Abenteuer FSK: Irgendwo zwischen Relegationsspiel und Geo-Party

Bild: Laura Schiller
Die Reihe „Abenteuer FSK“ geht endlich weiter – ab sofort unter der Federführung unseres Redakteurs Philipp. Das einzigartige Phänomen Fachschaftenkonferenz ist ein Ort großer Widersprüche und ganz, ganz großer Politik, worüber in dieser Reihe humoristisch berichtet wird. In der Sitzung von letzter Woche ging es unter anderem um das kontroverse neue Corporate Design der Uni und das schwere Schicksal, die Geoparty zu verpassen.
Auf dem Weg zum Hörsaal der Physik sehe ich direkt vor mir ein paar andere Studierende ein sehr großes Umleitungsschild ins Gebäude tragen. Das fände ich normalerweise durchaus komisch, doch in der Physik findet an diesem 22. Mai die Fachschaftenkonferenz (FSK) statt. Und für diese ist so etwas einfach nur ein weiterer Donnerstag.
Ein Gremium der Konzeptkunst
Der gesamte Hörsaal sieht mehr nach Hörsaal-Party oder Konzeptkunst aus: In der Ecke steht das etwa ein Meter breite und 1,5 Meter lange Straßenschild, an die Wand wird Subway Surfer gebeamt und an der Tafel steht der Preis für das erwerbbare Bier. Die mangelnde Motivation für die anstehenden Stunden, die alle Anwesenden teilen, macht die Variante der Party jedoch leider unwahrscheinlich. Schade.
15 Minuten zu spät geht es schließlich los. Und bevor man sich das erste Glas Wein eingeschenkt hat, sind bereits vier (wohlgemerkt nur protokollarisch relevante) der insgesamt zehn Tagesordnungspunkte abgehakt. Leider kann die Konferenz dieses Tempo für den Rest des Abends nicht beibehalten.
Mit dem Bus nach Panama
Damit ist man schon recht früh bei den Berichten der Fachschaften angekommen, deren Highlights hier im Schnelldurchlauf behandelt werden sollen: Die Fachschaft (FS) Sport erzählt von der Forschung an ihrem Fachbereich sowie von ihrer Maiwanderung. Auch die Philologie plant eine Maiwanderung; diese soll jedoch im Juni stattfinden. Die Soziologie hat währenddessen etwas Unglaubliches geschafft: Sie hat ihren Fachschaftsraum aufgeräumt.
Danach erzählt die Fachschaft Strafjustiz, dass sie gerne Empfehlungen für Busreisen entgegennehmen würden; sie würden nämlich eine Busreise nach Panama planen. Es dauert einen Moment bis einigen auffällt, dass eine Busreise nach Panama eine feuchte Angelegenheit werden könnte. In einer kurzen tumultartigen Szene kommt schließlich heraus, dass es doch nicht nach Panama gehen soll. Wohin es stattdessen geht, wird schließlich auch noch verkündet, dringt allerdings leider nicht bis zu mir in die vorletzte Reihe durch. Zuletzt erzählt die FS Geographie, bei ihnen sei eine größere Diskussion ausgebrochen, da bei ihnen die Zeitschrift Emma ausliege. Zudem findet am Abend der FSK-Sitzung noch eine Party der Geographie statt. Allein dieser Hinweis verkürzt die Sitzung vermutlich um mindestens eine Stunde, da jede einzelne Person im Raum mehr Lust auf Geographie-Party als auf FSK hat.
Vereint in Abneigung
Weiter geht es mit dem Bericht des FSK-Vorstands. Laut diesem stehe „einiges“ an. Was dieses „einiges“ nun aber konkret ist, wird nicht ausgeführt. Da es im Plenum allerdings auch merkbar an Interesse mangelt, wird auch nicht weiter nachgefragt. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass kurz darauf das neue Design der Universität inklusive Streichung des „Philipps“ aus dem Namen gezeigt wird. Und auf einmal passen sogar diejenigen auf, die die letzte halbe Stunde ausschließlich das Fußballspiel zwischen Heidenheim und Elversberg verfolgt haben.
Denn auch wenn schon länger bekannt ist, dass es ein neues Corporate Design der Uni geben soll, waren nähere Informationen dazu bisher doch eher dürftig. Dem neuen Design, das am 5. Juni offiziell vorgestellt wird, schlägt aus dem Plenum trotzdem überwältigende Ablehnung entgegen. Um einen Schuldigen zu suchen, wird nun erst einmal die Frage behandelt, wo die Idee dafür eigentlich herkommt. Die Antwort, das Thema sei vor zwei Jahren im Senat aufgekommen, ist zwar nicht befriedigend, aber es geht trotzdem vorerst weiter. (Nachträgliche Anmerkung: Das Ganze war schon vor fünf bis sechs Jahren eine Idee des Präsidiums.) Meine Frage, welche sich „im Namen der Fachschaft Geschichte und sämtlicher Philipps“ gegen das neue Corporate Design stellt, ob man denn noch etwas gegen das neue Design unternehmen könne, wird schließlich verneint, womit das Thema vorerst vorbei ist.
