Zwischen Stereotypen, Durkheim und dem Kombi-Bachelor – Soziologie als neuer Lebensabschnitt

Zwischen Stereotypen, Durkheim und dem Kombi-Bachelor – Soziologie als neuer Lebensabschnitt

Bild: Caroline Dezes, Selina Kautzsch & Johanna Seiboldt

Wer Psychologie studiert, will sich selbst therapieren können. Mit einem Abschluss in Soziologie kann man nichts anfangen und wird Taxifahrer. Politikwissenschaftler*innen diskutieren den ganzen Tag und erzählen jedem, der es nicht hören will, von Karl Marx. Wirtschaftswissenschaftler*innen sind arrogant und tragen immer Markenkleidung. Jura-Studierende gönnen einander nicht das Geringste und sabotieren sich gegenseitig.

Klischees wie diesen gehen wir in der Reihe „Cliché Touché“ nach. Studierende der jeweiligen Studiengänge klären darüber auf, was an den Vorurteilen dran ist und gleichen ihre Erwartungen an das Leben als Student*in mit der Realität ab.

Hilfe, was fange ich eigentlich mit meinem Leben an?

Wir haben Mitte 2023: Ich stehe vor der Entscheidung, was ich nach meinem Abitur und dem Bundesfreiwilligendienst mit meinem Leben anfangen möchte und wo es beruflich für mich hingehen soll. Ich überlege und überlege und komme schlussendlich auf die Idee, Soziologie studieren zu wollen. Denn die Gesellschaft, ihre Strukturen und Verwobenheiten sind super interessant. Mehr davon zu erfahren hätte doch was, vor allem in einem wissenschaftlichen und universitären Kontext.

Stereotype und ihre Wirkung

Außerdem wird Soziolog*innen nachgesagt: Sie labern, diskutieren und beleuchten gerne Details, die Gesellschaft, Interaktionen und Zwischenmenschliches. Ich denke mir: Jackpot! Genau das könnte etwas für mich sein: ein Studiengang, in dem ich mich aufgehoben und wohl fühlen könnte, mit Menschen, die ähnlich ticken. Wo trifft man sonst Personen, die einem so ähnlich sein könnten?

Der nächste große Schritt

Mit einem guten Gefühl schreibe ich mich nun an der Uni ein: Soziologie im Kombi-Bachelor. Perfekt! Die Monate verstreichen, langsam kommt der Oktober näher und der neue Lebensabschnitt rückt immer weiter auf mich zu. Die Aufregung vor der Erstiwoche steigt immer weiter an. Wen werde ich alles kennenlernen? Wie werden die Menschen sein? Wie wird alles ablaufen? Mache ich viel Party? Bin ich jeden Tag unter einer Masse von Menschen und komme besoffen nach Hause?

Vorstellung trifft auf Realität

Spoileralarm: Fast nichts davon ist eingetreten. Die Erstiwoche war in Ordnung und man kam ein wenig unter Menschen. Habe ich nun meine Leute gefunden, mit denen ich das Studium durchstehen werde? Nein. Es war für mich persönlich sehr schwer mit Menschen in Kontakt zu kommen und Gespräche außerhalb von Smalltalk-Fragen wie „Und woher kommst du?“, „Hast du dich für Unisport angemeldet?“ und „Wie heißt du?“ zu führen. Die Gespräche also auf eine andere Ebene zu bekommen und Freund*innen fürs Leben zu finden, zumindest in den Tagen der Erstiwoche in meinem Hauptfach.

Der Kampf mit den Theorien

Von dem Stereotyp der Diskussionsfreude spürte ich wenig. Dass Soziologie-Studis reden wie ein Wasserfall, kann ich, zumindest in meinen Vorlesungen und Übungen, nicht bestätigen. Dort stechen immer nur ein, zwei Leute heraus, die dann die Übungen leiten und uns unterhalten, während wir müde und verwirrt versuchen zu verstehen, was genau Durkheim in und mit seiner Theorie meinte.

Austausch mit Gleichgesinnten

Irgendwie haben in meiner Kohorte alle dasselbe Gefühl. Denn egal, mit wem ich mich über die Erstiwoche unterhalten habe: Jede*r teilte meine Erfahrung, dass es schwierig war mit anderen ins Gespräch zu kommen. Zum Glück haben wir noch unser Nebenfach.

(Lektoriert von jub, nel und jel.)

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