Vampire – Zombies – Pornos

Vampire – Zombies – Pornos

Als Geisteswissenschaftler:in hat man es ja bisweilen mit, sagen wir mal, kuriosen Forschungsinhalten zu tun. Mit Vampiren und Zombies zum Beispiel. Oder mit Pornographie. Und manchmal eben auch mit Zombie- und Vampirpornographie. Den kleinen Exkurs in die vergleichende Kultur- und Religionswissenschaft konnten wir von PHILIPP uns natürlich nicht entgehen lassen.

Vampire und Romantik. Spätestens seit Twilight wissen wir, dass es einen Markt dafür gibt. Aber Vampire und Pornographie? Kann das funktionieren? Dieser Frage hat sich Nina Schumacher angenommen. Im Rahmen des Seminars „Mit (un) tödlichem Biss. Zombies und Vampire im Spiegel der Kulturgeschichte“ referierte sie zum Thema „Undead Porn? Vampire und Zombies als pornographische Motive“.

Feminismus und Pornographie? Na klar!

Die Frauenbeauftragte der Gesellschaftswissenschaften und Philosophie promoviert seit sechs Jahren zum Thema Pornographie. Auf die Frage, ob sie dafür belächelt oder angefeindet wird, antwortet sie, dass die Reaktionen zumeist Neugierde und Interesse am Thema sind. Erst, wenn sie dazu sagt, dass sie Feministin ist, erfährt sie oft Skepsis. Auch sie selbst empfindet es vor Vorträgen häufig als ihre Pflicht, sich und ihre Motive ausführlich zu erklären.

Dabei schließen sich Feminismus und Pornographie nicht einmal unbedingt aus. Die Feministin und Filmwissenschaftlerin Linda Williams zum Beispiel ist Pionierin im Bereich der wissenschaftlichen Diskussion um das Thema Pornographie. Sie hat DAS wissenschaftliche Porno-Standardwerk „Hard Core: Power, Pleasure, and the „Frenzy of the Visible“ geschrieben (Das Buch gibt es hier). Auch sie war nach Schumachers Angaben zunächst eher skeptisch, hat sich aber während ihrer Arbeit mit der Materie arrangiert.

Vampirsex ist gewalttätig  und beliebt.

Als sie von den Seminarleiter:innen Maximilian Mehner M.A. und Dr. des. Marguerite Rumpf für den Vortrag angefragt wird, sagt sie ohne zu zögern zu. „Ich hatte noch nie so viel Spaß bei einer Vortragsvorbereitung wie bei diesem“, gibt sie zu. Rein zufällig hat sie auch gerade den Film „Vampire cheerleaders“ auf dem Schreibtisch liegen, als sie die Anfrage bekommt. In diesem – nach Schumachers Angaben hoch professionell produzierten – Porno geht es darum, dass die Vampir-Cheerleader:innen schon seit 700 Jahren nicht mehr Landesmeister werden konnten. Aber dann kommt diese krasse neue Cheerleaderin, die dann sofort ins Team kommt und zum Vampir gemacht wird.

Vampirpornos gibt es offensichtlich etliche. Das hängt vielleicht mit dem Geheimnisvollen zusammen, das von dem Mythos Vampir ausgeht. Häufig werden BDSM-Motive in Vampirpornos zitiert, denn oft spielt Gewalt eine wichtige Rolle in den Filmen. Film- und Bildbeispiele während des Vortrags zeigen Genickbrüche (die vom Opfer genossen werden) und natürlich Bisse und viel Blut. Tabubrüche, wie der Sex zwischen Geschwistern, können durch Vampire quasi „ohne schlechtes Gewissen“ dargestellt werden. Als Paradebeispiel für vampirischen, übermenschlichen Sex und die damit einhergehende Gewalt führt Schumacher während des Vortrags immer wieder HBO’s „True Blood“ an. Hier wird zwar nicht immer der Akt selbst gezeigt, dafür wird gebissen, was das Zeug hält. Und der Biss des Vampirs steht, wie wir ja alle wissen, für die Penetration des Opfers, das Blut ersetzt andere Körperflüssigkeiten.

