Kultur

Weihnachten im Fernseher

By Valentin Schulz

December 17, 2017

Es ist dieses Jahr, wie jedes und auch die kommenden Jahre, wieder die Zeit der Weihnacht gekommen. In dieser Zeit werden die alten traditionellen Werte wieder hochgehalten und ein jeder wird dazu ermahnt, wie es im christlichen Glauben auch verlangt wird, seinen Zorn zu vergessen und den Leuten entgegen zu kommen, seine Liebe mit anderen zu teilen oder ähnliches. Auf diese Werte werde ich momentan durch eine Erinnerungshilfe hingewiesen. Diese Erinnerung ist die alljährliche Weihnachtswerbung.

Tatsächlich wird in der aktuellen Werbung (auf jeden Fall in der Werbung, welche ich mir angesehen hatte) sehr viel Wert auf die Aussage hinter der Werbung gelegt und nicht auf die Produkte des beworbenen Unternehmens. Ich möchte mich in diesem kleinen Artikel mit einigen Weihnachtswerbespots beschäftigen, um ihren Gehalt aufzuschlüsseln.

Warum ist dies nun eine Edeka-Werbung?  Edeka hat es sich nun seit längerer Zeit zur Aufgabe in ihrer Weihnachtswerbung gemacht nicht mehr mit ihren tatsächlichen Produkten zu werben, sondern mit einer Nachricht: letztes Jahr: „#zeitschenken„, vor zwei Jahren: „#heimkommen„. Also wird nun Edeka, solange das Format noch beliebt ist, jedes Jahr mit einer Aussage werben. Ob man das jetzt als Kunst oder Kitsch bezeichnet ist einem selbst überlassen, jedoch gibt es ja nicht nur Edeka mit einer Weihnachtswerbung, sondern noch ein paar mehr Supermärkte.

Die Aussage der Werbespots von Penny/Galeria Kaufhof

Es gibt zum Beispiel die Weihnachtswerbung von Galeria Kaufhof und von Penny, welche beide in die gleiche Kerbe mit der Aussage schlagen: Wenn sich Leute streiten, dann sollte man über seinen Schatten springen und sich versöhnen. Diese beiden Werbespots behandeln also das gleiche Problem: Streit an Weihnachten und jemand rappelt sich dazu auf, um das Problem zu lösen, wodurch alles gut wird. Auffällig ist auch hier, dass mit keinerlei Produkten geworben wird. Diese Werbespots möchten also die Zuschauer auf den Gedanken der Liebe aufmerksam machen. Hier werde ich jedoch stutzig; warum macht mich eine Supermarktkette auf Dinge wie Liebe aufmerksam. Ich finde die Situation paradox, wenn ein Supermarkt es als notwendig erachtet mich auf die Werte von Weihnachten hinzuweisen.

Warum finde ich das seltsam? Ich halte es für seltsam , weil mir ein Supermarkt eigentlich Dinge verkaufen sollte und wenn dieser Supermarkt ein so riesiges Budget in eine Werbung investiert, welche mich daran erinnern soll Weihnachten zu feiern. So nimmt mir ein Weihnachtsspot tatsächlich die Freude auf Weihnachten, indem er sich in etwas persönliches einmischt: In ein Fest, welches ich mit meiner Familie feiern möchte.Wenn ein Produktvertrieb mir sagt wie man ein schönes Weihnachtsfest zu feiern hat, finde ich das irgendwie wenig überzeugend. Diese Werbespots sollen einer Person zeigen, wie sie sich an Weihnachten zu verhalten hat. Natürlich sind mit der Werbung auch schlimmere Fälle in einer Familie nicht abgedeckt, was natürlich auch nicht der Anspruch ist und er natürlich auch nicht sein sollte (was sollte überhaupt der Anspruch sein, außerhalb des Bewerbens eigener Produkte?!) und das ist ja auch klar, weil man dem Konsumenten nicht zu stark in die Familie hineinreden möchte, aber meine Frage spitzt sich jetzt endlich zu:

Was wollen diese Supermärkte denn erreichen?

