Sneak-Review #274: Wie lange kannst du die Luft anhalten?

Sneak-Review #274: Wie lange kannst du die Luft anhalten?

Bild: Laura Schiller

Mit Last Breath bringt Regisseur Alex Parkinson einen Unterwasserthriller auf die Leinwand, der wortwörtlich in die klaustrophobische Welt technischer Notfälle und zwischenmenschlicher Ausnahmesituationen abtaucht. Nachdem Parkinson diese wahre Geschichte bereits als Dokumentation nacherzählte, findet sie nun ihren inszenatorischen Zenit in dieser Verfilmung.

Ein Hauch von Tiefe

Im Zentrum von Last Breath steht ein ungleiches Team aus drei Tauchern, welches eine scheinbar routinemäßige Wartung an einer Erdölpipeline auf dem Grund der Nordsee durchführen soll. Ein Auftrag ohne Sauerstoff in völliger Dunkelheit, umgeben von tonnenschwerem Wasserdruck – ermöglicht durch Maschinen, bei denen jederzeit Probleme eintreten können. Was bleibt, wenn all das versagt?

Wenn das Licht erlischt

Die Figuren sind recht schlicht gehalten. Finn Cole spielt den unerfahrenen Chris, welcher viel Faszination für die Tiefen des Meeres und den Taucherberuf mitbringt. Woody Harrelson, bekannt als Haymitch aus den Hunger Games-Filmen, gibt den abgeklärten Alt-Taucher Duncan mit markigen Seemannssprüchen, welcher in Angesicht fortschreitender Automatisierung in seinem Beruf melancholisch wird. Während sich die beiden gut verstehen, spielt  Simu Liu, bekannt als Marvel-Held Shang Chi, mit David einen stoischen Einzelgänger. Tiefgründige Figurenzeichnungen sucht man zwar vergebens, doch das stört kaum – die Charaktere fungieren als Projektionsflächen in einer Extremsituation.

Enge, Druck, Atemnot

Die größte Stärke von Last Breath liegt in seiner Atmosphäre. Sobald der Film den Dialog zurückfährt und der Klang der Außenwelt verschwindet, ist man mittendrin in einer kalten, dunklen Hölle aus Stahl, Druck und Atemnot. Die Unterwasseraufnahmen sind brillant inszeniert, die Panik greifbar, die Kälte spürbar. Parkinson inszeniert ästhetisch mit ruhiger Hand. Genau das macht den Film effektiv: Wenn das Geräusch der Atmung lauter ist als jede Musik, wenn das Licht flackert und die Sichtweite auf wenige Zentimeter schrumpft, dann entsteht eine beklemmende Intensität, die dem Zuschauer wortwörtlich die Luft abschnürt. Parkinson setzt hier ganz auf klaustrophobische Bilder, enge Räume und das stetige Ticken der Uhr. Die psychische Belastung ist greifbar, und der Druck – physisch wie emotional – steigt unaufhaltsam.

Besonders in Erinnerung wird mir der Höhepunkt der Handlung bleiben, als der Saal in Dunkelheit getaucht wurde, die Musik ausblieb und das gesamte Publikum in absolute Stille gehüllt war.

Verlaufen in der Tiefe

Weniger überzeugend ist hingegen der erzählerische Überbau. Last Breath bemüht sich spürbar mehr zu sein als nur eine aufwendige Doku – was gar nicht notwendig wäre. In der zweiten Hälfte verrennt sich der Film in mehrere Plot-Twists, die auf dem Papier clever klingen mögen, dem Film aber seine Wucht nehmen. Statt fokussiertem Überlebenskampf bekommt man plötzlich ein Drehbuch, das versucht, überraschend zu sein – und dabei den Wiedersehenswert spürbar schmälert.

Beklemmung auf großer Leinwand

Last Breaths Atmosphäre hat die meisten im Kinosaal in ihren Bann gezogen. 84 von 90 Stimmen waren positiv, die Mehrheit sogar sehr positiv. Man bekommt hier ein Kino-Erlebnis geboten, das sich so im Heimkino nur schwer replizieren lassen wird.  Ein 90-minütiger handwerklich sauberer Tauchgang ins Dunkel mit viel Beklemmung und Druck auf der Brust.

Die Produktion aus dem Vereinigten Königreich startet am 8. Mai 2025 in den deutschen Kinos.

(Lektoriert von jub und lurs.)

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