Endgegner*in: Abenteuer Mensa
Bild: Laura Schiller
Wenn dir das Leben Zitronen gibt, gibt dir die wacklige Internetverbindung oder die Drehtür in der Bib vielleicht noch den Rest – in dieser Reihe schreiben wir über die Endgegner*innen des Unialltags, also Dinge, die Studis an den Rand der Verzweiflung bringen. In dieser Endgegner*in erzählt unsere Redakteurin Julia vom kulinarischen Erlebnis Mensa.
Stellen wir uns einmal vor, wir gehen ganz optimistisch in die Mensa am Erlenring. Es ist zwar ein nebliger Marburg-Tag, aber die schummrig beleuchteten Fenster der Mensa und die fröhlichen Gesichter der Gruppen im großen Saal, die wir von außen beobachten können, machen das direkt wett. Da ist diese hübsche kleine Vitrine im zugigen Eingangsbereich, deren kleine grüne Pfeile uns aufmuntern, rechts oder links die Treppen zu nehmen, um unserem Wunschgericht näher zu kommen. Rechts oder links, vegetarisch, vegan oder mit Fleisch? Egal, lassen wir uns oben überraschen! Wir drängeln uns durch die Schlange vor dem Aufwerter-Automaten. Vielleicht steht dort unser Crush an und wir freuen uns insgeheim, dass der andere Aufwerter seit Monaten kaputt ist. So haben wir etwas mehr Zeit, ihn von der Schlange auf der Treppe aus zu beobachten.
Glücklich verträumte 20 Minuten später schnappen wir uns ein Tablett – und da kommt das böse Erwachen. Hinter dem schweinegeschnetzelten Tagesgericht, also auf der vegetarischen Seite, direkt unter dem Schild „fleischloses Menü“, lächelt uns die Mensafrau entgegen, während sie panierte Frischkäseröllchen (?) auf die Theke stellt. Immerhin kein Quinoa-Bratling. Nu, es gibt ja sonst nichts Vegetarisches und, falls wir vegane Freund*innen haben, kommen die wahrscheinlich schon länger eh nicht mehr mit – Glück gehabt.
Na, welche Beilagen erwarten uns heute?
Als Beilagen gibt es Reis, Nudeln von gestern und sehr entspannt in seiner Schale lungernden Brokkoli. Wir sind fast ein bisschen neidisch auf diesen schamlos schläfrigen, weichgekochten Brokkoli. Der Nachtisch sieht aus wie immer, eine Art Pudding mit roter Soße. Aber was will uns das Schild daneben sagen? „HaJo mit Kirschen“ – Was ist HaJo? Die beiden freundlichen Mensafrauen wissen es leider auch nicht. Wir rätseln also gemeinsam etwas. „Es ist veganer Jogurt!“ kommt eine Mensafrau glücklich aus der Küche zurück. Klar! Den hätte unsere Freundin ja sogar essen können. Wir quetschen uns an ein paar Menschen vorbei, die zur richtigen, also auch als Fleisch-Theke deklarierten Seite wollen. Das fleischhafte Tagesgericht auf der fleischlosen Seite scheint ihnen nicht zuzusagen.
Husch husch, die Mensafrau wartet nicht!
An der Kasse angekommen, zücken wir umständlich unsere UCard. Was würden wir nur ohne sie machen! Man kann schließlich nie sicher sein, wo man an der Uni nun mit Bargeld oder mit Karte zahlen kann. Aber eine der Kassen hat aufgerüstet! Für einen schlappen 10er sind wir dabei, unsere UCard doch mit EC-Karte aufladen zu können. Glück auf! Aber wehe, die UCard fehlt. Gott sei Dank hätten wir ansonsten noch unseren Studiausweis, um unsere Subventionsberechtigung zu beweisen. Außer natürlich, er ist noch vom letzten Semester.
„4,55€“ leuchtet es blau auf. Sicher, das müssen die hohen Gaspreise sein, davor ist ja niemand gefeit, da kann man schonmal etwas Verständnis aufbringen. Wir sind ja eigentlich auch hier, um zusammen zu sein, das ist ja quasi wie ein Café-Date. Gutes Essen und schönes Ambiente haben ja auch anderswo ihren Preis. Wenigstens kommt dabei hier im Saal nie eine unangenehme Stille auf.
hat sich nach Ende der Regelstudienzeit im Master Friedens- und Konfliktforschung dazu entschieden, diese Phase mit etwas journalistischem Schreiben zu verlängern. Interessiert sich für (Mittel-)Osteuropa, Neuere Geschichte und Erinnerungskultur(en).