Theater Review #18: Die Gerechten
In Marburg gibt es schon wieder ein neues Theaterstück zu bewundern. Der Titel lautet „Die Gerechten“ und wurde im Jahr 1949 von dem Schriftsteller und Philosophen Albert Camus verfasst. Weil sich die Handlung sofort während des Stücks erschließt und ich denke, dass das Stück von einem blinden Blick profitiert, werde ich keinerlei Handlung preisgeben. Für den ungeduldigen Leser sage ich aber schon: Ja, eine Vorführung lohnt sich.
Präsentation
Bevor das Stück beginnt, stehen, anders als bei anderen Stücken, die Schauspieler:innen schon auf der Bühne und verhalten sich, nach Informationen des Regisseurs, tatsächlich ihren Rollen entsprechend. Während man sich die Akteure genauer ansehen kann, spielt einer von ihnen Klavier. Das Stück kommt sowieso vollkommen ohne andere Musik, als der live gespielten Musik aus. Einer der Schauspieler ist für die Musik zuständig und spielt entweder Klavier oder Cello. In manchen Szenen wirkt es anfangs etwas verwirrend: Dieser Schauspieler läuft in einer Szene weg, setzt sich im nächsten Moment aber ans Klavier und spielt. Besonders seltsam ist es, weil an manchen Stellen der Szenen die Charaktere die Person offenbar am Klavier sehen und andere Male nicht.
In dem Stück geht es, wie der Name schon sagt, auch um Gerechtigkeit. Der Kniff wird aber praktisch sofort vorgebracht: Was ist noch gerecht und was ist grausam? Tatsächlich wird ziemlich schnell ein Widerspruchspaar von Gerechtigkeit und Leben entworfen. Kann jemand, der gerecht ist, das Leben lieben? Kann jemand, der das Leben liebt, gerecht sein? Es werden auch weitere Werte im Laufe der Inszenierung hinterfragt wie Ehre. Die eine Seite argumentiert mit der Ehre: Er habe sie nicht töten können, denn die Ehre verböte es auch Kinder zu töten. Die Gegenseite hält dagegen, dass der Wert der Ehre nicht auf sie angewandt werden kann: Ehre sei alleine ein Luxus, welchen sich nur die mit Leute mit Kutschen leisten könnten.
Die Personen
Mit den Fragen, welche andauernd aufgeworfen werden, müssen sich die Charaktere zuerst auseinandersetzen. Aber die Charaktere können sich nicht an alles halten, was sie sagen, weil sie zum Handeln gezwungen sind. Hier kommt der:die Zuschauer:in ins Spiel: Er:Sie wird mehr und mehr Zeug:in, wie die Ansprüche sich ändern, nach einiger Zeit sollte sich der:die Zuschauer:in also im besten Fall selbst nach diesen Dingen befragen. Es tun sich Abgründe vor den Zuschauer:innen auf und eine Person, welche anfänglich wirkte, als hätte sie alles im Griff, fängt im Verlauf des Stücks zu bröckeln an. Das gesamte Stück ist ein Abstieg. Umso länger das Stück läuft, desto mehr entfernen sich die Charaktere von ihrem ursprünglichen Verhalten.
Das Stück ist also durchgängig ein Ideologienstreit, welcher unvereinbare Positionen vereinen will. Nach einiger Zeit wird klar, dass es diesen Streit nur in Worten gab und die Konsequenzen, welche davor ignoriert wurden, nun akzeptiert werden müssen. Der gemeinsame Feind nährt die unterschiedlichen Parteien und Probleme für die Zukunft wurden weggeblinzelt. Für eine:n Zuschauer:in ist es stets aufregend und mitreißend. Jedoch hat dieses Stück auch einige lustige Nuancen, welche eine schöne Abwechslung zum existenzialistischem Thema darstellen. Wie am Anfang schon erwähnt, rate ich jeder Person, sich dieses Theaterstück anzuschauen! Es ist lustig, gibt Gesprächsstoff und es gibt einem noch Gedanken für einen selbst.
Besetzung: Camil Morariu, Julia Glasewald. Jürgen Helmut Keuchel, Lene Dax, Lisa-Marie Gerl, Maximilian Heckmann, Thomas Huth, Victoria Schmidt
Regie: Marc Becker Bühne Bühne: Harm Naaijer Dramaturgie: Nadine Wiedemann
Nächste Termine: 01.02.2018, 04.02.2018, 28.02.2018, 03.03.2018, 06.03.2018 jeweils um 19:30 Uhr.
FOTO: Jan Bosch