Die Spots kosten ja auch Geld und ein Supermarkt, welcher einfach einen kleinen Film dreht, um die Leute auf das Wunder von Weihnachten hinzuweisen, hebt eine Augenbraue auf meinem Gesicht. Es geht natürlich darum die Kunden in Weihnachtsstimmung zu bringen und so mehr kaufen lassen. In einem harmonischen Haushalt lässt sich Weihnachten natürlich besser „verkaufen“. Ich möchte den Gedanken mehr zu verkaufen auch nicht als schlecht bezeichnen, aber ich möchte diese Scheinheiligkeit anprangern mit welcher sich die Supermärkte ihre Werbung, um die Ohren hauen. Es könnte natürlich auch an einem reinem Interesse an den weihnachtlichen Traditionen von den Supermärkten liegen, aber dann ist es seltsam, dass alle Supermärkte jetzt eine Weihnachtswerbung machen die keine wirklich persönliche Nachricht haben, sondern altbekanntes wiederholen: wie oben gezeigt hat Galaria die gleiche Werbung wie Penny. Ich bezweifle, deswegen ein tatsächliches Interesse der Supermärkte an einer guten Weihnachtsstimmung.

Aber hier werden einzelne sagen: Hey, aber was ist denn mit der Lidl/Conrad-Weihnachtswerbung? Das sind doch Parodien auf andere Weihnachtswerbungen. Die passen doch gar nicht in dieses Schema rein: diese Spots wollen uns sicher auf die Scheinheiligkeit der anderen Spots hinweisen. Die Conrad-Werbung versteift sich jedoch nicht auf einen einzelnen Weihnachtspot, sondern parodiert das gesamte Weihnachtswerbungmachen (wobei sie selbst eine Weihnachtswerbung macht = Ironie). Dabei werden auch Produkte vorgestellt und bei der Vorstellung des 3D-Druckers in welchem der zwei Jahre alte Werbespot von Edeka parodiert wird, wird die paradoxe Situation klar, welche diese Weihnachtsspots kreieren: Wenn die Konzerne auch ihre Produkte vorstellen wollen, während sie eine Aussage rüberbringen möchten, können sie nicht mehr ernst genommen werden, aber eine Werbung um Weihnachten herum ist zu lukrativ, um sie auszulassen: Es wird auf Produkte nicht eingegangen, weil Produkte den Zuschauer, aber auch die Weihnachtsstimmung, aus der Werbung zögen.

Was fängt man mit der Werbung nun an?

Der Spot von Conrad ist der einzige, welcher tatsächlich auch eigene Produkte vorstellt und wird somit lächerlich. Während der Lidlspot(t) bitter durch seinen Sarkasmus wirkt, strahlt der Conradspot geradezu durch Charme und dem Bewusst-Sein der widersprüchlichen Situation, indem er sich selbst durch den Kakao zieht. Conrad macht einen Witz über den Hype der Weihnachtswerbungen, während es selbst eine Weihnachtswerbung ist, ohne eine eigene Message  zu transportieren und gerade dies lässt den Werbespot tatsächlich ehrlich und witzig zugleich erscheinen.

In unserer modernen Zeit mag es sein, dass die menschlichen Werte tatsächlich auf manchen Strecken liegen bleiben und wir Probleme gerade an Weihnachten endlich lösen könnten. Aber man braucht keine Werbung eines Konzerns, um zu dieser Einsicht zu kommen, sondern Ruhe und Mut zum Denken. Das nächste Mal, wenn man sich überlegt einen Weihnachtswerbespot im Internet anzusehen oder wenn wieder einer in der Fernsehwerbung kommt, dann kann man ja einfach statt ihn sich anzuschauen, darüber nachdenken, was einen belastet oder was einem noch zu einem glücklichen Weihnachtsfest fehlt: Die Antwort wird sich bei einem selbst finden lassen!

Man braucht keine scheinheilige Werbung für die Antwort, man braucht nur sein eigenes „Herz“.

Foto: Pixabay