Sneak Review #275: Geheimagent*innen im Zwielicht

Bild: Judith Braun und Nowa Sirwan Ahmed
Mit Black Bag – Doppeltes Spiel kehrt Filmregisseur Steven Soderbergh zurück in die Welt der Täuschung und Geheimnisse – und knüpft dabei an frühere erfolgreiche Thriller wie Haywire oder Side Effects an. Der Film ist optisch schön inszeniert und zeigt wieder Soderberghs Gespür für Spannungen zwischen den Figuren.
Vertraue niemandem!
Im Mittelpunkt stehen die verheirateten britischen Geheimagent*innen George Woodhouse (Michael Fassbender) und Kathryn St. Jean (Cate Blanchett), deren Loyalität auf die Probe gestellt wird. Eines Tages wird Kathryn beschuldigt, ihr eigenes Land verraten zu haben – woraufhin George sich fragt, ob das wirklich stimmen kann. Fünf Verdächtige treten nach und nach in den Vordergrund. Dabei wird schnell deutlich, dass sich George in einem inneren Konflikt befindet: Gilt seine Loyalität dem Staat oder seiner Frau?
Hintergrund ist eine streng geheime Software, die geleakt wurde und nun in russische Hände geraten ist. Ein Spiel aus Zweifel, Nähe und Verrat nimmt seinen Lauf.
Rein ins Spiel
Mit seinen knappen 93 Minuten vergeudet Black Bag – Doppeltes Spiel keine Zeit. Gleich zu Beginn, in einer Dinner-Szene, werden alle sechs Figuren eingeführt. Neben dem Agent*innenpaar Woodhouse lernen wir die vier Verdächtigen kennen – ebenfalls zwei Paare, zwischen denen es direkt zu Spannungen kommt. Das macht Georges Suche nach der Wahrheit umso komplizierter.
Im weiteren Verlauf zeigt der Film, dass jede Figur ihre eigenen Macken und Motive hat. Selbst Kathryn, Georges Ehefrau, bleibt bis zum Schluss ohne klares Alibi – was seine Aufgabe nicht leichter macht.
Besonders spannend sind die Szenen, in denen George aus einer Art Kamera-Perspektive gefolgt wird – das bringt die Zuschauer*innen näher an ihn heran und verstärkt das Gefühl, wirklich mitten im Geschehen zu sein.
Wenig Action – viel Spannung
Action-Szenen sucht man in Black Bag – Doppeltes Spiel fast vergeblich – doch spannend ist es allemal. Statt Explosionen oder wilden Verfolgungsjagden lebt der Film von Gesprächen, kleinen Blicken und Gesten, die Misstrauen und Spannung erzeugen. Das Erzähltempo bleibt dabei hoch: Ein Ereignis folgt rasant auf das nächste, ständig in der Hoffnung, einen entscheidenden Hinweis zu entdecken. Die Informationen werden dosiert, aber wirkungsvoll gestreut – so bleibt das Rätsel bis zum Schluss spannend.
An keinem Moment wird es zäh. Im Gegenteil: Gerade weil so vieles unausgesprochen bleibt, bleibt man als Zuschauer ständig aufmerksam. Wer lügt? Wer spielt falsch? Und wie lange kann George der Wahrheit noch ausweichen?
„Wenn man immer die perfekte Ausrede zum Lügen hat, warum sollte man dann jemals die Wahrheit sagen?“
Dieses Zitat aus dem Film bleibt hängen. Es bringt die Arbeitswelt der Geheimagent*innen auf den Punkt: Wenn niemand wissen darf, wohin man geht, reicht ein einziges Wort – „Black Bag“.
Diese Tarnung macht Lügen nicht nur möglich, sondern beinahe selbstverständlich, selbst in einer Ehe. Genau das macht die Dynamik zwischen George und Kathryn so spannend: Hat sie ihn hintergangen? Oder ist er es, der etwas verbirgt? Auch bei den anderen Figuren weiß man nie, wem man wirklich glauben kann. Der Film spielt mit dieser Unsicherheit – und das macht ihn so fesselnd.
Bis zur letzten Minute
Dem Film konnte ich nur Positives abgewinnen. Ich war bis zum Schluss damit beschäftigt, alle Puzzleteile zusammenzusetzen, um die Wahrheit zu erkennen. Besonders das Finale sorgt nochmal für Spannung. Alle sechs Figuren stehen erneut im Mittelpunkt und nichts ist eindeutig.
Auch die Reaktionen des Sneak-Publikums waren überwiegend positiv: 90 % (113 Stimmen) bewerteten den Film als gut, nur 10 % (13 Stimmen) sahen ihn eher negativ.
Der britische Spielfilm läuft ab dem 15. Mai in den deutschen Kinos, sowohl in der Originalversion als auch auf Deutsch.
(Lektoriert von jub und lurs.)