Sneak

Sneak Review #177: The Peanut Butter Falcon

By Sebastian Ridder

December 15, 2019

Diese Woche brennen Shia LaBeouf, Dakota Johnson und Zack Gottsagen in Tyler Nilsons und Michael Schwartz‘ Tragikomödie „Peanut Butter Falcon“ zusammen durch. Warum Regel Nr. 1: „Party!“ heißt, lest ihr hier.

Zak (Zack Gottsagen) ist 22 und sitzt in einem Altenheim in North Carolina fest. Er hat das Down-Syndrom und wurde erst von seiner Familie zum Staat abgeschoben und von dem aufgrund mangelnder Infrastruktur in ein Altenheim gepackt. Als ihm eines morgens sein Zimmergenosse aus Mitleid beim Ausbruch hilft, wird Eleanor (Dakota Johnson) dafür verantwortlich, dass Zak wieder zurückkommt. Zak hat einen Traum. Er möchte seinem Vorbild, dem Salt Water Redneck (Thomas Haden Church) nacheifern und Schüler auf seiner Wrestlingschule werden. Auf seiner Flucht begegnet Zak Tyler (Shia LaBeouf), der sich ebenfalls auf der Flucht vor seinem alten Leben befindet. Tyler verspricht nach einem eher holprigen Start Zak zu der Wrestlingschule zu bringen und auf dem Weg dorthin bemerken die beiden, wie viel sie an dem jeweils anderen schätzen.

Von Verlierern…

Viele der Figuren haben gemeinsam, dass sie etwas oder jemandem nicht gerecht werden. Zak wird seinen Vorstellungen nicht gerecht, da er in einem Altenheim versauert, Tyler kann nicht mehr fischen, da die Lizenz seines Bruder an einen Konkurrenten übergegangen ist und Eleanor hält bei ihrem Job Sterbenden die Hand, kann Zak aber absolut nicht gerecht werden, da ihr die Ressourcen und Mittel fehlen. Für jede der drei Figuren funktionieren die Auffangnetze des Staates nicht. Zak wird mundtot gemacht und hat keine Wahl, außer in einem Altersheim zu sitzen. Tyler wird seine Existenzgrundlage genommen, da die Lizenzen zum Fischen vom Staat begrenzt sind. Eleanor arbeitet nach der Uni im Altersheim, wobei sie merkt, dass man den theoretischen Ansprüchen, die sie aus der Uni kennt, nicht gerecht wird.

Der Fokus des Films liegt allerdings auf Zak. Eleanors beruflicher Frust ist zwar unweigerlich mit Zaks Misslage verbunden, Tylers Probleme jedoch treten in dem Film eher in den Hintergrund. Sein Problem und das der Fischer wird anfangs angerissen und später lediglich aufgewärmt um dramatische Situationen zu erzeugen. Wie mit Zak als Behinderter umgegangen wird, wird von Tyler in Frage gestellt. Tyler geht es darum mehr Freiraum und Autonomie zu zulassen und Zak lediglich zu helfen, wenn er um Hilfe bittet. Eleanor bevormundet Zak dagegen. Oft sagt sie ihm, was er tun soll und drängt ihm Sachen auf, die er selber auch ohne Hilfe kann.

…und irgendwie allem

Der Film schneidet viele Themen an und gibt einem das Gefühl von Freiheit und Natürlichkeit bei den Themen von Arbeit, eigenen Entscheidungen und eigenen Idealen. Allerdings verliert er sich in einer romantischen Erzählung. Eleanor ist sich ihres Frusts bewusst und zeigt durch ihre Figur zumindest Kritik an dem theoretischen Konzept von sozialer Arbeit im Vergleich zur Praxis. Was Zak selber angeht, driftet der Film allerdings in einer Romantisierung ab, die eine Person mit Down-Syndrom fast schon als Person ohne Probleme darstellt. Es wird lediglich gezeigt, dass es Zak ohne Bemutterung besser geht, allerdings nicht, das fehlende Aufmerksamkeit oder Betreuung auch Nachteile haben könnte. Tyler stellt als Figur in dem Film trotz interessanter Vorgeschichte irgendwann nur noch den Gegenpol zur staatlichen Bevormundung da.

Technisch ist der Film einwandfrei. Die Kameraarbeit und Bilder sorgen für eine abenteuerliche Stimmung, die durch die Umgebung von North Carolina gekonnt inszeniert wird. Auch die Besetzung sorgt dafür, dass sehr kurzfristiges Umdenken der Charaktere verschmerzt wird und nicht alles wie mit Zuckerguss übergossen wirkt, so beispielsweise Eleanors spontane Entscheidung sich den beiden anzuschließen. Auch Shia LaBeouf spielt mit großer Freude und Enthusiasmus, wenn es um die Beziehung zu Zak geht. Zack Gottsagens Schauspiel überzeugt ebenfalls, auch wenn eine große Debatte darum geführt werden könnte, ob und wie das Schauspiel durch seine tatsächliche Behinderung beeinflusst ist, aber dafür würde ein Artikel hier wahrscheinlich nicht ausreichen.

Also?

Letztendlich ist The Peanut Butter Falcon ein sehr angenehmer und herzlicher Film. Genau das ist aber gleichzeitig seine größte Schwäche. So angenehm, wie das romantische Abenteuer anzusehen ist, so schmerzlich ist es auch, dass der Film selten den Mut hat Stellung zu beziehen, geschweige denn seine Story sinnvoll abzuschließen. Zum Schluss werden keine Antworten gegeben auf die Probleme der Hauptdarsteller:innen. Es wirkt, als würde noch eine 30 minütige Serienepisode fehlen, die den Traum von einem Abenteuer in die Realität zurückholt.

The Peanut Butter Falcon läuft ab dem 19. Dezember in den deutschen Kinos.

Foto: Roadside Attractions