Sneak Review #74 – Lommbock

Sneak Review #74 – Lommbock

Lange nicht mehr haben alle Zuschauer im Kinosaal bei Enthüllung der Sneak am Dienstag so einstimmig laut gelacht. Es sah ungefähr so aus: Beim ersten Bild – Zunge befeuchtet Longpape. Und alle Zuschauer so: „Ne, wirklich?“ Im zweiten Bild steckt sich dann ein elegant gekleideter Typ einen Fake-Joint an. Spätestens jetzt war es für alle klar: „Das ist Lommbock, wie geil!“Weiter geht’s im nächsten Bild, man sieht einen Möchtegern Rastafari hinter der Cocktailbar.

Nach 16 Jahren hat Filmemacher Christian Zübert uns nun den zweiten Teil von Lammbock geliefert. Stefan (Lucas Gregorowitz) lebt jetzt in Dubai, wird bald heiraten und lebt vom Feinsten: Schicker Anzug, schöne Frau, teure Hochzeit und bald will er eine Bar auf den Dächern der Luxushochhäuser eröffnen. Er muss zurück in seine Heimatstadt, Würzburg, weil ihm noch Papiere für die Trauung fehlen. Ihm steht ein kurzer Trip zu seinem alten Freund Kai bevor, gespielt von Moritz Bleibtreu. Dieser hat jetzt eine kleine Familie, wohnt in einem Haus und ist Asialieferant. Eigentlich kifft Stefan nicht mehr – er ist nämlich erwachsen. Doch als beide sich auf der berühmten Couch ihres ehemaligen Pizzalieferservice wieder finden, rollt Kai schon den ersten Joint. Die Gelegenheit bietet sich nur so an: Stefan ist nur für eine Nacht da. Er muss zwar um 8 Uhr für einen Termin beim Standesamt aufstehen, aber bis dahin ist ja noch Zeit. Also dreht Kai schon den Nächsten.

In Nostalgie schwelgen

Der Film folgt sofort seinen Spuren aus dem ersten Teil: Witzige Dialoge, Kai erzählt von einer seiner Theorien, dass Menschen halb von Außerirdischen, halb von Affen abstammen, sie zocken Fifa, während draußen ihre Freunde Frank (Wotan Wilke Möhring) und Schöngeist (Antoine Monot Jr.) im VW-Bus aka Hotbox chillen. Ja, auch die Personen tauchen wieder auf, wie die schöne Jenny (Alexandra Neldel), die früher Kunst studiert hat. Ihre Ausstrahlung macht Stefan immer noch schwach. Was sich aber verändert hat, ist das Gras. Jetzt kriegst du auf den Straßen nur noch genmanipulierte Haze-Scheiße. Auch der Bestellservice liefert seit neuem asiatisch, es ist eben das alte Italienisch. Einfach und ohne Aufwand hat Kai für die Namensänderung auf dem Ladenschild aus dem A ein O gemacht, das Ergebnis war dann der neue Name – Lommbock. Leider läuft das Geschäft nicht wirklich wünschenswert. Doch was Kai noch mehr Sorgen bereitet ist sein Sohn. Er möchte sein Abitur abbrechen, schreibt keine Bewerbungen für ein Praktikum und seine Frau bezweifelt Kais Rolle als verantwortlicher Vater.

„Also, eigentlich wäre ich der erste, der sagen würde ‚Yolo, ey! Lass Haare wehen, sei ein Player! Alles Swag?“

Immer cool und locker in der Hose soll man nach Kai mit seinem Sohn umgehen. Der Spielfilm gibt einen schönen Einblick, wie die zwei Kifferfreunde reifer geworden sind. Der eine bekommt das Luxusleben geschenkt, der andere schwelgt noch im jugendlichen Leben. Doch ist das nur eine Fortsetzung eines typischen Stonerfilms? Klar, geht’s um das Kiffen, Hängen, Gangs, ernste Gespräche über die Gesellschaft, Gras verstecken und es unbedingt verheimlichen. Doch gerade Moritz Bleibtreus Rolle ist zu unterhaltend, witzig und sympathisch, um den Film darauf zu reduzieren. Schließlich hat er auch nicht dutzend viele Filme solcher Art und heißt nicht Matthias Schweighöfer. Zübert bastelt hier ein parodiertes Bild über die vermeintliche moderne Zeit: Youporn hat maßgeblich dazu beigetragen, dass unser Sexualverhalten sich verändert hat. Diese wohl weißen Worte von Kai bleiben nicht dabei. Sein lustiger Charakter macht es teils berechenbar, was er noch alles anstellen wird. Immer wieder denkt sich der Zuschauer: Nein, das macht er nicht wirklich, oder?

Von Poesie im Film kann man nicht reden

Die Kunst im Film rührt von den kreativ-witzigen Ideen, unsere 2000er Generation übertrieben abzubilden. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, da der Wahrheit näher zu kommen, was der polnische Fluch sein soll, warum Kai eine Krebsdiagnose vorgaukelt, oder weshalb man unter dem Völkerschlach-Syndrom leiden kann. Schließlich kommt es im Film nicht darauf an, wo Kai und Stefan im Leben stehen, oder was aus ihnen geworden ist. Vielmehr geht es darum, worauf es ankommt, wenn du leben willst – nämlich glücklich sein und Selbstzufriedenheit.

Filmtechnisch zeigen auf den ersten Blick die 91 Minuten keine herausragende Leistung. Keine auffälligen Aufnahmen, kontinuierlicher Erzählstrang, keine Doppeldeutigkeit in der Kameraarbeit, oder man hat das wegen seines unterhaltenden Charakters einfach übersehen. Er überzeugt dennoch durch seine Themenwahl, alles wirkt so frei Schnauze, sei es der Humor, oder die Handlung. Zumindest verließen alle Zuschauer mit einem wohligen Gefühl und einer Portion guter Laune den Kinosaal.

Lommbock erscheint ab dem 23. März in den deutschen Kinos.

FOTO: Wild Bunch Germany

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