Bild: Laura Schiller
Eddington ist der Titel des neuesten Films von Ari Aster. Er erschuf hier einen modernen Western und versucht auf diversen Ebenen eine Kritik der Gesellschaft einzuweben. Doch am Ende bleibt der Film zu oberflächlich und schafft es nicht, auch nur eines der Themen tiefergreifend zu behandeln.
Von Black Lives Matter und Coronaviren
Sheriff Joe Cross (Joaquin Phoenix) arbeitet im Sommer 2020 in Eddington, einer kleinen Stadt in den USA. Auch die ist von der Corona-Pandemie nicht verschont geblieben. Doch den selbstgefälligen Cross hindert das keinesfalls daran, sich entgegen der Regeln zu weigern, eine Maske in der Öffentlichkeit zu tragen. In der Stadt, in der jeder jeden kennt, gerät er daher schnell in eine Auseinandersetzung mit dem amtierenden Bürgermeister Ted Garcia (Pedro Pascal), der auf seine baldige Wiederwahl hofft. Aus Trotz und Sturheit entschließt sich Sheriff Cross, nun ebenfalls zu kandidieren und greift hierbei im Wahlkampf auf konservativ-rechte Versprechungen zurück. Zeitgleich ergreift die Black Lives Matter-Bewegung die Bewohner*innen der Kleinstadt und richtet sich gegen die Willkür der Polizei und des Sheriffs. Ein Konflikt droht in Eddington auszubrechen.
So viele Facetten, jede einzelne sinnbefreit
Doch der Film greift auch noch weitere Themen auf. Nebenbei werden noch Liebesgeschichten von Jugendlichen, Eifersuchtsdramen, vergangene Affären, Querdenkerei, Vergewaltigungsvorwürfe, politische Morde, Terrorismus und Social Media thematisiert. Das klingt nach einer ganzen Menge – und das ist es auch. Doch der Film verliert sich in seinen vielen Verflechtungen. Während anfangs noch Korruption der Politiker und populistische Ansichten der Menschen Motor des Films sind, macht er im Laufe seiner zweieinhalb Stunden alle paar Minuten ein neues Fass auf und schafft es nicht, auch nur eines davon adäquat abzuschließen. Am Ende bleiben ein Dutzend lose Fäden. Besonders schade ist das, weil jedes einzelne Element für sich durchaus etwas hergeben könnte.
Die Pläne des Bürgermeisters für den Serverstandort erinnern beispielsweise an die Kontroverse zu der Tesla Gigafactory in Brandenburg und könnten sicherlich ein geeignetes Leitmotiv darstellen. Ebenso die Ehekrise des Sheriffs, seine absurden Wahnvorstellungen oder die sich radikalisierenden Black Lives Matter-Proteste in der Kleinstadt. Doch wirft man alles in einen Topf, entsteht ein Chaos, das keiner Thematik gerecht wird.
Schießerei und Explosionen … warum genau?
So schwankt der Sheriff zwischen verblendetem Antiheld und wahnhaft mordendem Bösewicht, während die Antifa, die urplötzlich auftaucht und keinerlei Sinn in der Handlung des Films trägt, zu einer terroristischen RAF verkommt. Am Ende laufen alle in der Kleinstadt Amok, schießen wild um sich und schlachten einander ohne Sinn und Verstand ab. Wirklich durchdachte Handlungsmotive sucht man hier vergebens. Die Gewalt wirkt eher als letzter verzweifelter Versuch, diesem Film durch Action-Szenen irgendeine Daseinsberechtigung zu schenken. Das Werk bleibt am Ende aber oberflächlich und anspruchslos.
Auf der Suche nach einer Botschaft
Während des Abspanns fragt man sich, was einem der Film überhaupt sagen wollte. Wer war das Feindbild? Korrupte Politiker? Korrupte Polizisten? Big Tech-Konzerne? Querdenker*innen? Die Antifa? Und welche Rolle spielte das Corona-Virus noch mal? Oder die Ehekrise des Sheriffs? Nichts davon fügt sich in irgendeiner Form zu einer schlüssigen Handlung zusammen. Stattdessen ist der Film ein Konglomerat aus politischen und sozialen Problemen, die die Gesellschaft beschäftigen, jedoch völlig ohne Zusammenhang bleiben und nach Belieben aufgegriffen und wieder fallengelassen werden. Befreit man sich von sämtlichen Ansprüchen, kann man diesem Film vielleicht ein wenig Spannung und Unterhaltung abgewinnen – aber einen Sinn sucht man hier vergebens. Das spiegelt sich auch in der Bewertung des Publikums wider: Insgesamt 67 Prozent bewerten den Film negativ.