Die Gemüter beruhigen sich wieder, als es um die Neuigkeiten des digitalen Studierendenausweises geht, der bald eingeführt wird. Es wird auf die StuPa-Sitzung vom Vortag verwiesen und auf die Problematik des Fernverkehrstickets aufmerksam gemacht. Denn die Deutsche Bahn wird das digitale Ticket voraussichtlich nicht akzeptieren. Es wurde mit der Bahn jedoch letztendlich eine Übergangslösung ausgehandelt. Demnach akzeptiert die Bahn das neue Ticket vorerst. Langfristig muss jedoch eine andere Lösung her. Es sei denn, in der nächsten Sitzung des StuPa wird beschlossen, die Fernverkehrsverträge nicht zu verlängern. Dann wäre der gesamte Aufwand unnötig gewesen.
Währenddessen wird die 50-seitige Präsentation des neuen Corporate Designs der Uni gefunden und natürlich auch sofort gezeigt. Schon beim Anblick der ersten Folie wird die FSK in Rage versetzt, da das Design wirklich niemandem gefällt. Offenbar nicht einmal dem Beamer, sodass er erst einmal abschmiert und die nächsten Minuten dafür aufgewendet werden müssen, ihn wieder zum Laufen zu bekommen. Das neue Design wird daraufhin mit Erklärung der Elemente vorgestellt. Unter anderem wurden im neuen Design zahlreiche ineinander verwobene Kreise verwendet, die Einigkeit symbolisieren sollen. Und in der Tat sind im Hass auf das neue Design ausnahmsweise einmal alle Anwesenden vereint. Ob das Ziel des neuen Designs allerdings wirklich eine negativen Integrationsideologie war, ist jedoch fraglich. Nachdem aber schließlich alle 50 Folien durchgegangen wurden und alle, die wollten, einmal ihre (ausschließlich negative) Meinung zum Design von sich gegeben haben, geht es daraufhin weiter mit dem Studierendenausweis.
Die Tagesordnung wird endgültig verlassen
Auch wenn dieses Thema eigentlich schon abgeschlossen war, kommt nun noch die Frage auf, was denn mit Leuten sei, die kein mobiles Endgerät besitzen und somit keinen digitalen Studierendenausweis haben könnten. In diesem Fall könne man beim AStA eine Chipkarte als Studierendenausweis bekommen. Natürlich gegen zusätzliche Bezahlung und wenn der AStA die Zeit findet, die Anträge dazu tatsächlich zu bearbeiten. Auch dies sei allerdings nur eine Übergangslösung, da der RMV langfristig keine Chipkarten mehr annehmen will.
Der AStA-Vorstand will seinen Bericht schon beenden, da fragt die FS Archäologie, wie es eigentlich um den Haushalt des AStA stehe. Laut AStA-Vorstand hat eine Prüfung des Haushalts begonnen, die bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein soll. Dass das unrealistisch ist, gibt der Vorstand daraufhin allerdings selbst zu und setzt eine Fertigstellung der Prüfung eher auf Ende des Jahres an. Genauere Infos zum Stand des Prüfverfahrens könne allerdings auch der Vorstand nicht geben und verweist auf den Finanzvorstand des AStA, der aber nicht anwesend ist. Das alles wirkt ein wenig wie eine Pressekonferenz der Bundesregierung zu einem ihr unangenehmen Thema. Ähnlich informativ ist es sowieso.
Nun sollte auch noch der StuPa-Vorsitz berichten, doch dieser fehlt heute Abend. Stattdessen berichtet ein anderer Teilnehmer über die jüngste StuPa-Sitzung, sowie darüber, dass in der nächsten Sitzung öffentlich über das Fernverkehrsticket beraten wird.
Aus dem nichts kommt daraufhin eine Anmerkung, dass es aktuell zahlreiche Probleme bei der Abstimmung der Kombi-Bachelor-Studiengänge gebe, und dass an der Abstimmung der einzelnen Studiengänge definitiv etwas getan werden müsse. Hierzu soll es angeblich bald mehr Infos geben und daran gearbeitet soll auf jeden Fall werden. Die studentische Vizepräsidentin Lara Zieß will das Thema mitnehmen.
Organisierte und unorganisierte Wahlen
Nach einer ewig langen Zeit geht es nun also weiter mit Tagesordnungspunkt 6: Wahlen und Entsendungen. Zuerst geht es um EU-Peace, eine Initiative zur Zusammenarbeit von neun Universitäten aus der EU sowie der Türkei. Dies sei eine sehr tolle Initiative und es gebe auch ein Event dazu in Limoges, zu dem sogar EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kommen soll. Für nähere Informationen gibt es nächste Woche eine Infoveranstaltung.
Plötzlich fällt den Vertreterinnen des Wahlausschusses und des Beschwerdeausschuss zu den Hochschulwahlen (ja, den gibt es, und ja, das sind zwei separate Ausschüsse) auf, dass noch etwas zu den Zulassungen zu den Hochschulwahlen zu sagen sei. So wurde gegen zwei Nichtzulassungen für die StuPa-Wahl Beschwerde eingelegt. Zu den Fachschaftsrats- und Fachbereichsrats-Wahlen wurden hingegen alle Listen angenommen, manche jedoch mit Änderungen.
