„Kapitulation ist keine Option“: Zehntausende protestieren gegen die Neugründung der AfD-Jugendorganisation

„Kapitulation ist keine Option“: Zehntausende protestieren gegen die Neugründung der AfD-Jugendorganisation

Bild: Kim-Darleen Müller

Am 29.11.2025 reisten schätzungsweise 35.000 Demokrat*innen aus ganz Deutschland nach Gießen, um sich der Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation, die in den dortigen Hessenhallen stattfand, in den Weg zu stellen.

Generation DeutschlandJunge Alternative in neuem Gewand

Die Generation Deutschland ist die neue Jugendorganisation der AfD. Die vorherige Junge Alternative war formal ein Verein und ihre Mitglieder mussten nicht der AfD angehören, sodass auch die Parteiregeln für sie nicht galten. Daher war die Kontrolle der AfD über ihre Jugendorganisation nur sehr begrenzt. Die Junge Alternative wurde als gesichert rechtsextrem eingestuft und im März 2025 aufgelöst. Die neue Organisation soll näher an die AfD gebunden werden und als „Kaderschmiede“ für die Partei dienen.
Es wird jedoch angenommen, dass dies die Jugendorganisation nicht weniger radikal werden lasse, zumal der neue Vorsitzende der Generation Deutschland, Jean-Pascal Hohm, brandenburgischer Landtagsabgeordneter der AfD, vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wurde und persönlich in ebensolchen Kreisen vernetzt sein soll.

Protest gegen die Veranstaltung wurde bereits vor Monaten angekündigt und geplant.

Buntes Programm mit klarer Message

Mehrere Bühnen beherbergten Redner*innen und Musik-Acts, von denen die Proteste begleitet wurden. In den Beiträgen kamen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Bezügen zu der Veranstaltung zu Wort – darunter unter anderem Gewerkschaftler*innen, die Bundestagsabgeordnete Desiree Becker der Partei Die Linke und ein Nachfahre eines Holocaust-Überlebenden. Auch die queer-feministische Community war mit einer eigenen Bühne vertreten.
Thematisiert wurden jedoch nicht nur die AfD und ihre Jugendorganisation, sondern beispielsweise auch der Krieg in Gaza, die fortschreitende Militarisierung und Kritik an der CDU, da diese die Ideen und Narrative der AfD übernehme.

Der gemeinsame Konsens: „Nie wieder Faschismus“ und „Kapitulation ist keine Option“.
Damit einher ging zudem immer wieder die Forderung eines AfD-Verbots.

Früh vor Ort

Trotz widriger Wetterbedingungen waren bereits gegen 5 Uhr morgens erste Protestteilnehmer*innen und Organisationen wie die Initiative Kein Bock auf Nazis vor Ort, um über die Abläufe des Tages zu informieren und die Protestierenden mit heißen Getränken sowie Demomaterial auszustatten. Über 200 Busse aus mehr als 50 Städten waren im Vorfeld durch das Bündnis widersetzen organisiert worden, um Demokrat*innen aus ganz Deutschland die Anreise nach Gießen zu ermöglichen. Auch aus Marburg reiste eine große Delegation mit der Bahn an.
So versammelten sich bereits in der Frühe mehrere Tausend Menschen zu einer Kundgebung am Gießener Bahnhof, von wo aus ab 6 Uhr ein Demonstrationszug in Richtung der Hessenhallen startete, wie auch aus dem angrenzenden Heuchelheim.

Zudem wurden sämtliche Zufahrtsstraßen zum Veranstaltungsort von Demonstrierenden blockiert, um zu verhindern, dass AfD-Veranstaltungsteilnehmer*innen die Hessenhallen erreichen. Dort wurden seit den frühen Morgenstunden symbolische Brandmauern – bestehend aus Demonstrierenden, die, dicht zusammengerückt und Transparente hochhaltend, eine Art Mauer bildeten – errichtet, von denen viele bis zum Ende der Proteste aufrechterhalten wurden.

Eine Demonstration direkt vor Ort war aufgrund der großflächigen Abriegelung der Gießener Weststadt, in der die Hessenhallen liegen, nicht möglich. Dennoch verfehlte der Protest seine Wirkung keineswegs: Die Blockaden sorgten dafür, dass sich der Start der Gründungsveranstaltung um etwa zwei Stunden verzögerte und mutmaßlich nur etwa die Hälfte der geplanten Teilnehmer*innen diese überhaupt erreichten.

Weitestgehend friedlicher Protest

Insgesamt lief der Protest weitestgehend friedlich ab und wurde begleitet von Musik, gemeinsamem Tanz und Sprechchören wie „Alle zusammen gegen den Faschismus“ oder „Siamo tutti antifascisti“. Gegenüber den 4.000 bis 5.000 Polizist*innen, die vor Ort waren, um das Gebiet um die Hessenhallen großzügig abzuschirmen, war die Stimmung jedoch spürbar angespannt und geladen. Immer wieder forderten Redner*innen und Demonstrierende die Polizei dazu auf, den Weg freizumachen, um in Hör- und Sichtweite der AfD-Veranstaltung demonstrieren zu können.

An Orten, an denen Polizist*innen und Demonstrierende zusammentrafen, kam es teils zu hitzigen Auseinandersetzungen, in denen die Polizei mit Schlagstöcken, Wasserwerfern und Pfefferspray gegen diese vorging. Die Verhältnismäßigkeit der Polizeieinsätze wird infrage gestellt.

Dennoch gelang etwa 5.000 Demonstrant*innen ein Durchbruch durch die polizeilichen Barrikaden und sie drangen laut „widersetzen“ bis zu den Hessenhallen vor.

Abgeschlossen wurde der Tag ab 15 Uhr mit einer Abschluss-Demonstration durch die Stadt.

(Lektoriert von lurs und jub)

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