Zifonun zeigt, was ein Marburger Prof. auf Insta macht
Foto: privat; Collage: Rebecca G.-A.
Unter dem Namen zifonun zeigt… teilt der Marburger Soziologieprofessor Dr. Dariuš Zifonun seit fast einem Jahr eine Mischung aus praktisch-informativen Posts und fachlichen Inhalten auf Instagram. Wieso er das Projekt gestartet hat, was er sich von der Nutzung neuer Kommunikationsräume erhofft und wieso Instagram keine Litfaßsäule ist, erzählt er hier in einem Gastbeitrag.
Die Idee, als Professor auf Instagram aktiv zu werden, kam mir zum ersten Mal vor zwei Jahren. Damals haben wir am Institut für Soziologie und im Fachbereich oft darüber gesprochen, wie wir mehr Studierende für unsere Studiengänge begeistern können. Während andere auf neue Imagefilme oder eine optimierte Website setzten, war ich skeptisch, ob das erfolgversprechend ist. Stattdessen habe ich mich gefragt: Warum nicht direkt dorthin gehen, wo die potenziellen Studierenden sowieso unterwegs sind – auf Social Media. Und ich dachte auch, dass man das schlecht zentralisieren kann und nicht einfach anderen, zum Beispiel der Hochschulkommunikation oder dem Studierendenmarketing überlassen sollte. Sondern, dass der Impuls vom Fachlichen her kommen muss: also direkt von Professorinnen und Professoren wie mir.
Am Anfang stand also die Idee, das Interesse von potenziellen neuen Studierenden am Fach Soziologie zu wecken, die vielleicht noch keine Ahnung haben von Soziologie, die die Universität als Institution nicht kennen und auch die Uni Marburg als Studienort nicht auf dem Schirm haben, aber vielleicht neugierig gemacht werden können. Da ich keine Ahnung hatte, wie ich an diese Zielgruppe rankommen könnte, habe ich das dann erstmal nicht weiterverfolgt. Aber die Idee, soziologischen Content auf Social Media zu posten, hat mir gut gefallen. Warum, kann ich nicht genau sagen. Vermutlich hat eine Rolle gespielt, dass es da diesen neuen, unglaublich wichtigen Kommunikationsraum gibt, den man nicht unbesetzt lassen kann und in dem sich neu Möglichkeiten für die Wissenschaftskommunikation ergeben könnten.
Einfach mal anfangen
Vor einem Jahr habe ich dann beschlossen, einfach mal damit anzufangen, ohne mir große Gedanken darüber zu machen, wer sich das anschaut und ohne zu entscheiden, in welche Richtung Inhalt und Form gehen soll. Als ich dann meinem Team von der Idee berichtete, stelle sich heraus, dass meine damalige Tutorin Rebecca Größ-Ahr aus anderen Jobs, die sie gemacht hatte, schon viel Erfahrung mit Instagram hatte. Wir haben dann das Logo und die ersten Posts gemeinsam entwickelt, Rebecca hat mich in Canva eingeführt, von ihr stammt das Farbschema und sie hat Vorlagen erstellt, die ich weiterhin benutze.
In den Semesterferien vor dem Sommersemester 2023 habe ich viel Zeit investiert, um mit Ideen zu experimentieren und ein Gefühl dafür zu entwickeln, was und wie ich auf Instagram posten möchte. So entstand eine Mischung aus informativen Posts für Soziologie-Studierende – wie etwa: Wo findet man mein Büro? Welche Seminare biete ich an? Welche Stellen sind an meiner Professur ausgeschrieben? – und fachlichen Inhalten. Dabei wurde mir schnell klar, dass gerade das Erstellen von Beiträgen zu soziologischen Themen richtig viel Spaß macht.
Es reizt mich, in kurzen Videos zu zeigen, was an einem Thema aus soziologischer Sicht spannend ist – es präzise und verständlich auf den Punkt zu bringen, ohne die wissenschaftliche Perspektive und Sprache zu verlieren. Wie kann ich das visuell attraktiv gestalten und den ästhetischen Konventionen von Instagram gerecht werden, ohne sich anzubiedern? Wie kann ich ernsthaft und distanziert sein, wie das für Professoren angemessen ist und gleichzeitig die Nähe und das Spielerische vermitteln, nach denen das Medium verlangt? Das sind Fragen, die sich beim Machen ergeben haben und die ich anregend finde. Mit dem Account-Titel „Zifonun zeigt…“ dachte ich, kann man das beides ganz gut zusammenbringen. Auf der einen Seite das Autoritative – da zeigt einer was und die anderen gucken nur zu – und auf der anderen auch die Personalisierung – da zeigt sich ein Professor auch selbst und verschwindet nicht ganz hinter den Inhalten. Interessanterweise machen die Leute keine Kommentare unter die Posts, da ist die Distanz zum Prof. vielleicht doch zu groß, aber gelegentlich bekomme ich (nette) Nachrichten oder werde angesprochen auf den Account.
Instagram ist keine Litfaßsäule
Mein Eindruck ist, dass andere Professorinnen und Professoren weiterhin primär X verwenden und textbasierte Kommunikation bevorzugen oder Instagram eher wie eine Litfaßsäule nutzen, um Inhalte zu teilen, die sie ohnehin verbreiten würden – ohne diese gezielt auf die Plattform anzupassen. Dadurch erreichen sie ihre Zielgruppe nicht über das bereits Bekannte hinaus. Mein Blick auf Social Media ist, so glaube ich, ziemlich stark durch meine Kinder, die Anfang 20 sind, geprägt. Also, dass Social Media insgesamt ein eher hässlicher und wüster Ort ist, den man andererseits aber auch nicht einfach meiden kann und der auch Chancen bietet.
Bei mir hat sich schnell gezeigt, dass es ein paar interessante Rubriken gibt, zu denen ich immer wieder etwas posten kann: also Bücher vorstellen, auf Forschungsprojekte aufmerksam machen, Forschungsfelder und Fragestellungen präsentieren, mit denen sich die Soziologie selten befasst. Bisher ist es so, dass ich, ohne das bewusst entschieden zu haben, vor allem unsere Marburger Soziologiestudis im Kopf habe, wenn ich einen Post mache. Ich denke, dass der Account thematisch und formal noch breiter werden kann und ich hoffe, dass sich im Laufe der Zeit der Kreis der Follower und Interessierten ausweitet. Zum einen wäre es großartig, wenn mehr Forscherinnen und Forscher Instagram für sich nutzen würden, um ganz konkret über ihre Arbeit oder ihre Forschungsinteressen zu sprechen. Dann könnte man sich aufeinander beziehen und Instagram als Plattform für den Austausch untereinander und nach Außen in die Öffentlichkeit nutzen. Und zum anderen erfüllt der Account vielleicht irgendwann doch noch zusätzlich die Funktion, die ich ursprünglich im Sinn hatte: Studieninteressierte auf die Marburger Soziologie aufmerksam zu machen ohne ödes Wissenschaftsmarketing, das jeder durchschaut und das niemanden interessiert.