Sneak-Review #170: Official Secrets
Diese Sneak handelt von einer Frau, die ein geheimes Dokument an die britische Presse weitergibt, was verheerende Folgen mit sich führt. Haben wir hier das „Spotlight“ Großbritanniens oder ist „Official Secrets“, inszeniert von Gavin Hood, ein spannendes Eigenwerk? Das erfahrt ihr hier!
Worum geht’s?
Katharine Gun (Keira Knightley) arbeitet Anfang 2003 als Übersetzerin für die Government Communication Headquarters (kurz GCHQ), einen Nachrichtendienst der britischen Regierung. Guns Aufgabe besteht darin, Gespräche hochrangiger Personen aus anderen Länder abzuhören und gesagte Worte in Schrift zu verfassen. Eines Tages wird eine E-Mail von der NSA an sie weitergeleitet. Von nun an soll sie UN-Abgesandte überwachen, welche dem kommenden Irak-Krieg kritisch gegenüberstehen. Da beschließt Gun, die Mail zu kopieren und über die Freundin einer Freundin an Zeitungen zu tragen, wodurch sie gegen den „official secret act“ verstößt. Spätestens hier müsste bei den sehr speziellen Begrifflichkeiten klarwerden: Der Streifen basiert auf wahren Ereignissen.
Handwerklich hervorragend
Wenn man sich die vorherigen Werke des Regisseurs Gavin Hood ansieht, könnte man mit Official Secrets den nächsten Totalausfall erwarten, denn zu Hoods Filmografie gehören Wolverine: X-Men Origins oder Enders Game: Das große Spiel. Das ist hier zum Glück anders! Der Film brilliert mit einer ruhigen Erzählung, deren Spannungskurve stetig steigt und bis zum Ende nicht einbricht. Immer enger zieht sich die Schlinge um Gun und ihr Handeln. Ihre Entwicklung vom verzweifelten Whistleblower zur selbstbewussten Erscheinung im Gerichtssaal ist ebenfalls nachvollziehbar eingefangen worden.
Stichwort eingefangen: Die Kamera unterstützt den Film zu jeder Sekunde hervorragend. Knightley befindet sich anfangs nie im Mittelpunkt des Bildes, nach Erhalt der NSA-Mail gerät sie zum ersten Mal ins Zentrum und je weiter der Film voranschreitet, desto öfter gehört dieses ihr. Das unterstreicht ihr selbstsicheres Verhalten umso besser. Da hat jemand sein Handwerk verstanden.
Erzählerisch kann man „Official Secrets“ auch wenig vorwerfen. Alle Figuren ergeben in der Handlung einen Sinn, einzig die Liebesgeschichte Guns verkommt zu ihrem moralischen Ankerpunkt und nichts weiter. Es werden unterschiedliche Aspekte sämtlicher, mit dem Dokument wohl oder übel in Kontakt stehende Instanzen gezeigt. Wie geht die Zeitung mit dem Leak um, warum hadert sie zu Beginn noch mit der Veröffentlichung oder wie sieht es aus juristischer Sichtweise aus? Ist Gun eine Spionin oder Verräterin? Wo liegt der Unterschied? Schuldig oder nicht schuldig? Damit macht Official Secrets letzten Endes ein ganz anderes Fass auf als „Spotlight“, der sich überwiegend auf die Recherche zu einem kritischen Thema bezieht.
Dennoch sollte angemerkt werden, dass Regisseur Gavin Hood sich etwas übernimmt mit den Betrachtungsweisen. Es sind eben so viele, dass Darsteller:innen das Geschehene nochmal für die Zuschauer:innen aufsagen und nicht deswegen, weil die anderen teilnehmenden Gesprächspartner im Film den Faden verloren haben. Das kommt vor und ist auch dem Genre geschuldet. Von den etlichen Polit-Thrillern da draußen ist Official Secrets an Exposition aber noch harmlos. Trotzdem ist man als Zuschauer:in auf die eigene Aufmerksamkeit angewiesen. Wer in der ersten halben Stunde nicht aufpasst, der könnte wichtige Details und Namen vergessen, die eben nicht nochmal ausufernd im Nachhinein besprochen werden.
Das Schauspiel aller Akteure ist ebenso stilsicher eingefangen. Knightley kann schauspielen, nur wurde ihr in Fluch der Karibik nie die Möglichkeit dazu eingeräumt. Hier bringt sie die Whistleblowerin authentisch rüber und was möchte man mehr in einem Film über wahre Begebenheiten? Voldemort Darsteller Ralph Fiennes und Doctor Who Schauspieler Matt Smith sind auch vor der Kamera zu sehen und zeigen ein herrliches darstellendes Spiel wie eh und je.
„Official Secrets“ startet am 21. November in den deutschen Kinos.