Theater Review #25: Leonce und Lena

Theater Review #25: Leonce und Lena

Im Lustspiel Leonce und Lena führt Georg Büchner im Jahre 1836 das Königtum als große Parodie vor. Heute würde man das Stück eine Satire nennen, denn das Leben im Palast, der König selbst und seine Bediensteten bis hin zur Kleinstaaterei – alles wird auf die Schippe genommen. Besonders in der Sprache erlaubt sich Büchner einige Seitenhiebe auf Adel und Königshäuser. So spielt sich etwa die Handlung in den Königreichen „Popo“ und „Pipi“ ab, in denen keiner der Protagonisten wirklich regieren möchte. Daraus spinnt sich eine Helge-Schneider-artige, skurrile Geschichte, in der sogar genug Platz für die Liebe bleibt. Ob das gelingt, lest ihr hier.

Worum es geht

Der depressive Prinz Leonce aus dem Reich namens „Popo“ soll in wenigen Tagen verheiratet werden. Denn sein Vater, der König, hat keine Lust mehr zu regieren und möchte lieber auf seine alten Tage ein großer Denker werden. Doch Leonce ist weder begeistert von der königlichen Arbeit, die er bald erfüllen soll, noch von seiner Verlobten, die ihm unbekannte Prinzessin Lena. Er ist eher der Träumerei und dem Müßiggang zugetan. Also beschließt er, mit seinem besten Freund, dem schelmischen Valerio, nach Italien zu gehen, Urlaub machen. Aber auch die entmutigte Prinzessin Lena im Reiche „Pipi“ ist alles andere als in Vorfreude auf ihre baldige Hochzeit. Deshalb schlägt ihre Gouvernante einen heilsamen Aufenthalt in Italien vor.

Dort angekommen lernen Prinz und Prinzessin einander zufällig kennen und lieben, ohne dass sie einander ihre Namen mitteilen. Leonce verspricht seinem Freund Valerio, er werde zum Staatsminister befördert, wenn er nur eine Vermählung von Leonce und Lena auf die Beine stellen könnte. Dieser klassische Witzbold hat einen denkbar verrückten Einfall.

Die Inszenierung

Eva Lange, Intendantin des Hessischen Landestheaters Marburg, inszeniert Büchners Lustspiel als ein Sommertheater mit Musik. Die Premiere startete am 01.06. und das Stück läuft noch bis zum 22.06. Wer keine Zeit zum Lesen hat, darf entspannen: Das Sommerstück überträgt den Witz der Geschichte und das Spiel mit der deutschen Sprache auch, wenn man den Text nicht kennt.

Besonders herausragend ist eine Ebene der Charaktere, die selbst Textkennern möglicherweise bisher verschlossen blieb: Es geht auch um Depression und das Gefühl junger Menschen, verloren zu sein. Was früher als „Melancholie“ abgetan wurde, ist heute ein erforschtes, aber gesellschaftlich noch immer nicht begriffenes Element menschlicher Persönlichkeit. Stimmungen und speziell die Stimmungsschwankungen des Leonce werden dem Publikum durch die überragende schauspielerische und gesangliche Leistung der Schauspieler:innen verständlich gemacht. Das Stück und seine Thematik beweist auch so seine Aktualität.

Ästhet:innen und Musikliebhaber:innen kommen auf ihre Kosten

Das Publikum erwartet ein Sammelsurium von mit Bedacht ausgewählten und liebevoll performten Songs aus verschiedensten musikalischen Bereichen. Von Johnny Cash über Bilderbuch, Radiohead und Billie Eilish ist auf der Musikskala alles vertreten und lässt einen unweigerlich mitwippen.
Die Kostüme lassen das Herz jedes selbsternannten Modezars höher schlagen. Es macht wortwörtlich Spaß, Lena beim Hinterherzerren ihres etwa 5m langen Hochzeitskleides zuzusehen und plötzlich versteht man, warum es „Schleppe“ heißt. Leonces Outfit erinnert stark an eine gut frisierte, in einen Goldtopf gefallene Version von Bela B, man kann und will seinen Augen kaum von diesem Anzug abwenden. Und wer am Ende nicht wenigstens ein Bisschen in Valerio verliebt ist, ist innerlich tot.

Unter freiem Himmel lädt das Stück zu lauen Sommerabenden ein. Am Weinstand gibt es Erfrischungen, Musik liefert die Liveband, bringt einfach Freund:innen mit und lasst euch gemeinsam in der herrlichen Atmosphäre der Schlossparkbühne davontragen.

nächste Termine:

13.06.2019, 21.00 Uhr
14.06.2019, 21.00 Uhr
15.06.2019, 21.00 Uhr
16.06.2019, 21.00 Uhr
18.06.2019, 21.00 Uhr
19.06.2019, 21.00 Uhr
20.06.2019, 21.00 Uhr
21.06.2019, 21.00 Uhr
22.06.2019, 21.00 Uhr

Regie: Eva Lange
Bühne & Kostüme: Gabriela Neubauer
Musik: Michael Lohmann
Dramaturgie: Christin Ihle
Theaterpädagogik: Juliane Nowak
Musikalische Leitung: Michael Lohmann
Musiker: Andreas Jamin, Christian Keul, Michael Lohmann, Olaf Roth, Holger Schwarzer
Besetzung: Saskia Boden-Dilling, Mechthild Grabner, Lisa Grosche, Jürgen Helmut Keuchel, Artur Molin, Ben Knop, Victoria Schmidt

FOTO: Jan Bosch

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