Das Ende des Kapitalismus mit Ulrike Herrmann
Bild: Sophia W., Laura Schiller
Am 8. Februar 2024 hielt die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann in Marburg einen Vortrag zum Thema „Warum Kapitalismus und Wachstum nicht vereinbar sind und wie wir in Zukunft leben werden“. Roter Faden war dabei ihr aktuelles Buch, in dem sie sich mit dem „Ende des Kapitalismus“ auseinandersetzt. PHILIPP-Redakteurin Sophia war für euch dabei.
Die Veranstaltung fand im Technologie- und Tagungszentrum im Marburger Südviertel statt und war so gut besucht, dass zu Beginn zusätzliche Sitzplätze geschaffen werden mussten. Die Altersstruktur war eine andere als die aus den Uni-Vorlesungen gewohnte, war es hier doch vorwiegend die ältere Generation, die sich anscheinend für die Themen Klimawandel und Kapitalismus interessiert.
Humoristisch angehaucht folgte der Vortrag einem klaren Argumentationsstrang, von der Frage, weshalb der Kapitalismus nicht das Gesellschaftsmodell der Zukunft sein kann über mögliche, Herrmann zufolge jedoch nicht anzustrebende, Alternativen hin zu ihrem selbst erarbeiteten Lösungsansatz.
Ausgangspunkt ist die Rechnung, dass unsere bisherige Lebensweise nicht vereinbar ist mit dem Ziel, den Klimawandel zu stoppen, bräuchten wir dafür doch gleich mehrere Erden. Aufgrund seiner Angewiesenheit auf Konsum und Wachstum, welches von (fossilen) Energien getragen wird, stoße daher auch der Kapitalismus bald an eine natürliche Grenze. Den Konsum gänzlich einzustellen sei aufgrund der fatalen Auswirkungen auf Wirtschaft und damit auch Wohlstand der Bevölkerung keine wirkliche Alternative – genauso wenig wie das seitens der Politik geförderte „Grüne Wachstum“, das nach Herrmann schlichtweg eine Utopie ist.
„Grünes Schrumpfen“ als potentieller Ausweg
Dies führt zu ihrem eigenen, auf Schätzungen und Gedanken basierenden Konzept des „Grünen Schrumpfens“, bei dem es darum geht, die Wirtschaftsleistung in geordneter Weise zurückzufahren – zugunsten des Klimas und damit der Lebenswürdigkeit auf der Erde. Als studierte Historikerin liegen ihre Anhaltspunkte dabei in der Geschichte, so entspricht das anvisierte Bruttoinlandsprodukt (BIP) dem von 1978, die Idee einer demokratischen Planwirtschaft derer der Briten im Zweiten Weltkrieg.
Dennoch solle es sich nicht um eine Rückkehr in frühere Zeiten handeln, vielmehr um einen Wandel, bei dem manches schrumpft oder wegfällt – so etwa Flugreisen, Banken und die Automobilindustrie – und im Gegenzug Neues dazukommt. So erfordere der Bau von Pipelines für Wasserstoff, Naturschutz und eine ökologische Landwirtschaft zukünftig dann mehr Beschäftigte, die Bevölkerung könne somit weiterhin ein, wenn auch geringeres, Einkommen beziehen. Es müssten eben Einschnitte gemacht werden. Diese Verkündung stieß im Publikum nicht gerade auf Begeisterung. Dann schon eher die Aufmunterung, dass jene Einschnitte für die heutigen Reichen viel gravierender ausfallen, als für die „arme Mehrheit“ der Bevölkerung.
An den Vortrag schloss sich dann eine Diskussionsrunde, in der Zuhörer*innen Fragen stellen konnten. Die Fragen waren bunt durchmischt, meist mit Meinungsbekundungen der Sprechenden verbunden und größer in der Zahl, als es der zeitliche Rahmen erlaubte. Um das Ganze abzurunden, bestand jedoch danach noch Raum für Gespräche im Rahmen eines Getränks, sowie die – hier dann doch ganz klar kapitalistische – Möglichkeit, Herrmanns Bücher zu erwerben. Das Ende steht eben erst noch bevor …