Clean it up! – Wie sich die Lahntaucher um den lokalen Gewässerschutz kümmern

Clean it up! – Wie sich die Lahntaucher um den lokalen Gewässerschutz kümmern

Mangelnde Nachhaltigkeit und fehlender Artenschutz: Unsere hohe Müllproduktion hat auch Auswirkungen auf das Ökosystem der Lahn, indem sie das Fortbestehen der dort angesiedelten Arten massiv gefährdet. Die Lahntaucher arbeiten dagegen an und setzen sich ehrenamtlich für die Säuberung und Bewahrung unseres lokalen Gewässers ein. 

Was der Gewässerschutz in Bezug auf Umwelt- und Klimaschutz für eine zentrale Rolle spielt, brauche ich wohl niemandem zu erzählen. Selbst unscheinbare Flüsse, wie die Lahn, bieten ein Zuhause für unzählige Arten. Von Libellen über verschiedene Fischarten bis hin zu Süßwasserkrebsen, ist alles vertreten. Jede dieser Arten spielt eine wichtige Rolle im ‚Ökosystem Lahn‘. Und: jede dieser Arten wird durch übermäßige Verschmutzung des Gewässers gefährdet! 

Über 8 Tonnen Müll

Das haben auch die Lahntaucher erkannt. Seit einem Unfall mit einer Glasscherbe im Sommer 2020 haben sie es sich zur Aufgabe gemacht, die Lahn sowie andere lokale Gewässer von Müll zu befreien. Bisher haben sie schon erstaunliche 8,3 Tonnen Müll geborgen und damit in verschiedenen Einsätzen über 3 km Fluss gereinigt. Auch am vergangenen Pfingstmontag haben sie sich wieder einem Einsatz verschrieben.

Um halb zwölf an den Lahnterrassen war die Ansage gewesen. Ohne vorherige Informationen, dafür aber mit dem fantastischen Wetter entsprechender Laune, traf ich gemäß der einzigen Information, die ich bekommen hatte, zur vereinbarten Zeit dort ein. Nachdem immer mehr Leute eintrafen und wir zum Schluss mit einem Dutzend tatkräftiger Menschen an den Lahnterrassen standen, traf auch die Kerngruppe der Lahntaucher ein. Es gab wohl Schwierigkeiten mit dem Einsatz, denn geplant war ein Infostand für Schaulustige, die zufällig vorbeilaufen. Wer aber innerhalb der letzten Wochen mal an den Terrassen war, weiß, dass dieser Durchgang gesperrt ist. Das funktionierte also nicht. 

Bewusstsein schaffen

Nachhaltigkeit ist im Umweltschutz der zentrale Aspekt. Aber um nachhaltig die Gewässer schützen zu können, ist es nicht nur wichtig, Müll rauszuholen, der schon in der Lahn liegt. Es geht vielmehr darum, Menschen darauf aufmerksam zu machen, wie viel Müll in der Lahn landet, um im Idealfall dafür zu sorgen, dass das nicht mehr passiert. Daher war es wichtig, einen Standort zu finden, an dem viele Menschen zugucken konnten. 

Ich hatte mir, wie bereits erwähnt, vorab keinerlei Informationen beschafft und war daher etwas überrascht zu sehen, dass hier nicht nur Taucher:innen waren, sondern auch zwei Personen, die Bilder und Videos für Social Media-Kanäle und die Lahntaucher-Website machten. Nach kurzer Erklärung leuchtete es mir aber ein. Um die Gewässer in dieser Gegend nachhaltig schützen zu können, ist das A und O, ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen. Dieser Aufgabe gehen die Lahntaucher mit beeindruckender Kompetenz nach. Auf allen erdenklichen Kanälen machen sie darauf aufmerksam, dass unsere Gewässer gnadenlos mit teilweise giftigem Müll zugeschüttet werden. Auch die eigene Website ist so gestaltet, als würden sie seit Jahren hauptberuflich nichts anderes tun.

Es war also klar, dass der Einstiegsort an den Lahnterrassen sich nicht eignete. Also zogen wir auf die Lahntreppen um. Dort gab es genug Platz, den Müll zu wiegen und vorbeilaufenden Passant:innen zu zeigen, welcher Unrat so in die Lahn gerät. 