Zudem gab es das Problem, dass einige Lehramts-Studierende nicht beim richtigen Fachbereich stimmen konnten. Nach kurzer Verwirrung wird klargestellt, dass diese nur für die Fachschaftsliste wählen dürfen, die sie bei der Einschreibung zuerst angegeben haben. Ansonsten müsse man einen Antrag auf Änderung der Fachschaft stellen. Hierzu wird ein sechsseitiges Dokument hervorgekramt, in dem das stehe. Zur Überraschung der Anwesenden will jemand dieses Dokument scheinbar tatsächlich lesen, sodass es eine 15-minütige Lesepause gibt. Wie sich am Ende der Pause herausstellt, hat die betreffende Person die Pause allerdings nicht zum Lesen des Dokuments, sondern zum Rauchen verwendet. Für die Pause sind trotzdem alle dankbar.
Weiter geht es daraufhin mit der Entsendung zweier Personen in den Wahlprüfungsausschuss1. Es sind zwar bereits Personen auserkoren worden, jedoch ist sich niemand mehr sicher, wer das war, sodass die Auslosung wiederholt werden muss. Freiwillig meldet sich nämlich niemand. Deshalb wird aus allen Anwesenden, die auch in einem FSR sitzen, gelost. Das Ganze ist so absurd, dass es nicht einmal mehr der FSK-Vorstand ernst nehmen kann. Die Absurdität wird schließlich auf die Spitze getrieben, als sich herausstellt, dass einer der soeben Ausgelosten gar nicht anwesend ist und somit neu gelost werden muss. Die fehlende Ernsthaftigkeit und Organisation könnte dabei unter anderem am allgemein hohen Alkoholpegel der Anwesenden oder am wesentlich interessanteren Relegationsspiel liegen. Was von beidem der Grund ist, lässt sich jedoch nicht abschließend beantworten. Letztendlich wird aber einfach nochmal ausgelost. Diesmal sind alle Ausgewählten auch wirklich da und es geht weiter zum nächsten Punkt.
Symbolpolitik auf höchstem Niveau
Der nun gestellte (und glücklicherweise auch einzige) Antrag behandelt eine auf der BuFaTa (Bundesfachschaftentagung) Biologie verabschiedete Stellungnahme. Diese richtet sich gegen das Verbot von genderneutraler Sprache, gegen die Unterfinanzierung von Hochschulen und für Maßnahmen zugunsten von Klimaschutz und Biodiversität. Besonders der Teil zur gendergerechten Sprache scheint dabei in der FSK umstritten zu sein. Damit der Antrag trotzdem beschlossen werden kann, sowie für eine stärkere Symbolwirkung, wird daraufhin abgestimmt, ob über die drei Punkte des Antrags separat abgestimmt werden soll. Mit einfacher Mehrheit wird das beschlossen. Der Fakt, dass anschließend alle drei Punkte einstimmig angenommen werden, lässt den Sinn des ganzen Verfahrens jedoch eher zweifelhaft erscheinen.
Das frühste FSK-Ende aller Zeiten
Zuletzt wird noch beraten, wann und wo die nächste FSK stattfinden soll. Als Termin wird der spätestmögliche gewählt. Da niemand auf die Lahnberge will, wird auch die nächste FSK in der Physik stattfinden. Als alle eigentlich schon ihre Sachen einpacken wollen, kommt noch die Frage auf, ob irgendwer wisse, wie man in Marburg am besten 70 Leute für eine Tagung unterbringen kann. Daraufhin beginnt – zum Glück ein letztes Mal für diesen Abend – ein erregtes Gespräch zu diesem Thema, das allerdings kein für den Autor ersichtliches Ergebnis hat.
Letztendlich endet die FSK trotzdem nach nur etwas mehr als zwei Stunden, was fast ein neuer Rekord ist. Ob der Grund dafür jedoch die Geographie-Party oder doch eher das omnipräsente Desinteresse ist, kann an dieser Stelle nicht endgültig geklärt werden. Die beiden Reporter des PHILIPP-Magazins waren jedoch sehr froh, so früh nach Hause auf die Geographie-Party gehen zu können.
- An dieser Stelle war in einer früheren Version dieses Artikels fälschlicherweise von EU-Peace die Rede. ↩︎
Ich freue mich, dass diese Reihe weitergeführt wird.
Jedoch sollte man eine Sache richtigstellen: Es wurde nicht für EU-Peace gelost, sondern für den Wahlprüfungsausschuss (nicht das gleiche wie der Wahlauschuss oder der Widerspruchsauschuss). Gemäß §31 der Wahlordnung werden die Mitglieder dieses Ausschusses per Los bestimmt.
Danke für die Richtigstellung. Ich hatte mir das ganze anscheinend falsch mitgeschrieben
Fantastisch, meine Lieblingsreihe ist zurück! Viel Spaß an die neuen Redakteure