Erneute Wohnungsnot zu Semesterbeginn 

Erneute Wohnungsnot zu Semesterbeginn 

Bild: Laura Schiller

Es ist ein wiederkehrendes Thema: Die Wohnungssuche gestaltet sich schwierig, der Wohnraum ist umkämpft, die Mieten sind hoch und Wartelisten für Wohnheime lang. Wie die Lage aktuell in Marburg aussieht und was der AStA dazu sagt, lest ihr hier.

„Und, wie hast du eine Wohnung gefunden?“ Eine Standardfrage zwischen Marburger Studierenden. Gesicherter Wohnraum ist eine existenzielle Notwendigkeit für einen gelungenen Studienstart und ein erfolgreiches Studium. Und doch gibt es kaum ein Thema, das die Marburger Studierenden zu Semesterstart so sehr beschäftigt. Um die 5.500 Studierende haben im Wintersemester 2023/24 ein Studium an der Philipps-Universität begonnen. Der daraus entstehende Bedarf an Wohnraum konnte auch in diesem Semester nicht gedeckt werden. 

Das Problem ist vielschichtig. Eine nahtlose Wohnungsübergabe von Absolventen*innen und neuen Studierenden ist eine Theorie, die nicht aufgeht. Auch aufgrund der deutschlandweiten Wohnungsnot in den Ballungsräumen ist ein nahtloser Umzug nach Studienabschluss Wunschdenken. Studierende geben im Schnitt 54 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus, in der Gesamtbevölkerung sind es nur 25 Prozent. Auch internationalen Studierenden fehlen die Ressourcen für die Wohnungssuche auf dem deutschen Markt. 

Ausbau und Renovierung der Studierendenwohnheime dringend notwendig

Die erste Anlaufstelle für diese Problematik ist das Studierendenwerk. Das Deutsche Studierendenwerk e.V. (DSW) ist der Verband der 57 Studenten- und Studierendenwerke in Deutschland. Es vertritt entsprechend seiner Satzung deren Interessen sowie die sozialpolitischen Belange der Studierenden. Zu den Kernaufgaben der Studierendenwerke gehört die Versorgung von Studierenden mit preisgünstigem und studiengerechtem Wohnraum in Studierendenwohnheimen. Zuletzt forderte die DSW-Präsidentin Prof. Dr. Beate A. Schücking eine ausreichende und nachhaltige Finanzierung.

2.100 Wohnheimplätze bietet das Studierendenwerk Marburg an. Doch viele Häuser sind renovierungsbedürftig. „Die Häuser stammen überwiegend aus den 1960er Jahren – insofern stehen wir dort natürlich auch vor der Herausforderung, Sanierungen durchführen zu müssen. Das bedeutet aber auch wiederum, dass dieser Wohnraum vorübergehend nicht zur Verfügung steht“, so das Studierendenwerk Marburg auf Anfrage. So sollen nach der derzeit laufenden Sanierung im kommenden Jahr im Christian-Wolff-Haus 20 neue Wohneinheiten entstehen. Auch der Neubau eines größeren Wohnheim-Komplexes am Richtsberg sei in Planung. In diesem Oktober gab es wieder Notquartiere in den Marburger Studierendenwohnheimen. Fest steht, die Warteliste des Studierendenwerks Marburg bleibt lang. 

Privater Wohnungsmarkt überlastet

Private Wohnheime dagegen sprießen in ganz Deutschland aus dem Boden. Auch in Marburg gibt es seit neuerer Zeit die Study Apartments Marburg. Zudem hat auch das Bistum Fulda zu diesem Semester das KA.RE. Marburg eröffnet. Das katholische Regionalhaus beherbergt nun unter anderem auch 14 neue Apartments für Studierende. Das Vilmarhaus der evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck bietet seit den 1960er Jahren Platz für 112 Studierende in drei Wohnheimen. 

Wer keinen Platz in einem Studierendenwohnheim erhält, informiert sich oft über die gängigen Internetseiten wie Kleinanzeigen und WG-Gesucht. Die Jagd nach einem Zimmer erscheint wie eine olympische Disziplin. Wer nicht sekundenschnell ein neues Inserat entdeckt und eine ansprechende Werbung für sich verfasst, ist raus. Bei Wohnungsbesichtigungen mit Makler*innen trifft man häufig auf über ein Dutzend andere Verzweifelte. Im Schnitt kostet ein WG-Zimmer in Marburg 400 Euro. 

Zu Semesterbeginn spitzt sich die Lage jedoch weiter zu. Wer es sich leisten kann nimmt hohe Kautionen, Jahresmietverträge und hohe Mietkosten für einen reibungslosen Start in das Studienleben in Kauf.  

