Sneak Review #63 Allied – Vertraute Fremde

Sneak Review #63 Allied – Vertraute Fremde

Liebe, Herzschmerz, Mord, Nazis und einen französisch redenden Brad Pitt – all das und noch viel mehr konnte man diesmal in der Sneak erleben. Genauer gesagt in Robert Zemeckis neuem Drama „Allied – Vertraute Fremde“.

Die erste Überraschung bietet der Film nach etwa drei Minuten: Dieser Mann in der schicken Offiziers-Uniform ist tatsächlich Brad Pitt. Die zweite ein paar Sekunden später. Denn was da aus Brad Pritts Mund kommt klingt gar nicht nach Brad Pitt – sondern französisch. Zum Glück hat man nach diesem ersten Schock später genug Zeit, sich an den französisch sprechenden Pitt zu gewöhnen. Denn das wird er noch über eine Stunde lang tun. Sein Leben hängt davon ab. Pitt spielt nämlich einen Kanadier, der für die Briten als Undercover-Agent arbeitet und einen hochgefährlichen Auftrag in Casablanca auszuführen hat.

Sex in der Wüste

Casablanca, das ist nicht nur eine Stadt in Marokko, sondern auch der Titel eines großen Melodrams aus dem Jahr 1942. Ein Film, der nicht nur während des 2. Weltkriegs gedreht wurde, sondern auch in dieser Zeit spielt. Die Wirren des Krieges und der Flair der marokkanischen Stadt bildeten den Hintergrund einer dramatischen Liebesgeschichte zwischen Humphrey Bogart und Ingrid Bergman, deren Ende zu den meist zitierten Szenen der Filmgeschichte gehört.

All das schwingt mit, wenn man Brad Pitt in 40er Jahre Uniform und 40er Jahre Frisur durch die nordafrikanische Stadt spazieren sieht. Da sich die Handlung auch noch in dem Jahr abspielt, in dem das Original gedreht wurde, ahnt der:die kundige Sneakbesucher:in früh, was auf ihn:ihr zukommen wird: Drama, Liebe und eine ordentliche Portion Herzschmerz. Das sind die Versprechen, die dieser Streifen einzulösen hat. Zemeckis bietet dabei einiges auf, um die geweckten Erwartungen zu erfüllen: Außer einen französisch sprechenden Brad Pitt noch Marion Cotillard als Femme Fatale und liebende Mutter zugleich, böse Nazis und eine angemessene Portion Wüstenromantik, die in leidenschaftlichem Sex im Wüstensturm gipfelt.

Früher war’s eben doch schöner

Trotzdem ist „Allied“ kein „Casablanca“-Remake. Anders als im Original ist das Liebespaar hier ein Spionagepaar, das gemeinsam einen Anschlag auf den deutschen Botschafter plant. Spione im Kino bedeutet immer: Wir sehen Schauspieler:innen dabei zu, wie sie Menschen spielen, die anderen Menschen etwas vorspielen. Der Film spielt gekonnt mit diesem doppelten Schauspiel und mit der Frage, wer jetzt wem etwas vorspielt. Das tut er in der zweiten Hälfte nicht mehr in Casablanca, sondern in England. Es geht also mitten hinein in den deutschen Bombenhagel. Doch die Schrecken des Krieges bleiben auch jetzt noch Nebenschauspiel, der Fokus liegt weiterhin auf dem Drama der zwei Liebenden. Damit wird der Film nach einer örtlichen und inhaltlichen Emanzipation vom Original bald wieder von eben diesem eingeholt. Allerdings beschwört er dessen Erinnerung auch bewusst.

Und so ist „Allied“ wie eine gelungene 90er Jahre Party: Erst kommt ein seltsam wohliges Gefühl der Nostalgie auf, die dann nach einigen Bieren und Shots in Euphorie umschwenkt, und nach ein paar weiteren Bieren in schwelgende Melancholie. Am Ende bleibt die Erkenntnis: Irgendwie war’s früher trotzdem anders – und vor allem schöner. Die Kopie schlägt halt nie das Original. Schön traurig war’s trotzdem. Und die Frisuren und Outfits waren auch spitze.

„Allied“ erscheint am 22. Dezember in den deutschen Kinos.

FOTO: Paramount Pictures

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