Sneak-Review #172: Booksmart
Olivia Wildes Regiedebut karikiert, was das Zeug hält. In „Booksmart“ wollen zwei beste Freundinnen auf der High-School-Abschlussparty es das erste Mal so richtig krachen lassen. Eine weitere 0815 Teenager-Komödie?
Worum geht’s?
Molly (Beanie Feldstein) und Amy (Kaitlyn Dever) sind allerbeste Freundinnen, haben die gesamte High School miteinander verbracht und nun ist das Ende ihrer Schulzeit gekommen. Nur gehörten die beiden eher zu dem nicht angesehenen Teil ihres Jahrgangs, da sie stets fleißig gelernt haben und Zeit mit sich selbst verbrachten, weswegen sie auf die letzte, pompöse Hausparty von ihren Mitschüler:innen gar nicht erst eingeladen wurden. Obwohl sie ihren Jahrgang selbst als degeneriert betrachten, verärgert das die Freundinnen so sehr, dass sie sich entschließen, auf eigene Faust zu dieser nächtlichen Veranstaltung zu gelangen, koste es, was es wolle.
Startschwierigkeiten
Booksmart fängt leider sehr holprig an. Dem:der Zuschauer:in wird in den ersten dreißig Minuten einfach keine freie Sekunde zum Atmen gegeben. Wir lernen die beiden High-School-Absolventinnen und ihr Umfeld an Klassenkamerad:innen kennen, doch das in einem viel zu rasanten Tempo. Sobald Sätze von Molly oder Amy zu Ende gesprochen sind, gibt es sofort einen Schnitt, laute Pop-Musik spielt ein und uns wird der:die nächste Schüler:in vorgestellt. Es gibt eben keine kurzen Pausen vor dem Schnitt, also zwischen den Kameraeinstellungen, um das Gesagte erstmal in den Kontext des Films zu packen. Stattdessen prasseln stakkatoartig neue Eindrücke auf den:die Zuschauer:in ein, die er:sie gar nicht in dieser Schnelle verarbeiten kann. Das sorgt dafür, dass die einzelnen Szenen in den ersten dreißig Minuten von Booksmart auch in eine komplett andere Reihenfolge geschnitten werden könnten und es von der Geschichte her keinen Unterschied machen würde. Das ist leider kein gutes Zeichen. Es führt jedenfalls dazu, dass kaum ein Gag wirklich sitzen kann, so schnell gerät er in Vergessenheit.
Eine Komödie zum Wohlfühlen
Auch nach der anfänglichen halben Stunde bleibt Booksmart schrill und vollgestopft mit karikierten Figuren, die alle ihre Eigenschaften mit einer 11/10 vor der Kamera verewigen. Zum Glück fängt sich im späteren Verlauf das Schnittmassaker, was dann endlich für die ersten tatsächlich witzigen Situationen sorgt. Und je länger der Film in seiner Erzählung voranschreitet, desto sympathischer werden Molly, Amy und viele weitere dieser Figuren. Wir bekommen die Fassade hinter den Teenagern zu Gesicht, ihre Probleme, die sie täglich mit sich rumschleppen. Auch wenn man es Booksmart anfangs nicht zutrauen würde, der Film versucht, mit Vorurteilen aufzuräumen. Vor allem die beiden Hauptpersonen haben mehrere Konflikte mit sich selbst auszutragen.
Klischees wie das der „Schulschlampe“, des dummen aber schönen Footballspielers oder auch die soziale Hierarchie, wie man sie aus Filmen wie Girls Club kennt, sind sichtbar vorhanden, werden aber nicht weiterführend betrachtet. Das Ansprechen reicht nicht, da darf man als Regisseurin, gerade in einer Teenager-Komödie, auch mal die Krallen ausfahren. Kurz gesagt: Der Film ist zu seicht. Erzählerisch wirklich Neues bietet Booksmart dadurch nicht. Es gibt wieder diese eine Party, auf die man zum Abschluss unbedingt gehen muss, sonst ist man einfach nicht cool. Irgendwann gibt es den zu erwartenden Streit der Freundinnen, dann die Versöhnung und zum Ende hat sich sogar der ganze Jahrgang ganz doll lieb. Das haben schon viele Filme vorher gezeigt. Superbad von 2007, Schule von 2000, American Pie von 1999 oder der dieses Jahr erschienene Good Boys, die Liste ist lang. Jetzt sind zwar in der Hauptrolle zwei Mädchen, dennoch bleibt das Konzept recht starr im direkten Vergleich mit den Vorgängern.
Die Gags
Nun soll das ganze aber vor allem eines sein: witzig. Und ja, viele Gags zünden und kommen sehr überraschend daher, wenn der Film die Probleme des ersten Aktes beiseite legt. Gerade ein Running Gag ruft jedes Mal aufs Neue Lachmuskelkater hervor. Ebenfalls ist positiv zu vermerken, wie wenig Fäkalhumor im Streifen gelandet ist. Die Darsteller:innen leisten eine fantastische Arbeit und durch sie bleibt der Streifen mit seinen 102 Minuten sehr kurzweilig. Doch letztendlich macht sich Booksmart nicht von allen Krankheiten der vorherigen Vertreter dieses Genres frei.
„Booksmart“ startet ab dem 14. November in den deutschen Kinos
FOTO: Annapurna Pictures