Endgegner*in: Anmeldung zum Hochschulsport
Bild: Judith Braun
Wenn dir das Leben Zitronen gibt, gibt dir die wacklige Internetverbindung oder die Drehtür in der Bib vielleicht noch den Rest – in dieser Reihe schreiben wir über die Endgegner*innen des Alltags, also Dinge, die uns an den Rand der Verzweiflung bringen.
Dienstagmorgen, 7.45 Uhr, meine noch müden Finger kopieren die IBAN in die Notizen-App meines Handys und die „Sport- und Bewegungsangebote“ der Uni Marburg erscheinen auf meinem Display. Je näher 8 Uhr rückt, desto nervöser werde ich. Was könnte es auch sonst sein, die Anmeldungen für den Uni-Sport stehen wieder an. Was eigentlich nach Spiel und Spaß klingt, wird gleich bierernst. Denn nichts ist schwerer, als sich für den Sport seines Begehrens anzumelden – vor allem, wenn es sich um ein recht beliebtes Angebot wie Volleyball handelt. Aber immerhin weiß ich, dass meine Chancen nicht gutstehen. Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.
8.00 Uhr, ich sitze kerzengerade in meinem Bett, mein Puls ist mittlerweile bei 180. Jetzt geht’s los. Aber was ist das? Liegt das nur an meinem WLAN oder warum lädt die Seite nicht? Ausgerechnet jetzt stürzt die ganze Webseite ab. Ich glaub’s nicht! Ich klicke einmal, zweimal, dreimal auf „aktualisieren“, irgendwann höre ich auf zu zählen. Endlich geht’s. Ich wähle meinen Kurs aus, völlig abgehetzt, und schreibe in Windeseile meinen Namen, Adresse, die auswendig gelernte Matrikelnummer und gefühlt mein halbes Leben in die Spalten des Anmeldebogens. Jetzt nur noch die kopierte IBAN und fertig. Ich bin fast schon stolz, wie schnell ich getippt habe und klicke auf „anmelden“, da ereilt mich die Nachricht, vor der es Jeden und Jede grault: „Dieses Angebot ist leider schon ausgebucht!“ Na super! Wie kann es sein, dass, sobald ich diesen einen Kurs ausgewählt habe, der immerhin zu einer humanen Uhrzeit und nicht erst um 22 Uhr stattfindet und einigermaßen zu meinem Leistungsniveau passt, in der Zwischenzeit nicht reserviert wird? Komme ich am Ende nicht rein, habe ich wertvolle Zeit verschwendet, um mich für meine Zweitwahl anzumelden. Am Ende ist nur noch das Angebot am Dienstag um 12.45 Uhr frei. Aber sorry, wer hat da Zeit? Etwa Student*innen?
Nachdem ich den kurzen Moment der Trauer überwunden habe (ich darf ja keine Zeit verlieren und Trauern kann man auch noch um 8.15 Uhr), suche ich nach Ausweichmöglichkeiten. Natürlich habe ich mich nicht ausführlich mit den anderen Angeboten auseinandergesetzt, obwohl ich wusste, dass mir mein Platz nicht sicher ist. Aber gut, was will man machen.
Ich irre ein wenig im Labyrinth der zahlreichen, mehr oder weniger sportlichen, Angebote herum, zwischen Skat, Rückenfitness und Vertikaltuchakrobatik, und finde Paddel-Tennis. Und hey, das ist doch gar nicht so „0815“ wie Volleyball. Voller Hoffnung klicke ich mich durch zu den Trainingszeiten: Ach klasse, auch alles ausgebucht. Trotzdem schreibe ich mich – naiv wie ich bin – in die Warteliste. Auch wenn ich weiß, dass, völlig kontraproduktiv, nicht einfach Plätze chronologisch der Liste nach vergeben werden, sondern wahllos Plätze frei werden und du dich nach dem Motto „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ eintragen kannst. Aber wer schaut schon 24/7 in seine Mails? Ich jedenfalls nicht.
Innerlich habe ich schon damit abgeschlossen. Dieses Semester dann wohl kein Uni-Sport. Auf die Klassiker-Frage „Und, was machst du dieses Semester für Uni-Sport?“ kann ich jetzt wenigstens immer stückweise meine Wut rauslassen. Aber mal ehrlich, wie kann es sein, dass alle Angebote sofort ausgebucht sind, Wartelisten-Plätze ungefähr für 3 Millisekunden zur Verfügung stehen, beim ersten Termin alle kommen und man dann spätestens in der dritten Woche nur noch mit 8 Leuten in der Halle steht?
Jetzt ist es 8.15 Uhr. Zwar ist Dienstag, aber die Vorlesungen haben noch nicht wieder angefangen und so schalte ich wieder den Flugmodus ein, lege mein Handy zur Seite und ziehe mir verärgert die Decke über den Kopf. Dann eben im nächsten Semester!

Sooo relatable! Ich fühle den Schmerz
Toller Artikel!