Ausstellung „Marburger Frauen im Nationalsozialismus“ in der Universitätsbibliothek

Ausstellung „Marburger Frauen im Nationalsozialismus“ in der Universitätsbibliothek

Bilder: Randi Becker
Collage: Laura Schiller & Jannik Pflur

Dr. med. Betty Spier, Thekla Berenspöhler, Elfriede Strauß – das sind nur drei Namen der 22 Frauen, die in der Ausstellung „Marburger Frauen im Nationalsozialismus – Verfolgte, Widerständige, Mitläuferinnen und Täterinnen“ vorgestellt werden. Seit dem 15. Mai findet man in der Universitätsbibliothek Marburg im Gang neben den Aufzügen Aufsteller, die Portraits verschiedener Frauen präsentieren. Im Rahmen eines Seminars am Marburger Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung unter der Leitung der Soziologin Randi Becker haben Studierende der Universität Marburg die Geschichte von 22 Marburgerinnen erforscht und vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus eingeordnet.

Spannend ist dabei der Ansatz, die Frauen nicht nur als Opfer des Nationalsozialismus darzustellen, sondern jede einzelne in ihren verschiedenen Rollen in dieser Zeit zu beleuchten. Dabei wird die Ausstellung durch ein Farbschema strukturiert, das die Frauen verschiedenen Gruppen zuordnet. So werden Jüdinnen, Sinti und Roma, Zwangsarbeiterinnen, Täterinnen und politisch motivierte Frauen präsentiert und die jeweilige Lebensgeschichte in den Vordergrund gerückt. Dabei wird nicht davor zurückgescheut Namen zu nennen, egal ob Täterin oder Opfer.

Schicksal weit über das Kriegsende hinaus

Es wird deutlich: Für die meisten Menschen endete der Krieg und die Zeit der Traumata nicht mit der Kapitulation 1945. Für viele ging die Auseinandersetzung mit dem Erlebten noch bis in die 80er oder 90er Jahre weiter. Einige von ihnen finden noch Jahrzehnte nach dem Kriegsende die Kraft, Anträge zu stellen und Schadensersatz einzufordern – für ein kleines Stück Gerechtigkeit. Inwieweit dabei die einzelnen Schicksale gegeneinander aufgewogen werden, und dem jeweiligen Leid ein Wert oder eben auch kein Wert zugewiesen wird, ist erschreckend zu sehen.

Die Aufsteller sind sehr textreich, aber auch mit Bildern gespickt. Es ist der Versuch, die Lebensgeschichte und das Wirken von Menschen auf begrenztem Raum zu erzählen. Es gelingt, die einzelnen Frauen genauer zu beleuchten, immer in Verbindung mit der Stadt und der Universität Marburg. Zwischen den Geschichten der einzelnen Frauen finden sich immer wieder allgemeinere Texte zu der damaligen Zeit, die detailliert den geschichtlichen Kontext einordnen. Dabei wird auf die spezifische Rolle der Universität Marburg im Nationalsozialismus nicht näher eingegangen.

Es lohnt sich, die Zeit mitzubringen und die Texte auf sich wirken zu lassen. Informativ und bereichernd eröffnet die Ausstellung einen neuen Blickwinkel auf die Geschichte der Marburgerinnen.

Bis zum 17. August wird die Ausstellung noch in der Universitätsbibliothek zu sehen sein. Begleitet wird sie von einer Veranstaltungsreihe, die einzelne Themen und Lebensgeschichten der Frauen noch einmal näher beleuchtet. Für 2026 steht ein weiterer Ausstellungszeitraum im Marburger Medienzentrum an. Mehr Informationen zu den Veranstaltungen gibt es hier.

(Lektoriert von jap.)

studiert Europäische Literatur im Bachelor und schreibt und lektoriert seit dem Wintersemester 2024 bei PHILIPP.

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