hosenträger trägt? (Ich kann das bestätigen, ich habe die selben.) Und warum dreht man nicht lieber einen Film über das französische Kino der 60er Jahre – über die Nouvelle Vague, über spannendere Filmschaffende und einflussreichere Streifen?

Die Geschichte von „Traumfabrik“ ist so fantastisch, dass es nicht viel gebraucht hätte, um einen fantastischen Film zu drehen. Schreiers Machwerk verliert sich jedoch, gleich wie sein Protagonist, in der Produktion und am Ende bleibt seichte Unterhaltung, die einen nach den zwei Stunden unbefriedigt zurück lässt.

„Traumfabrik“ erscheint am 4. Juli in den deutschen Kinos.

FOTO: Studio Babelsberg

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