„Film trifft Stadt“: Ein unvergessliches Erlebnis

„Film trifft Stadt“: Ein unvergessliches Erlebnis

Bild: Sindy Horitzky

Am 28. Juni las Charlotte Inden im Capitol Kino aus ihrem historischen Roman Im Warten sind wir wundervoll. Eingeladen hatte das Oberstadtbüro im Rahmen des Projekts „Film trifft Stadt – Die Magie des Films in Marburg erleben“, das Marburg als literarisch-filmische Kulisse ins Zentrum rückt. Die Autorin entführte das Publikum ins Marburg des Jahres 1945 und in die bewegende Geschichte der sogenannten War Bride Luise Adler – einer jungen Deutschen, die in der Nachkriegszeit zwischen Liebe, Verlust und Hoffnung ihren Weg sucht.

Luise Adler steht 1948 am Flughafen von New York und wartet auf ihre große Liebe, ein amerikanischer Soldat. Dieser versetzt sie jedoch. Das Foto der jungen Frau wird zum Medienthema. Jahrzehnte später erzählt ihre Enkelin ihre Geschichte einem Fremden im Flugzeug hoch über dem Atlantik – in der Hoffnung, dass ihre wahre Liebe bereits am Zielflughafen auf sie wartet und sie endlich heiraten können.

Liebesgeschichten in der Oberstadt

Charlotte Inden las nicht nur aus ihrem Roman, sondern berichtete auch von dem Impuls, der sie zum Schreiben brachte: ein Spiegel-Artikel über Elisabeth Albinus – eine junge Frau und sogenannte War Bride, die sich während des Krieges mit einem alliierten Soldaten verlobte. Sie wartet am Flughafen auf ihre große Liebe, einen amerikanischen Soldaten. Dabei wird sie fotografiert – ein Bild, das um die Welt geht. Aus der historischen Figur wurde eine fiktionale Heldin, aus einem Zeitungsartikel eine beinahe filmische Liebeserklärung an Marburg. In poetischen Bildern schildert Inden die verschneite Oberstadt im Winter 1945: die rutschigen Treppen, das knirschende Eis – Bilder, die beim Zuhören lebendig wurden. Der Schauplatz ist dabei kein Zufall: Am 28. März 1945 wurde Marburg von amerikanischen Truppen kampflos eingenommen und vom Nationalsozialismus befreit. Diese historische Realität ist kunstvoll in die Romanhandlung eingewoben.

Oberstadtgeflüster im Kinosaal

Bei sommerlichen Temperaturen bot das Capitol-Kino eine willkommene Abkühlung – nicht nur durch die Klimaanlage, sondern auch durch die entspannte Atmosphäre und kostenlose Getränke. Oberbürgermeister Thomas Spies eröffnete den Nachmittag mit einem bewegenden Grußwort, in dem er der Autorin und dem hessischen Wirtschaftsministerium für die Unterstützung des Projekts dankte. Das Konzept „Film trifft Stadt“ wurde im Landeswettbewerb „Ab in die Mitte!“ mit 15.000 Euro prämiert. Ziel ist es, Marburg als Filmkulisse sichtbarer zu machen – mit Lesungen, Stadtführungen, Drehorttouren und Gesprächen rund um den Film. Die Lesung schlug eine besondere Brücke zwischen Literatur, Film und Stadtgeschichte und dies an einem Ort, an dem sich diese drei Ebenen geradezu magisch verbinden.

„Ich bin jetzt Kleinstadtliebhaberin“

Nach der Lesung stellte sich Inden den Fragen des Publikums. Dabei verriet sie, dass sie einst selbst in Marburg studiert und sich damals in die Stadt verliebt hat. Heute lebt die gebürtige Düsseldorferin in Karlsruhe und ist überzeugte „Kleinstadtliebhaberin“. Für sie ist Marburg mehr als ein Studienort: Es ist ein Ort der Erinnerung, der Literatur und der Liebe. Genau das wurde in dieser Lesung spürbar – ein intimer und literarischer Abend. Sabrina Heun von der Wirtschaftsförderung der Stadt Marburg schloss die Veranstaltung mit einer kurzen Abschlussrede und einem großen Dank an die Autorin.

War Brides, Marburg und ich

Diese Lesung war besonders – nicht nur wegen der kühlen Getränke. Charlotte Inden gelingt es, mit ihren Worten Kinobilder zu erschaffen. Ich habe Luise förmlich durch den Schnee der Oberstadt laufen sehen. Wer sich selbst in diesen emotional aufgeladenen Roman verlieben möchte, kann ihn im Buchhandel für 22 Euro vom Piper Verlag erwerben. Und wer wissen will, wie Marburg zum Ende des Zweiten Weltkriegs wirklich aussah, dem sei das Archivmaterial des Hessischen Rundfunks empfohlen: Marburg 1945

(Lektoriert von jub und jap.)

studiert derzeit Literaturvermittlung in den Medien im Master an der Philipps-Universität Marburg. Sie interessiert sich besonders für die Schnittstellen von Literatur, Medien und Gesellschaft. Und bringt ihr Wissen aus der Literaturwissenschaft in ihre journalistische Arbeit ein.

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