Faul, verrückt und nur am Feiern: Studiengang-Klischees im Fokus

Faul, verrückt und nur am Feiern: Studiengang-Klischees im Fokus

Wir kennen sie alle: Klischees über Studiengänge. Ob unser eigener oder der von Freund:innen. Philosoph:innen fahren später Taxi, Jurist:innen reißen Seiten aus Büchern, um bloß keine Konkurrenz zuzulassen. Doch was von diesen Vorurteilen ist zutreffend und was schlichtweg erlogen?

Ich habe mit drei Studierenden aus verschiedenen Fachbereichen gesprochen, um für euch zumindest ein paar der Klischees zu überprüfen.

Jura – „Marken, Konkurrenzkampf und alles auswendig gelernt?“

Das Erste, was man oftmals hört, wenn man von Jurastudent:innen spricht, ist die vortreffliche finanzielle Lage, in der sich diese befinden. Gespiegelt werden soll dies vor allem durch die gern und quasi immerzu getragenen Markenklamotten. Ob Bluse, Polohemd oder Designertasche. Glaubt man einigen Aussagen, sind diese Dinge geradezu Pflicht in der Jurabib. Vicky (Jurastudentin in Marburg) entschärft dieses Vorurteil. Es sei unter den Studierenden ziemlich gemischt. So gebe es zwar die Markenfanatiker:innen, jedoch existieren die Jogginghosenträger:innen in der Jurabib genauso wie in allen anderen Fachbereichen auch. Das Verhältnis sei ziemlich ausgeglichen.

Ein weiteres Klischee, das man in Verbindung mit Jurastudierenden hört, ist dass sie Seiten aus wichtigen Büchern in der Bibliothek reißen. Doch ist die Konkurrenz bereits während des Studiums so stark, dass zu solch drastischen Mitteln gegriffen wird? Vicky kann dieses Vorurteil nicht bestätigen. Sie hält es nicht für unmöglich, dass dies früher der Fall war, jedoch hat sie selbst es noch nie mitbekommen. Darüber hinaus sei mittlerweile jegliche relevante Literatur online erhältlich, sodass diese Taktik sowieso nicht mehr greifen würde. 

Der dritte Stereotyp ist, dass Jurastudierende alle Gesetze auswendig können müssen. Hier lacht Vicky kurz. Dies sei definitiv nicht der Fall! Im Gegenteil, Gesetzestexte dürfen mit in die Klausuren genommen werden. Man lerne den Umgang damit, jedoch nicht die Paragrafen auswendig. 

Lehramt – „Wissen nicht, was sie machen sollen, nur am Feiern und faul?“

Weit verbreitet ist die Ansicht, dass vor allem diejenigen Lehramt studieren, die nicht wissen, was sie sonst machen sollen. Hierzu habe ich mit Melissa (studiert Sport und Deutsch auf Lehramt in Marburg) gesprochen. Sie hält diese Aussage für ein Klischee. In ihrem Umkreis habe sie das so noch nicht bekommen. Die meisten haben ihre Studien- und Fächerwahl ihren eigenen Interessen angepasst. Ob dies bezogen auf die Schulfächer oder ein allgemeines Interesse sei, sei jedoch unterschiedlich. Des Weiteren würde viele die guten Berufschancen locken, da sie sich mit Lehramt sicherer fühlen als zum Beispiel mit einem reinen Geschichtsstudium. 

Das zweite Vorurteil, das man häufig zu Ohren bekommt, ist das Lehramtsstudierende nur am Feiern sind. Hier macht Melissa einen Unterschied zwischen ihren beiden Fachbereichen. So seien ihrer Erfahrung nach die Sportlehrämtler:innen tatsächlich recht viel am Feiern, wohingegen sie davon im Germanistikbereich bis jetzt nicht viel mitbekommen habe. 

Das dritte Klischee ist wohl das Bekannteste. Viele kennen diese Unterstellungen wahrscheinlich selbst noch aus ihrer Schulzeit. Manche haben diese Aussagen damals vielleicht selbst getätigt: Lehrer:innen sind faul und wollen die Ferien genießen.

Melissa hält diese Vorurteile teilweise für wahr. Es sei durchaus zutreffend, dass einige sich schon auf die später regelmäßigen Ferien freuen. Das habe aber oftmals den Grund, dass diese Personen selbst eine Familie gründen wollen und die Arbeitszeiten als kompatibel damit gelten. Außerdem seien tatsächlich einige Studierende der Überzeugung, dass sie später wenig Arbeit haben werden, Melissa hält dies jedoch für einen Trugschluss. Die Ansicht das Lehrämtler:innen allesamt faul seien, lehnt sie ab. 

Philosophie  „Zukünftige Taxifahrer:innen, verrückt und studieren nicht richtig?“

Ein gar nicht so bekannter Studiengang, der jedoch allerlei Meinungen auf sich zieht. Das gängigste Vorurteil teilt sich dieser Studiengang mit vielen Geisteswissenschaften. Philosoph:innen finden keinen Job und werden daher Taxifahrer:innen. Hierzu habe ich Philipp (Name geändert, Philosophiestudent in Marburg) befragt. Grundlegend hält er zunächst fest, dass alle Stereotypen ihre Berechtigung hätten. Außer Lehrer:innen, Dozent:innen an der Universität oder Mitglied in einem Ethikbeirat, seien keine direkten Berufe für Philosoph:innen vorgegeben. Darüber hinaus sei es durchaus wahr, dass es nicht genug Stellen für alle Studierenden des Fachs gibt. Jedoch gebe es andere Optionen. So wie für viele andere Geisteswissenschaftler:innen steht zum Beispiel der Weg in den Journalismus, einen Verlag oder Ministerienjobs offen. 

Darüber hinaus wird Philosoph:innen oftmals unterstellt, sie seien verrückt. Wie soll das auch anders sein bei der täglichen Beschäftigung mit den großen Fragen des Lebens? Philipp erkennt in dem Studiengang das Potenzial dafür. Jedoch ist seine These, dass die Verrückten von dem Studiengang angezogen werden und nicht dieser jene abdrehen lässt. Er stellt jedoch fest, dass überdurchschnittlich viele verrückte Philosoph:innen existieren. 

Das letzte Vorurteil, das hier thematisiert werden soll, ist dass Philosophie kein richtiger Studiengang sei und somit leichter als die anderen. Hier stimmt Philipp teilweise zu. Die Anforderungen im Philosophie-Bachelor in Marburg seien nicht sehr hoch und es sei durchaus möglich, dieses Fach mit wenig Aufwand zu studieren. In seinem Umkreis würden sich jedoch viele Studierenden aufgrund ihres Interesses sehr bemühen und viel Zeit in das Fach investieren. Darüber hinaus stellt er klar, dass es einige Themenbereiche gibt, die sehr komplex seien und viel fordern. Provokant merkt Philipp zum Schluss an, dass Philosophie eher ein richtiger Studiengang sei als BWL. 

Vielleicht wäre das ein Thema für den nächsten Artikel? Wir warten auf eure Resonanz!

(Lektoriert von let und hab.)

ist 1999 geboren und studiert Deutschsprachige Literatur im Master. Seit Januar 2023 beim Philipp Magazin im Lektorat und der Redaktion tätig.

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