Hochschulpolitik

Abenteuer FSK: Dem Wahnsinn so nah

By Philipp Müller

December 04, 2025

Die Haushaltssitzungen der FSK sind berüchtigt. Denn während eine normale FSK normalerweise spätestens um zwölf Uhr vorbei ist, kann eine Haushaltssitzung auch gerne mal bis vier Uhr morgens gehen. Aufgrund dessen findet die FSK diesmal auch rein online per BigBlueButton statt. Glücklicherweise hat der FSK-Vorstand zum einen alle nicht zwingend notwendigen Tagesordnungspunkte (TOPs) von der Tagesordnung (TO) gestrichen und zum anderen so radikal bei den Haushalten gekürzt, dass es effektiv einen finanziellen Überschuss gibt. In meiner jugendlichen Naivität hoffte ich deswegen darauf, dass wir schon gegen 2 Uhr fertig sein könnten. Ich sollte mich irren.

Katastrophaler Fehlstart

Pünktlich um 20 Uhr c.t. sitze ich also – unter anderen zusammen mit vier Vertreterinnen der Fachschaft (FS) Gender Studies (die alle nicht bis zum Ende durchhalten sollten) und der ehemaligen PHILIPP-Redakteurin Sina – im Raum der FS Geschichte und warte motiviert auf den Beginn der FSK. Aufgrund von technischen Problemen des Vorstands kann die FSK jedoch erst um 20:28 Uhr beginnen. Bereits beim ersten Tagesordnungspunkt, der Feststellung der Beschlussfähigkeit, beginnen die Probleme. Denn aus irgendwelchen Gründen ist sich niemand – nicht einmal die FS selbst – sicher, ob die Fachschaft „Abenteuer- und Erlebnispädagogik“ nun stimmberechtigt ist oder nicht. Nach einigen Minuten Diskussion und Verwirrung finden wir schließlich heraus, dass sie es nicht sind. Wir sind also mit 23 stimmberechtigten anwesenden Fachschaften beschlussfähig.

Es folgt die Abstimmung über die Tagesordnung. Oder eher die Diskussion über diese. Denn es wird verlangt, dass der Haushalt vor die restlichen TOPs gesetzt wird, sodass die an Berichten Uninteressierten möglichst bald gehen können. Da allerdings die wichtige Wahl des Wahlprüfungsausschusses ansteht, werden lediglich alle Berichte ganz ans Ende der Sitzung verlegt (bis auf die der Gäste, damit diese möglichst bald gehen können.) Nach der schnellen Verabschiedung des Protokolls der vergangenen Sitzung sind für die ersten drei TOPs somit bereits 25 nervenaufreibende Minuten vergangen. In der Zwischenzeit hat Viktoria ein Haushaltssitzungs-Bingo erstellt und den Link zur entsprechenden Vorlage in den Chat geschickt.

Die Routinepunkte der Sitzung

Es folgt der TOP „Gäste“. Der erste der beiden Gäste ist AStA-Referent Maximilian. Er berichtet von den aktuellen Erfolgen der Hilfskraftinitiative und den weiteren Problemen. Dankenswerterweise fasst er sich in seinen Ausführungen jedoch recht kurz. Daraufhin soll eigentlich noch die studentische Vizepräsidentin Lara berichten, aber irgendwie ist sie auf einmal nicht mehr da.

Es geht also an die Auslosung für den Widerspruchsausschuss. Dieser wird erst einmal von Viktoria erklärt, wobei man aufgrund der Mikrofonqualität nichts versteht. Letztendlich müssen sich vier Leute aufstellen, von denen dann zwei Personen in den Ausschuss gelost werden. Nach nicht allzu langer Zeit finden sich schließlich vier Personen, von denen mit der hochseriösen Methode des „Google Random Number Generator“ Selina aus der FS Fremdsprachen und Jonas aus der FS Wirtschaftswissenschaften (WiWi) gelost werden.

Als letzter Punkt vor dem Haushalt folgt ein Antrag des Internationalen Jugendvereins (IJV) zur Unterstützung des Bündnisses „Semesterbeitrag senken! Verwaltungskostenbeitrag abschaffen!“. Da niemand vom IJV da ist, wird der Antrag kurz von Eve eingebracht und daraufhin angenommen.

