Sneak-Review #173: Le Mans 66 – Gegen jede Chance

Sneak-Review #173: Le Mans 66 – Gegen jede Chance

Die Klimax des Kinojahres 2019 ist somit erreicht. In „Le Mans 66“ bringt Regisseur James Mangold gemeinsam mit Matt Damon und Christian Bale mehr als Bremseisen zum Glühen und Hochgeschwindigkeiten wie noch nie zuvor auf die Leinwand.

Worum geht’s?

Wir befinden uns in der Mitte der 60er. Nachdem die Ford Motor Company versuchte, das bankrotte Automobilunternehmen Ferrari aufzukaufen, dies jedoch misslang, möchte der gekränkte Vorstand Henry Ford II (Tracy Letts) nun den schnellsten Rennwagen der Welt bauen, um Ferrari beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans auszustechen. Dazu benötigt er Carroll Shelby (Matt Damon), der 1959 als einziger Amerikaner dieses Rennen gewinnen konnte. Doch Shelby baut seitdem nur noch Autos und möchte nicht mehr hinter das Steuer, wenn es sich um kompetitive Auseinandersetzungen auf dem Asphalt handelt. So engagiert der Konstrukteur eben einen Rennfahrer aus guten alten Zeiten. Ken Miles (Christian Bale) soll sich als Hauptfahrer hinter das Steuer klemmen, doch hat er eine trotzige Art und Meinungen, die er auch ungefragt vor den Vorständen klar und deutlich verbreitet. Konflikte sind somit gleich zu Beginn auf der Überholspur. Der Film basiert wieder auf einer wahren Begebenheit.

Die perfekte Mischung

Nachdem vom Ford-Manager der Vorschlag unterbreitet wurde, in Le Mans auf das Gaspedal zu treten, das Ziel des Films somit ausgesprochen wurde, verliert es die Geschichte nicht mehr aus den Augen. Der Streifen schlurft nie vor sich hin. Allgegenwärtig schwebt der zu erhoffende Sieg wie eine Zielgerade über den Figuren und ihren Visionen von Schnelligkeit und Eleganz. Das macht den Film kurzweilig, selbst mit einer Lauflänge von über 150 Minuten. Das Meiste davon wird auf den Schultern von Shelby und Miles getragen. Zwei ikonische Figuren, einhergehend mit zwei legendären Darstellern. Das kombiniert mit James Mangold, der 2017 den feinfühligen Logan in die Kinos brachte, bildet Le Mans 66 den Höhepunkt des Kinojahres 2019. Jeder Satz sitzt genau an der richtigen Stelle im Drehbuch, der Spannungsbogen ist ausgeklügelter als die gezeigten Motoren und die Soundeffekte donnern kerniger aus den Boxen des Saals als jeder Fast and the Furious – Teil.

Mehr als nur Karosseriefetisch

Je mehr der Film dem Abspann entgegen brettert, desto deutlicher wird die Freundschaft zwischen Shelby und Miles, mögen die beiden noch so unterschiedlich sein. Der Traum und ihre Aufgabe treiben sie gemeinsam voran. Der eine baut die Rennbestien, der andere fährt sie, kotzt sich nach der Testfahrt bei den Konstrukteuren über das Fahrverhalten und die Komponenten aus und Optimierungen werden vorgenommen. Doch auch Beziehungen zu anderen Charakteren kommen nicht zu kurz. Die Szenen mit Miles Ehefrau Mollie (Caitriona Balfe) oder Sohn Peter (Noah Jupe) sind klasse. Man hängt an den Lippen jedes einzelnen Charakters. Die Autos sind eben nur die Objekte, auf deren Basis sich ein sensibles Drama entpuppt. Die Chemie der Darsteller:innen stimmt zu jedem Zeitpunkt. Bei der ganzen Ernsthaftigkeit kommt dennoch nie der Witz zu kurz. Wenn Shelby in der Boxengasse italienische Stoppuhren zum Zeitmessen von Miles Rundengeschwindigkeit benutzt, sitzt der Sarkasmus.

Das ist aber längst nicht alles. Durch die Konkurrenz zwischen Ford und Ferrari sieht man eben auch die Anzugträger und ihre Interessen, die Firmen erfolgreicher werden zu lassen. Das ergibt eine bisher einzigartige Mischung unter den Rennfilmen, die ein Rush von 2012 oder Tage des Donners von 1990 nicht erreichten. Einen ganz kleinen Kritikpunkt gibt es dann aber doch, es ist die Vater-Sohn-Beziehung von Miles zu Peter. Die Gespräche sind gerade zu Anfang wunderbar, doch später doppeln sie sich. Hätte man die Gespräche etwas gekürzt, wäre der Film noch knackiger, als er ohnehin schon ist. Ansonsten hat jede Figur genau ihren zeitlich ausgetüftelten Part in der Erzählung.

Hochgeschwindigkeiten wie noch nie zuvor

Technisch muss sich Le Mans 66 ebenfalls nicht hinter den größten Blockbustern des Jahres verstecken, denn er schafft etwas im Genre bisher Unerreichtes: Die computeranimierten Bilder lassen sich nicht mehr von echten unterscheiden. Es sieht wirklich so aus, als würden die vor PS nur so strotzenden Rennmaschinen auf der Piste entlangsausen. Apropos entlangsausen: Geschwindigkeit wird hier realistisch eingefangen. Wenn die Autos auf über 200 km/h beschleunigen, die Motorengeräusche die Kinosessel vibrieren lassen und jede Schweißpore auf Christian Bales Gesicht von der Kamera aufgenommen wird, ist Gänsehaut vorprogrammiert. Es gibt Kamerafahrten und Einstellungen in diesem Film, die sind von solcher Schönheit, man könnte sie sich einrahmen und sofort an die Wand hängen.

„Le Mans 66 – Gegen jede Chance“ startet ab dem 14. November in den deutschen Kinos

FOTO: Twentieth Century Fox

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