„Es geht um das physische Existenzminimum“

Der AStA Marburg bestätigt auf Anfrage: „Die Thematik der Warteliste ist mit der Wohnungsnot verknüpft, denn die Leute, die sich bei uns melden, finden keine Alternative. Wohnheime sind in der Regel wesentlich günstiger als der private Wohnungsmarkt. Gerade zum Semesterbeginn melden sich immer wieder zahlreiche Kommiliton*innen bei uns, die wohnungslos oder sogar obdachlos sind – hierbei geht es um das physische Existenzminimum.“ Es brauche eine Ausfinanzierung der Studierendenwerke und den Bau von mehr Wohnheimen. Zudem müsse in der allgemeinen Wohnungspolitik umgedacht werden.

Für internationale Studierende ist die Lage besonders gravierend. Das AStA Referat für Wohnen und Freiräume schilderte in einer Pressemitteilung, dass zum Semesterbeginn im Oktober besonders viele Studierende ohne deutschen Pass von Wohnungslosigkeit betroffen waren. Bei einem durchschnittlichen Budget von 400 Euro sei bei dieser Studierendengruppe eine monatelange erfolglose Wohnungssuche vorangegangen. Dies zieht Folgeprobleme nach sich. Eine Meldeadresse ist für den Aufbau einer sozialen Sicherungsstruktur notwendig. 

In Marburg machen Studierende 27,7 Prozent der Einwohnerschaft aus. Um dem Problem der steigenden Wohnungsnot entgegenzuwirken, hat die Stadt Marburg unter anderem gemeinsam mit der Universität, dem Studierendenwerk, der Freiwilligenagentur und dem International Office das Konzept „Wohnsupport für Studierende“ zum jetzigen Wintersemester erstellt. Auf Anfrage bestätigte die Stadt: „Bei dem Projekt geht es darum, dass Freiwillige aus Marburg und der Studierendenschaft bei der Wohnungssuche unterstützend zur Seite stehen. Zudem arbeiten wir intensiv mit verschiedenen Partnern daran, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, beispielsweise am Hasenkopf, am Südbahnhof, im Temmler-Areal und an der Beltershäuser Straße sowie am Rotenberg. Zudem hat die Stadt im vergangenen Wintersemester notdürftige Notquartiere zur Verfügung gestellt.“ 

Grundsätzlich sind sich alle staatlichen Stellen einig, dass Wohnraum für Chancengleichheit und eine zukunftsorientierte Entwicklung deutscher Universitäten eine essenzielle Rolle spielt. Die aktuelle Wohnungssituation in Marburg zeichnet aber ein düsteres Bild. Ob die geplanten Maßnahmen Wirkung entfalten und sich die Situation bessert, wird die Zukunft zeigen.


Im Folgenden sind Hilfsangebote für Fälle von Wohnungsnot verlinkt: 

Das Studierendenwerk Marburg bietet verschiedene Angebote und Beratungen zu diesem Thema an. Informieren könnt ihr euch unter: 
https://studierendenwerk-marburg.de/wohnen/unser-service-rund-ums-thema-wohnen/notquartiere/ 

https://studierendenwerk-marburg.de/wohnen/privatzimmerboerse/
https://studentenwerk-marburg.de/beratung-betreuung/10-wichtige-hinweise-fuer-studien-interessierte/

Der AStA hat ein FAQ mit Informationen zur Wohnungssuche

Ihr könnt euch außerdem per Mail unter wohnen[at]asta-marburg.de oder in der Sprechstunde melden.

Bei rechtlichen Fragen können sich Studierende an die kostenlose Rechtsberatung des AStA wenden.

Bei Finanzierungsproblemen, die mit der Wohnungsfrage zusammenhängen, an die Sozialberatung oder Härtefallstelle: https://www.asta-marburg.de/service/

Das Studierendenwerk Marburg bietet verschiedene Angebote und Beratungen zu diesem Thema an. Informieren könnt ihr euch unter: 
https://studierendenwerk-marburg.de/wohnen/unser-service-rund-ums-thema-wohnen/notquartiere/ 

https://studierendenwerk-marburg.de/wohnen/privatzimmerboerse/
https://studentenwerk-marburg.de/beratung-betreuung/10-wichtige-hinweise-fuer-studien-interessierte/

(Lektoriert von hab und jap.)

Paula Köhler ist seit Mai 2024 dabei. Sie studiert Jura und besitzt alle Filme mit Hugh Grant auf DVD.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wordpress Social Share Plugin powered by Ultimatelysocial
Instagram
Twitter