Wenig Lust auf verwesende Penisse

Mir persönlich leuchtet nicht ganz ein, wie das mit den Vampiren und dem Sex eigentlich funktionieren soll. Vampire als blutleere Wiedergänger können ja eigentlich gar keine Erektion haben. Scheinbar gibt es aber genug Pornofans, die über solche anatomischen Lappalien getrost hinwegsehen können, wenn der Rest der Phantasie dafür stimmt. Was aber anscheinend nicht so richtig gut ankommt, sind Pornos mit Zombies. Natürlich gilt im Internet immer noch die berühmte „Rule 34“ („If it exists, there is porn of it. No exceptions.“) aber verwesende Körperteile finden bei Weitem nicht so viel Anklang bei den Konsument:innen, wie blutsaugende Gewalttäter:innen.

Positives Gegenbeispiel ist der Film „Otto; or up with dead people“ von Bruce LaBruce, in dem der Untote Otto ohne seine Erinnerungen aufwacht. Der Film enthält explizite Sexszenen und wird gerade von der Queer-Szene mit Begeisterung aufgenommen. Denn Otto ist homosexuell und trifft im Verlauf des Films auch auf seinen Ex-Freund. „Otto; or up with dead people“ charakterisiert das Zwielichtsdasein, dem sich noch immer viele Homosexuelle ausgesetzt fühlen. Es geht hier um die Diskrepanz zwischen Toleranz und Akzeptanz gegenüber der Homosexualität oder auch um die Reduzierung auf den sexuellen Aspekt im Gegensatz zur Anerkennung einer Persönlichkeit.

Pornos in der Uni – Das muss nicht peinlich sein.

Als ich gehört habe, es gibt da eine Veranstaltung, in der jemand 90 Minuten lang einen Vortrag über Vampir- und Zombiepornos hält, war ich zunächst amüsiert und skeptisch zugleich. Ich wollte mir das unbedingt ansehen, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass es an der Universität einen Kurs gibt, der eine solche Thematik ernsthaft untersucht. Mindestens habe ich erwartet, ganz viele pubertäre Ersties vorzufinden, die kichernd, schamrot oder mit ihrem Lümmel in der Hand in der letzten Reihe sitzen.

Nach dem Vortrag bin ich überrascht, mit welcher Sachlichkeit sowohl soziologische als auch ästhetische Aspekte an Filmen untersucht werden können, die unsere niedersten Triebe bedienen sollen. Twilight werde ich jetzt beim nächsten Mal auf jeden Fall mit ganz anderen Augen sehen. Und für alle, die mehr Lust auf Pornos in der Uni haben: Im nächsten Wintersemester möchte Nina Schumacher M.A. (dann hoffentlich Dr. Nina Schumacher) eine Veranstaltung anbieten, die sich vollständig mit Pornographie beschäftigt.

ZUR PERSON Nina Schumacher M.A. wurde 1984 in Oldenburg geboren. Sie studierte von 2004 bis 2009 Europäische Ethnologie und Kulturwissenschaften, Soziologie und Medienwissenschaft in Marburg. von 2005 bis 2007 absolvierte sie zudem das Studienprogramm „Gender Studies und feministische Zukunftsforschung. Seit 2009 schloss sie ihr Studium als Magistra Artium mit der Abschlussarbeit „Schönheitsoperationen. Eine Kritik am Körperdiskurs der Sozialwissenschaften“ ab. Seit Winter 2009 ist Schumacher Mitarbeiterin im Büro der Frauenbeauftragten der Philipps-Universität Marburg. Zu ihren wissenschaftlichen Themenschwerpunkten zählen mitunter die Queer und Gender Studies, Feminismen und die Porn Studies.“

FOTO: outcast104 auf flickr.com, CC-Lizenz

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