Sneak-Review #277: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Sneak-Review #277: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Bild: Laura Schiller

On Swift Horses erzählt von Liebe, Ängsten und Zwängen in einer Gesellschaft, die Reichtum und Sicherheit verspricht. Regisseur Daniel Minahan inszeniert eine scheinbar idyllische, aber einengende Welt, in der sich Liebe und Verlangen schwer fassen oder einordnen lassen. Trotz spannender Themen wie Sexualität und Glücksspiel hat der Film seine Längen und schafft es nicht immer zu sagen, was er eigentlich will.

Das Leben ist kein Ponyhof 

Die Geschichte beginnt im Amerika der 50er Jahre in Muriels (Daisy Edgar Jones) Elternhaus in Kansas. Dort lebt sie zusammen mit ihrem Verlobten Lee (Will Poulter)ein Soldat, der von seinem Einsatz in Korea beurlaubt ist. Als dessen Bruder Julius das Paar zum ersten Mal besucht, tritt er eine Dynamik los, die die Idylle zu durchbrechen droht. Der Plan der drei ist es, nachdem Lee seinen Einsatz endgültig beendet hat, ein Haus in St. Diego zu kaufen und sich dort den Traum vom gesetzten Familienleben zu erfüllen. Während Julius sein Hobby, Glücksspiel, zum Beruf macht und nach Las Vegas geht, beginnt Muriel hinter dem Rücken ihres Ehemanns auf Pferde zu setzen, um finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. Den Zuschauer*innen wird schnell klar, dass sich die Sehnsüchte der Personen grundlegend unterscheiden und die Bedürfnisse lediglich untergeordnet werden. Eine Jagd nach Liebe, Verlangen und Erfüllung beginnt.

„Dieses arme Mädchen braucht jemanden, der ihr sagt, wo es lang geht.“

Die prominente Besetzung verspricht zunächst viel. Jacob Elordi spielt einen charismatischen jungen Mann, der seiner Leidenschaft bis nach Las Vegas folgt. Dort beginnt er eine heimliche Beziehung mit seinem Kollegen Henry (Diego Calva) – verborgen vor der Öffentlichkeit. Dabei hintergeht er mehrfach die letzten Familienmitglieder, die ihm geblieben sind. Trotz großer Gefühle wirkt Jacob Elordi teilweise etwas verloren in seiner Rolle. Das mag an seinem Schauspiel liegen, aber auch an den etwas stumpfen Dialogen. Während wir von ihm viele sexuell aufgeladene Szenen zu sehen bekommen, bleibt die Figurenentwicklung auf der Strecke.

Ähnlich ist es auch bei seinem Bruder Lee. Will Poulter spielt einen Ehemann, der lediglich den eigenen Bedürfnissen nachgeht und dabei nicht bemerkt, wie seine Ehefrau beginnt, auf Pferde zu wetten und eine Affäre mit einer Frau eingeht. Trotz kleinerer emotionaler Ausbrüche, die immer wieder auftreten, findet sich in seiner Figur keine Tiefe wieder. Daisy Edgar Jones, bekannt aus der Erfolgsserie Normal People, schafft es dagegen, das Beste aus dem Material herauszuholen. Von Einsamkeit in der Ehe hin zur eigenen Selbstbestimmung nimmt sie die Zuschauer*innen mit auf eine emotionale Reise.

Show don’t tell 

Unter diesem Motto versucht Regisseur Minahan viele der Dialoge abzukürzen und sich mehr auf die Mitarbeit des Publikums zu verlassen. Leider bleibt dabei Vieles auf der Strecke und die Handlung ist besonders im Mittelteil sehr zäh. Viele Fragen bleiben bis zuletzt ungeklärt. Besonders das Verhältnis von Julius und Murielwelches einen Großteil der Handlung ausmacht, ist letztendlich nur verwirrend und seltsam. Trotzdem lässt der Film viel Raum zur eigenen Interpretation, was darüber hinaus viel Potenzial für einen anschließenden Dialog bietet.

Bilder, die bewegen

Visuell überzeugt der Film mit vielen Höhepunkten: die weiten Felder in Kansas, die lebhafte Atmosphäre auf der Pferderennbahn oder das pulsierende Nachtleben in Las Vegas. Insgesamt schafft es der Film, die Eindrücke perfekt einzufangen: bunt und trotzdem beklemmend.

Das Sneak-Publikum scheint den Film mit eher gemischten Gefühlen aufgenommen zu haben. Mit 67 % positiven und 23 % negativen Stimmen spiegelt die Zuschauerschaft wider, was auch mein Eindruck war.

On Swift Horses startet am 29. Mai in den deutschen Kinos.

(Lektoriert von jub und lurs.)

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