Internationale Schüler*innen forschen im Botanischen Garten
Schüler*innen aus Istanbul bestimmen isolierte Blattpigmente von tropischen Pflanzen. Foto: Christian Deurer
Seit 2010 gibt es im Botanischen Garten der Philipps-Universität Marburg ein Schüler*innenlabor. Klara Plesch ist dort studentische Mitarbeiterin und berichtet von einem kürzlichen Besuch junger Nachwuchsforscher*innen aus Istanbul.
„Was sollen wir denn hier?“ Verwundert durchquerten die elf Schüler*innen das Waldstück auf den Lahnbergen von der Bushaltestelle hin zu den Gebäuden des Botanischen Gartens. Unter einer deutschen Universität hatten sich die Sechzehn- und Siebzehnjährigen etwas anderes als einen Sandweg durch den Wald vorgestellt. Sie sollten aber schnell vom Gegenteil überzeugt werden.
Zwischen Rankenpflanzen, Bananen und Bambus
Das Schüler*innenlabor besuchen jedes Jahr bis zu 800 Schüler*innen aus verschiedenen Schullandkreisen Hessens. Aber auch Oberstufenkurse anderer Bundesländer sind vom Labor überzeugt und treten jedes Jahr die Reise dorthin an. Angelehnt an das Kerncurriculum und das Biologie-Abitur können Schüler*innen hier ihren eigenen „Genetischen Fingerabdruck“ erstellen, Blattpigmente analysieren oder eigene Experimente zur Fotosynthese planen, durchführen und auswerten.
„Das sieht ja aus wie in Brasilien oder Argentinien“, bewunderte ein Schüler das gigantische, saftig grüne Pflanzengewusel, in dem er plötzlich stand. Begeistert davon, dass sich die Deutschlandreise als kleine Weltreise entpuppt hatte, war alle Skepsis vom Anfang verflogen. Genau genommen stand er mit seinen Mitschüler*innen im Tropenhaus des Botanischen Gartens zwischen Rankenpflanzen, Bananen und Bambus. „So warm wie in Istanbul letzte Woche“, kommentierten sie das schwüle Klima.
Im Marburger Regenwald
Mit Messgeräten bewaffnet untersuchten die Schüler*innen meteorologische Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichteinstrahlung im Regenwald Marburgs und bei den Kakteengiganten im Wüstenhaus. Vorsichtig und unter studentischer Aufsicht schnitten sie zwei, drei Blätter ihrer Lieblingstropenpflanze ab. Im Labor angekommen ging es den Blättern dann schnell an den Kragen. Mit Mörser, Quarzsand, Calciumcarbonat und Aceton arbeiteten sich die Schüler*innen Richtung Blattpigmente vor. Mithilfe der Dünnschichtchromatografie, einem chemischem Trennverfahren, trennten sie die verschiedenen Pigmente aus dem grünen Smoothie voneinander und identifizierten anschließend die grünen, gelben und grauen Banden.
Neben dem an diesem Tag durchgeführten Kurs zur Analyse der Blattpigmente gibt es noch einen weiteren Fotosynthese-Kurs, bei dem die Schüler*innen in die Rolle von Wissenschaftler*innen schlüpfen und selbst Experimente planen und durchführen können. Zum Abschluss des Tages trafen die Nachwuchsforscher*innen beim „Meet a Scientist“-Projekt auf internationale Forscher*innen des benachbarten Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie (MPI), die sie mit ihren Fragen löchern durften. Christian Deurer, Lehrer und Seminarleiter in der Lehramtsausbildung, war begeistert von den vielen Frage an die Forscher*innen, musste jedoch einen Abschluss finden, denn die fußballbegeisterten Schüler*innen wollten den Anpfiff des ersten EM-Viertelfinales, Spanien gegen Deutschland, nicht verpassen.
(Lektoriert von hab.)