Endgegner*in: Nichtraucherin werden

Endgegner*in: Nichtraucherin werden

Bild: KI-generiert

Wenn dir das Leben Zitronen gibt, gibt dir die wacklige Internetverbindung oder die Drehtür in der Bib vielleicht noch den Rest. In dieser Reihe schreiben wir über die Endgegner*innen des (Uni)-Alltags – also Dinge, die uns an den Rand der Verzweiflung bringen.

Meine Kommiliton*innen und ich stehen vor der Phil-Fak und schlürfen Kaffee. Es ist 10:00 Uhr morgens, in 15 Minuten fängt das Seminar an.

Ich atme ein.
Ich atme aus.

Sie atmen ein.
Sie atmen aus.
Zigarettenrauch kommt raus.

Ich atme ein.
Ich atme aus.
Und beiße in meinen Apfel, meine Alternative zur Kippe, denn ich unternehme meinen 17. Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören.

Willkommen zu meinem Endgegner (und dem von wahrscheinlich Millionen weiteren Menschen): Nichtraucher*in werden.

Ich liebe es zu rauchen. Ich mag alle Aspekte des Rauchens: Die gesellschaftliche Komponente, mit den Kolleg*innen eine Pause zu machen, die Stresskippe nach einer Prüfung und einfach die schlichte Handlung Rauch zu inhalieren. Daher habe ich mich wie jede*r gute Raucher*in erstmal nach Alternativen umgeschaut. Es muss doch irgendwie gehen gesund zu rauchen? Vielleicht mit vapen anfangen? Doch eine Popcornlunge ist keine sinnvolle Alternative zu Krebs. Oder doch Iquos: die Schonende Erhitzung von Tabak? Diese pervertierte Wandlung eines Produktes, das Menschen eigentlich dazu bringen soll, mit dem Rauchen aufzuhören und jetzt als gesunde Alternative dargestellt wird. Aus Prinzip schon nicht.

Letztendlich habe ich eine Checkliste gefunden, wie es mit dem Aufhören klappen soll. Dort hört es sich ganz leicht an.

Die Checkliste: In 7 Schritten Nichtraucher*in werden

  1. Selbsterkenntnis ist der erste Schritt

Nachdem bei meiner Mutter im Haus der Aufzug ausgefallen ist und ich den vierten Stock durch die Treppe erreichen musste, beschloss ich, mit dem Rauchen aufzuhören. Ich hatte eine Nacht in den Marburger Kneipen hinter mir, bei der ich eine halbe Packung Kippen und wahrscheinlich zwei Jahre meiner Lebenszeit verraucht habe. Dementsprechend musste ich erst mal nach Luft ringen, als ich oben ankam. Zack, da war sie, die Selbsterkenntnis: Fünf Jahre rauchen, zwei Corona-Infektionen und viel zu wenig sportliche Auslastung haben meiner Lunge wohl nicht gutgetan.

2. Alle sollen es wissen

Der  soziale Druck soll nutzbar gemacht werden. Also erzähle ich jeder Person, die es nicht wissen will, dass ich jetzt mit dem Rauchen aufhöre. Da wird man natürlich erst mal ausgelacht. Besonders wenn man in einer Raucherbar wie dem Pegasus arbeitet, umso besser, mehr “social pressure”. 

3. Ersatz schaffen

Ich atme ein, ich atme aus.
Und puste Dampfwolken in den Stehkreis vor der Phil-Fak.
Reine warme Luft, die aus meiner Lunge kommt. Nicht verunreinigt durch Teer und all diese Substanzen, die Krebs erzeugen und mit denen ich mich absichtlich nie beschäftigt habe.
Ich packe meine Banane aus. Ich hasse mittlerweile Äpfel.

4. Alte Gewohnheiten ablegen

Da das mit dem Ersatz schaffen nicht so gut funktioniert hat, musste ich letztendlich meinen Job in der Bar aufgeben. Sich in einer Raucherkneipe mit defekter Lüftung das Rauchen abzugewöhnen, grenzt an eine Unmöglichkeit. Schade, ich mochte den Job und die vielen sozialen Kontakte, die mit ihm einher gingen. Auch den Stehkreis vor der Phil-Fak habe ich verlassen. Weitere soziale Kontakte, die ich aufgrund meines Rauchstopps einbußen muss. Auf meiner neuen Arbeit mache ich weniger Pausen, einmal kurz atmen kann nicht mit einmal kurz Eine rauchen gleichgesetzt werden. Meine neuen Kolleg*innen, die alle rauchen, kenne ich daher kaum, man kommt weniger ins Gespräch. Als ich das erste Mal rauchfrei gefeiert habe, bin ich nach Hause gegangen, ohne neue Leute kennen gelernt zu haben. Es war das erste Mal, dass ich niemanden betrunken nach Feuer fragen musste oder mal wieder meine Blättchen verloren habe und dadurch zwangsmäßig Konversation mit fremden Leuten anfangen musste. Ich stand nicht draußen in der Kälte und hab mit Leuten gequatscht, ich war die ganze Zeit drinnen tanzen. Merkwürdiges Gefühl.

5. Mit Rückfällen umgehen können

Da wären wir auch schon bei dem schwersten Punkt. Alkohol und Zigaretten, eine unwiderstehliche Kombination für viele Personen. Alle, mit denen ich gesprochen habe, sind durch Alkohol rückfällig geworden und die Schritte waren immer dieselben.

  1. Kippe schnorr’n.
  2. Leicht torkelnd zum Späti, Marlboro Gold holen – ist ja so sanft und damit keine richtige Kippe.
  3. Jetzt ist die Packung schon gekauft, dann kann sich auch die obligatorische Kater-Kaffee-Kippen-Kombi am nächsten Tag gegönnt werden.

Und BAM! ist alles wieder beim Alten.

6. Vorteile genießen

Nachdem ich zwar kein Obst mehr sehen kann und meine sozialen Kontakte (insbesondere mit fremden Leuten) stark eingebrochen sind, genieße ich doch die Vorteile des Nichtrauchens. 

Mehr Geld zur Verfügung zu haben ist schon sehr schön. Dieses habe ich eins zu eins in Festivaltickets gesteckt (die ironischerweise von Zigarettenmarken gesponsert werden). Ich kann wieder zur Bahn rennen, ohne anschließend das Gefühl zu haben, dass meine Lunge kollabiert. Generell habe ich mehr Energie, schlafe besser und werde seltener krank.

Naja, fast alles sind Vorteile. Auf den verbesserten Geruchssinn hätte ich verzichten können. Mir ist vorher nie aufgefallen, wie oft Städte stinken.

7. Den Erfolg feiern

Ich atme ein.
Ich atme aus.

Das Leben ist schon kurz genug, da muss nicht noch nachgeholfen werden.

Du willst auch aufhören zu rauchen? Dann hol dir Hilfe unter rauchfrei-info.de und gönn dir die Gesundheitsfakten!

(Lektoriert von ror und dsk.) 

Kim F. Schmidt ist seit April 2024 Redaktionsmitglied. Sie ist fasziniert von Drama, Intrigen und unerwarteten Wendungen, deswegen studiert sie Politikwissenschaften!

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