Die Hölle öffnet ihre Tore

Gegen 21:30 Uhr beginnt die Nervenschlacht um den Haushalt. Im Rahmen der ersten Lesung wird zuerst der gesamte Haushalt durchgegangen und der FSK-Vorstand erklärt kurz seine Kürzungen. Unter anderem wurde der FS Chemie der Weihnachtsbaum aus dem Budget gekürzt, was wohl jedes Jahr passiert. Selbiges widerfuhr auch der FS Geographie, welche jedes Jahr 3000 Euro für Lastenräder beantragt und diese nie bewilligt bekommt. Im Haushalt der FS Pharmazie wurden an einer Stelle ohne Begründung 50 Cent gekürzt. Doch das sollte nicht deren einziges Problem bleiben. Die FS Soziologie hat es unterdessen nicht geschafft, den Namen ihrer Fachschaft richtig anzugeben, sodass sie nun laut Haushalt „Gesellschaftswissenschaften und Philosophie“ heißt, was der Name ihres Fachbereichs ist. Belustigt geht es also kurz vor 22 Uhr in die erste Pause des Abends. In dieser wird Bruno, der Kater von Helen aus der FS Kunstgeschichte, spontan zum Star der gesamten FSK.

Unsinnige Anträge und fragliche Fachschaften

Es folgt nun der Hauptteil der Haushaltssitzung: die zweite Lesung. Es wird über jeden einzelnen Fachschafts-Haushalt einzeln diskutiert und abgestimmt. Ich darf anfangen und schaffe es ohne größere Probleme, 200 Euro der Kürzungen zurückzubekommen. Die FS Philosophie kann anschließend unter anderem 100 Euro für eine Lampe rausholen. Kurz darauf ist sich niemand sicher, ob die FS Katholische Theologie überhaupt existiert. Nachdem aber ein Tumblr-Account der Katholischen Theologie gefunden wurde, wird diese für existent erklärt und ihr Haushalt samt Kürzungen angenommen.

Die hierauf folgende FS WiWi will nicht nur 600 Euro für einen Dieselgenerator; sie hätte zudem gerne „umweltfreundliche“ Elektro-Heizstrahler, da ihnen ihre bisherigen Gas-Heizstrahler von den Hausmeistern aufgrund des zu hohen Gasverbrauchs verboten worden sind. Sie bekommen beides nicht. All das wird parallel dazu rege im Chat kommentiert. Dem Vorstand wird das aber alles zu bunt und sie drohen, jedem, der im Chat spammt, einen Ordnungsruf zu erteilen. Der Spam nimmt daraufhin vorübergehend ab, längerfristig entfaltet die Drohung aber keine Wirkung. Währenddessen verschluckt sich Helen am Baumkuchen.

Langsam, aber sicher (es ist 23 Uhr) merkt man schon an diesem Punkt, dass sich das hohe Anfangstempo leider nicht halten lässt. Das wird vor allem am Beispiel der FS Psychologie deutlich, welche ihren Haushalt nicht durch die Abstimmung bekommt, da sie die Pauschale für Fachschaftswochenenden überschritten hat. Nach über 20 Minuten Diskussion wird schließlich beschlossen, einen neuen Posten in den Haushalt einzufügen, sodass die FS ihr Geld über diesen Weg bekommt. Man hätte ihr zwar auch einfach über den ursprünglichen Posten mehr Geld geben können, aber das wäre zu einfach gewesen.

An diesem Punkt verabschiedet sich leider der Großteil der FS Gender Studies aus dem Fachschaftsraum und nur noch Sina und ich halten die Stellung. Um Mitternacht folgt eine weitere Pause mit großem Katzenanteil.

Lange Diskussion um Haushalt der Pharmazie

Nach der Pause wird kurz der winzige Haushalt der FS Neurowissenschaft abgenickt. Es folgt eine schrecklich langwierige Diskussion über den (für die Länge der Diskussion viel zu kleinen) Haushalt der FS Politikwissenschaft. Am Ende dieser Diskussion hat die erste Person durch das „Es ist 1 Uhr“-Feld das erste Bingo.

Es folgt der auf allen Ebenen schreckliche Haushalt der FS Pharmazie. Diese hat in komplett unsinnigen Posten fast 8000 Euro beantragt, von denen der FSK-Vorstand alles bis auf 500 Euro herausgestrichen hat. Laut FS Pharmazie liegt dies daran, dass niemand von ihnen Ahnung hatte, was zu tun gewesen sei. Deswegen macht der FSK-Vorstand den Haushalt jetzt komplett neu. Nach 15 Minuten gemeinsamem Haushalts-Bastelworkshop grätscht Finanzvorständin Viktoria aus dem Nichts dazwischen und wirft der FS Pharmazie in einer Hollywood-reifen Vorstellung Veruntreuung von AStA-Mitteln vor. Zwischen hitziger Diskussion und betretenem Schweigen schlägt Viktoria vor, den Haushalt der FS Pharmazie auf null Euro zu streichen. Diese Idee wird sogar fast angenommen, doch am Ende wird der FS Pharmazie ein wenig Zeit für eine Neuaufstellung des Haushalts gegeben und die Abstimmung darüber ans Ende vertagt.

