Ich arbeite als … Putze
Um sich das Studium leisten zu können, müssen Studierende, wenn sie nicht gerade die Knete von den Eltern in den Hintern geschoben bekommen, Geld verdienen. Nur Blutspenden hilft da auf Dauer nicht, also muss Arbeit her. Doch es muss nicht immer nur das Marburg-typische Kellnern sei. Es gibt da auch noch so allerlei andere Jobs. Dieses Mal erzählt Autorin Michelle über ihre Arbeit als Putzfrau.
Um die bekannte Studentenarmut zu stoppen, bin ich neuerdings als Head of the Putzlappen bzw. Reinigungskraft in einem örtlichen Hotel unterwegs. Von null ’ne Ahnung, wurde ich an meinem ersten Arbeitstag einer sehr netten Frau zugewiesen, die mir alles unglaublich schnell erklärte. Schnell ist das Stichwort, denn pro Zimmer sind maximal 10-15 Minuten Arbeitszeit vorgesehen. In dieser Zeitspanne müssen die Betten frisch bezogen, alle Möbel abgestaubt, die Heizung und die Decken von möglichen Spinnweben entfernt, der Mülleimer ausgeleert, die Minibar gecheckt und der Boden gesaugt werden. Man arbeitet immer im Team: Eine*r fürs Bad, eine*r fürs Zimmer.
Fremden Meschen in die Wäsche gucken
Die ersten zehn Zimmer waren der Wahnsinn. Denn auf eine Tatsache war ich überhaupt nicht vorbereitet: Man kann den Menschen riechen. Hört sich erstmal bescheuert an, ist aber so. Du betrittst ein standardisiertes, anonymes Hotelzimmer und als erstes schlägt dir der Duft des Gastes entgegen. Mal intensiver, mal unaufdringlicher. Je nachdem wie viel Parfüm oder Deo benutzt wurde und ob die Heizung noch auf maximaler Stufe steht. Sofort verfestigt sich im Kopf ein äußeres Bild der Person, die in diesem Zimmer wohnen könnte. Die offen herumliegenden, privaten Dinge unterstützen dabei nur die detektivischen Glanzleistungen. Die Redewendung „Ich kann dich nicht riechen“ ist nicht nur eine Floskel, sondern Tatsache! Und überraschenderweise war dieser Geruch für mich persönlicher und intimer als jeder String-Tanga und jeder Rosa-Blümchen-Schäfchen-Kuschel-Schlafanzug, den ich zusammen gelegt habe.
Aber es geht hier ja nicht ums Philosophieren über menschliche Ausdünstungen oder ums Schnüffeln in und an fremden Sachen (ich spiele natürlich nicht Sherlock Holmes im Wäschekorb!), sondern um die Arbeit. Und die ist hart. Man ist ständig in Bewegung, hat dauernd keine Zeit und die Kolleg*innen finden immer noch irgendwo ein Staubkörnchen. Nachdem ich die Bettdecke zum gefühlten fünfzigsten Mal neu aufschütteln musste, war von meiner Anfangseuphorie schon nicht mehr viel übrig. Nach einer sieben-Stunden Schicht ist schließlich jedes Zimmer gereinigt worden.
Wenigstens bleibt einem der Höflichkeits-Small-Talk erspart
Putzen ist kein Job für jede*n und anstrengender als ich gedacht hatte. Andererseits sieht man, was man geschafft hat, ist ein bisschen stolz und kann so fehlende Bewegung im Alltag kompensieren. Man arbeitet zwar im Team, trägt für seine Tätigkeiten aber die alleinige Verantwortung. Während der Arbeit kann man den Kopf komplett ausschalten und ist keinem nervigen Höflichkeits-Small-Talk ausgesetzt, was nach meiner jahrelangen Arbeit im Gastrogewerbe echt entspannend ist. Ein weiterer schöner Nebeneffekt ist der, dass man nicht bis spät in die Nacht bzw. in den Morgen hinein arbeitet, wie das für Kellner*innen üblich ist, sondern geregelte Arbeitszeiten hat. Ob ein kaputter Rücken, eine verrenkte Schulter, ein pochender Po oder ein schmerzendes Knie und weitere Weh-Wehchen das ganze allerdings Wert sind, muss man sich überlegen. Respekt an dieser Stelle an die Ladys, die diesen notwendigen Job schon über Jahre ausüben!
WAS 450 Euro Job
WANN 08:00 bis ca. 15:00 Uhr
WIE VIEL 9,55 Euro die Stunde
WOHER www.jobruf.de (Sehr empfehlenswert!)
FOTO: Michelle Daum