Mit Prämien belohnt: Wie Marburg umweltfreundliche Mobilität fördern möchte
Die Universitätsstadt Marburg möchte möglichst bis 2030 klimaneutral werden. Durch Konzepte wie MoVe 35 soll dieses Ziel erreicht werden. Als erste Stadt deutschlandweit führte Marburg im Juni eine Prämie für den Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität und den Verzicht auf Autos ein. Was das konkret bedeutet und was unser Redakteur Christoph darüber denkt, lest ihr hier.
Am 9. Juni konnten die Marburger*innen neben der Europawahl auch an dem Bürgerbegehren bezüglich MoVe 35 teilnehmen. Bei dem Bürgerbegehren konnten die Wähler*innen über die Einschränkung des Autoverkehrs in der von Autos überfüllten und von engen Gassen geprägten Stadt entscheiden. Unter anderem durch die Gegenkampagne der Automobilindustrie wohlgesinnter Parteien, entschied eine knappe Mehrheit der Bürger*innen, den Autoverkehr in der Stadt nicht einzuschränken. Dadurch wurde das Ziel, eine klimaneutrale Stadt zu schaffen, etwas verlangsamt, jedoch nicht komplett verhindert.
Prämie für Auto-Verzicht
Am 5. Juni, vier Tage vor dem Bürgerbegehren, verkündete die Stadt Marburg die Einführung einer Prämie für diejenigen Marburger*innen, welche auf ein Privatauto verzichten und auf nachhaltige Alternativen umsteigen. Dadurch möchte die Stadt den umweltbewussten Bürger*innen eine Möglichkeit bieten, sich an dem gemeinsamen Ziel, unabhängig vom Ergebnis des Bürgerbegehrens, zu beteiligen.
Für die Abmeldung eines Privatwagens können die Bewohner*innen von Marburg eine Prämie von 1250 € pro Jahr von der Stadt erhalten. Für die Stadt spielt es dabei keine größere Rolle, ob die Bewohner*innen ihren Erst-, Zweit- oder Drittwagen für ein Jahr abmelden oder wegschaffen. Hauptsache ist, dass die Marburger*innen einen Wagen weniger benutzen und von den nachhaltigen Alternativen, welche von der Stadt zur Verfügung gestellt werden, Gebrauch machen. Um einen Antrag stellen zu können, müssen die Antragsteller*innen mindestens ein Jahr in Marburg wohnen und einen zugelassenen Privatwagen abmelden. Die Prämie wird in zwei Teilen von der Stadt, einmal nach der Abmeldung und nochmals nach sechs Monaten, ausgezahlt. Die Marburger*innen können ihre Prämien für Carsharing, für die Nutzung der ÖPNV oder auch eine Kombination beider Möglichkeiten nutzen. Zusätzlich erhalten sie im Rahmen der Prämie Gutscheine, die sie in lokalen Geschäften für ihren Einkauf verwenden können.
Überflüssige Parkplätze umbauen
Die Stadt möchte außerdem überflüssige Parkplätze umbauen, damit diese Flächen einen neuen Dienst für die Marburger*innen leisten. Dadurch möchte die Stadt die Erhaltungskosten dieser Parkplätze minimieren, damit öffentliches Geld der Steuerzahler*innen stattdessen in Projekte, die den Marburger*innen einen größeren Nutzen bringen, investiert werden kann.
Die ersten 50 Prämien sollten direkt nach dem Beschluss der Stadtverordneten Mitte Juni ausgezahlt werden. Laut offizieller Angaben der Stadtverwaltung wurden bereits Anfragen bei der Stadt vorgelegt. Die Stadt hat jedoch keine genaue Zahl der Anfragen oder bisher gestellten Anträge veröffentlicht. Laut einer Kurzmeldung der Hessenschau wurden bis zum 19. Juni zehn Nachfragen und fünf Anträge bei der Stadtverwaltung durch die Bürger*innen gestellt. Mehr Informationen über die Prämie sowie den zu stellenden Antrag können sind auf der Homepage der Universitätsstadt Marburg zu finden.
Kommentar unseres Redakteurs: Was ein Auto-Verzicht bringt
Neben der Prämie bietet der Umstieg auf alternative und nachhaltige Verkehrsmittel auch weitere Vorteile. Durch ihren Autoverzicht können die Bewohner*innen Marburgs die Instandhaltungskosten der Fahrzeuge teilweise oder vollständig verringern. Durch die Entledigung der Fahrzeuge wird außerdem mehr Privatfläche frei. Zum einen würde dadurch das eigene Geld der Bürger*innen in ihren eigenen Taschen bleiben und zum anderen würde ihnen mehr Fläche zur Verfügung stehen, die sie nach Belieben nutzen können.
Die Stadt selbst könnte durch das nachhaltige Handeln der Bürger*innen Vorteile erzielen. Durch den Umstieg könnte die Verkehrsbelastung in der dicht bebauten Stadt minimiert werden. Außerdem könnte die Stadt, wie überlegt, überflüssige Parkplätze umbauen und somit die frei gewordenen Flächen für mehr Grünanlagen oder für den Ausbau nachhaltiger Verkehrsalternativen wie Fahrradwege nutzen. Dies würde nicht nur für mehr kühle Flächen im Sommer, sondern auch für bessere Verkehrsmöglichkeiten sorgen. Zusätzlich könnten durch die Auflösung unnötiger Parkplätze die jährlichen Unterhaltungskosten für die öffentlichen Parkplätze minimiert werden. In vielerlei Hinsicht profitiert also nicht nur die Stadt von dem Umstieg, sondern vor allem die Bewohner*innen Marburgs.
Marburg ist die erste Stadt deutschlandweit, die ein solches Konzept für die Beschleunigung der nachhaltigen Wende eingeführt hat. Mit der Zeit und der wachsenden Anzahl der Antragsteller*innen könnte das Konzept zu einem Erfolg und somit zu einem Vorbild für ganz Deutschland werden. Dadurch könnten von dem Pionierprojekt aus Marburg zukünftig nicht nur die hiesigen Bürger*innen, sondern auch Städte und Menschen in ganz Deutschland profitieren!