Ortswechsel um 2 Uhr

Nachdem eine gesamte Stunde für den Haushalt der Pharmazie genutzt wurde, beschließt letztlich auch Sina nach Hause zu gehen. Auch ich bin zu diesem Zeitpunkt schon sehr geschafft und komme mit jeder Minute der Verzweiflung näher, mache mich aber trotzdem auf den Weg ins Büro der Partei Die Linke. Denn in dieses hat Dominik von der Fachschaft Philosophie (und dem SDS) zum Public Viewing eingeladen und ich habe keine Lust, um 2 Uhr alleine in der PhilFak zu sein. Mein Ortswechsel löst leider einige technische Probleme in der Videokonferenz aus. Währenddessen verringert die FS Internationale Strafjustiz ihren schon bewilligten Haushalt aus mir unerfindlichen Gründen um 60 Prozent.

Abdriften in den Wahnsinn

Ich bin nicht der Einzige, der zu dieser Uhrzeit schon sehr geschafft ist. Während sich das bei mir aber in einer Mischung aus beginnendem Wahnsinn und bösartigem Ablehnen von allem manifestiert, beginnen die restlichen Vertreter*innen, einfach alles abzunicken. Alles, bis auf den Haushalt der FS Abenteuerpädagogik, die Taschenmesser als Merch beantragt. Es entbrennt also einmal mehr eine Diskussion, nur dass diese nun nachts um 3 Uhr stattfindet. Nach 25 Minuten Diskussion über die legale Länge eines Messers und moralische Fragen endet diese schließlich. Inzwischen schlafen zudem mehr und mehr Fachschaftler*innen ein, sodass letztendlich nicht mehr alle Fachschaften abstimmen müssen. Um 3:40 Uhr – ich bin mittlerweile am geistigen Tiefpunkt angelangt – wird schließlich mit dem Haushalt der Kunstgeschichte der letzte Haushalt beschlossen.

Abschluss ohne Geistesgegenwart, dafür mit Suppe

Zunächst vergessen wir daraufhin fast, noch einmal über den gesamten Haushalt abzustimmen, aber Dominik erinnert uns zum Glück daran. Direkt nach der Abstimmung fällt Dominik aber noch auf, dass wir (ich nicht, ich stimme inzwischen aus Prinzip gegen alles) gerade eben beschlossen haben, die nicht verwendeten rund 1500 Euro nicht in den Sondermitteltopf, sondern zurück an den AStA zu geben. Wir stimmen also noch einmal über den Gesamthaushalt ab – diesmal mit erweitertem Sondermitteltopf. Damit sind wir nach fast 6:30 Stunden mit TOP 7 durch. Ich, meinen Verstand vollständig hinter mir gelassen habend, beantrage zum letzten Mal an diesem Abend eine kurze Pause, was von Helen extrem ruhig abgelehnt wird. Sie hat sich bei ihrer Gegenrede jedoch nicht an die Redeliste gehalten, weswegen sie aufs Übelste vom Vorstand zurechtgewiesen wird. Theoretisch würden nun noch die Berichte folgen, aber da um 3:50 Uhr nun wirklich niemand von den zahlreichen Weihnachtsfeiern verschiedener Fachschaften hören will und zudem kaum jemand noch wach genug dafür ist, werden die Berichte einfach vertagt.

In weniger als fünf Minuten wird festgelegt, dass die nächste FSK am 11. Dezember in der Physik stattfindet. Als Schlussredner weist Dominik noch darauf hin, dass „die Höcke-Jugend am Samstag (29. November 2025) in Gießen das vierte Reich ausrufen möchte“ und wir deswegen alle nach Gießen kommen sollen. Nach diesen Schlussworten wird die FSK um 3:58 Uhr offiziell beendet und die Bezeichnung „Todeszeitpunkt“ für das Ende der FSK ist mal wieder extrem passend. Ich mache mich nun auf den Weg zur FS Geographie. Denn einerseits gibt es dort Suppe und andererseits muss ich beim ebenfalls anwesenden FSK-Vorstand um Gnade für zu viele Anträge auf Pause flehen. Diese wird mir gewährt und ich werde sogar noch vom Vorstand nach Hause gefahren (ganz viel Liebe an dieser Stelle). In erwartender Vorfreude auf mein Seminar um 10 Uhr gehe ich schließlich um 5:30 Uhr ins Bett.

P.S.: Alle beteiligten Redakteure haben inzwischen den Großteil ihres Verstandes wiedererlangt und (vermutlich) keine nachhaltigen Schäden davongetragen.

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(Lektoriert von nag und lurs.)