Bolzenschneider an Bord

Mit drei Tretbooten und fünf Taucher:innen ging es dann aufs Wasser. Die Taucher:innen waren in einer Zweier- und einer Dreiergruppe organisiert. Denn Sicherheit hat allerhöchste Priorität für die Lahntaucher. Jede:r soll mindestens einen ‚Tauchbuddy‘ haben. Insbesondere da sie ‚Apnoe‘ tauchen, also ohne Sauerstoffflasche, kann es schnell mal schiefgehen, wenn sich eine:r in einem Seil verheddert. Zwar hat jede:r Einzelne einen Seiltrenner dabei, um sich aus dieser Situation befreien zu können, aber auch damit oder einem noch so scharfen Messer kommt man nicht aus Drähten und Ähnlichem heraus. Aber auch diesen Aspekt hatten die Lahntaucher nicht außer Acht gelassen. Auf jedem Tretboot befand sich ein Bolzenschneider. Hiermit sollte sichergestellt werden, dass, wenn sich jemand in Drähten verheddern sollte, man sofort eingreifen könnte. Glücklicherweise blieben die Bolzenschneider auf diesem Einsatz aber trocken. 

Noch bevor der erste Müll geborgen war, war ich schon mächtig beeindruckt worden. Die Professionalität und Kompetenz, die diesen Einsatz begleiteten, waren beeindruckend. Jedes Detail war durchdacht – von Menschen, welche das hier nicht beruflich machen, sondern sich die Zeit nehmen und das Geld investieren, um neben ihrem Studium oder ihrem eigentlichen Job, hier ihre Freizeit in die Aufbereitung und den Schutz von Gewässern zu stecken. 

Müll ist nicht gleich Müll

Ein anderer Aspekt, welcher mich in diesem Gefühl bestärkte, es hier mit Profis zu tun zu haben, war, als ich Noah, einer der Initiatoren, fragte, warum er denn ein Bergungsobjekt wieder zurück in die Lahn warf. Das war doch Müll – den sollte man doch rausholen, dafür sind wir doch hier, oder nicht? Noah erklärte mir, dass an diesem Stück noch Larven zu finden waren. Diese könnte er nicht abkratzen, ohne sie zu zerstören, also wäre es für das Ökosystem der Lahn zuträglicher, dieses Stück zurückzuwerfen, um damit das Überleben des Nachwuchses zu ermöglichen. Die nachhaltigere Lösung ist es folglich dieses Stück und damit den Nachwuchs in der Lahn zu lassen. Mich beeindruckte diese Aussage. Das war ein Punkt, an den ich niemals gedacht hätte. In meinem Kopf war das alles bis dahin Müll – und der sollte ja raus. Nach kurzer Erklärung leuchtet es mir aber ein. Ganz so einfach war das alles nicht. Es gab viel mehr zu berücksichtigen als das bloße Entfernen von Müll aus der Lahn. Sicherheitskonzepte, Artenschutz und die Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umweltschutz, waren Punkte, die so trivial wirkten, wenn man sie mal gehört hatte, aber mir im Lebtag nicht eingefallen wären. 

Aber nicht nur die Professionalität, die Social Media-Präsenz, das Engagement oder die Leidenschaft haben mich begeistert. Gleichzeitig war der Umgang miteinander auch von Herzlichkeit geprägt. Insbesondere da es sich bei den Lahntauchern um ehrenamtliche Helfer:innen handelt, ist dieser Punkt nicht zu vernachlässigen. Egal ob das erste Mal dabei oder der 100. Taucheinsatz, jede:r wurde herzlich begrüßt und willkommen geheißen. 

Alles in allem haben die Lahntaucher in den Stunden am Pfingstmontag über 400 kg Müll aus der Lahn gezogen. Und das wird nicht der letzte Einsatz gewesen sein. Wer mehr über die Lahntaucher und ihren Einsatz für die mittelhessischen Gewässer wissen will oder sich gerne beteiligen möchte, in welcher Form auch immer, kann auf der Website der Lahntaucher vorbeischauen oder ihre Social Media-Kanäle auschecken. 

(Lektoriert von jok und hab.)

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