Das Drama um den Bachelor
Alle wollen ihn, nur wenige bekommen ihn am Ende auch – den Bachelor. So sehen wir ihn jedes Jahr pünktlich zu Beginn der Klausurenphase im Januar vor unseren Augen. Viele reden über ihn und bewundern diejenigen, die ihn bekommen haben, aber was bringt er den Teilnehmer:innen am Ende?
Der Bachelor gilt als Sprungbrett in die Schicht der Reichen und Schönen für die Teilnehmer:innen. Kaum ein anderes Format bietet eine so attraktive Chance für schnellen Erfolg. Wie Perfektionsdruck und die Strukturierung des Ganzen die Kandidat:innen an ihre Grenzen bringen, sieht der Zuschauer oft nicht. Sind es die Mühen und Strapazen für den vermeintlichen Ruhm überhaupt wert oder reicht es danach nur für die nächste Staffel des Dschungelcamps? Über die Verlierer:innen beim Bachelor.
Konkurrenz um jeden Preis
Die trockenen Zahlen zeigen, dass es bei diesem Format mehr Verlierer:innen als Gewinner:innen geben wird. Die Teilnehmer:innen kämpfen schon, bevor wir sie sehen, mit allen Mitteln um die stark begrenzten Plätze in der Show. Selten wissen sie, was genau auf sie zukommt, es hört sich eben spannend an. „Irgendwas mit Medien“ wollten sie eigentlich auch immer mal machen. Ergattern sie dann einen Platz, werden sie zusammengebracht und müssen sich um die Gunst eines Einzelnen streiten, dessen Kriterien oder persönliche Motive jedoch völlig unklar sind. Aber das ist den Protagonist:innen erst einmal egal, sie legen den Grundstein für ihre spätere Karrieren und Mama wird stolz sein. Dabei sind die Teilnehmer:innen davon überzeugt, dass sie vor allem wegen ihrer einzigartigen Talente oder ihres bestechenden Charmes so weit gekommen sind. Für die meisten ist es dann ein Schock, wenn sie plötzlich auf zehn weitere Personen treffen, die sich auch im letzten Jahr in Südostasien selbst gefunden haben.
Vor allem das Castingschema, das die immer gleichen Stereotypen auswählt, schafft eine scharfe Konkurrenzsituation zwischen den Kandidat:innen. Jede:r Einzelne von ihnen war sicherlich die:der beeindruckendste Persönlichkeit in deren Heimatdorf, aber nun stehen sie einer Vielzahl an genauso hübschen und interessanten Personen gegenüber. Der Druck, jederzeit den bereits ergatterten Platz zu verlieren und damit das bisher Erarbeitete aufzugeben, ist einfach zu groß. Die Luft wird mit fortschreitender Zeit dünner und so greifen sie zu immer radikaleren Mitteln um der:die Beste zu sein. Egal ob sie die Chancen ihrer Mitbewerber:innen manipulieren oder sich selber mit Medikamenten dopen, um die Fassade der Perfektion aufrecht zu erhalten, der Erfolg heiligt die Mittel oder?
Die Angst vor dem Ende
Am Ende der Show steht das Happy-End. Mit wehenden Fahnen zieht der:die Gewinner:in aus dem Bild. Dann wird es erst einmal dunkel um unsere Protagonist:tinnen. Wie lange wird dem:der Gewinner:in ihr Bachelor reichen und vor allem nutzen? Schnell wird klar, dass das Ende dieser Show nur der ungewisse Anfang einer weiteren ist. Es gilt: Wer den Ruhm und die Kontakte schnell nutzt, kann mit dem Bachelor eine gute Grundlage für seinen späteren Werdegang schaffen. Jedoch schaffen das die wenigsten Teilnehmer:innen. Um weiter im Rampenlicht zu stehen und nicht in der Vielzahl von in Form geschliffenen C-Promis unterzugehen, müssen sie nun härtere Zugangsvorraussetzungen erfüllen.
Der Zeitdruck der schnelllebigen Promiwelt gibt den Teilnehmer:innen wenig Möglichkeiten, über Alternativen oder eine Entschleunigung des ganzen Prozesses nachzudenken. Warten sie zu lange mit dem nächsten Schritt oder brauchen sie doch etwas mehr Zeit, um die nächste Hürde zu meistern, geraten sie in Vergessenheit. Wer nicht beim Dschungelcamp enden will, muss sich anpassen und mitspielen. Oft geben sie dabei wichtige Aspekte der eigenen Persönlichkeit auf, sodass sie sich mehr auf das eigentliche Ziel konzentrieren können.
Das, was bleibt
Es ist natürlich richtig, dass sich die Kandidat:innen ihr Schicksal selbst ausgesucht haben. Dennoch darf man nicht vergessen, dass die meisten von ihnen noch sehr jung sind, wenn sie ihren Weg antreten. Aber was bewegt einen jungen Menschen dazu, diesen Weg überhaupt erst einzuschlagen? Vielleicht haben es ihre Eltern damals ganz ähnlich gemacht und das hat sie motiviert. Es könnte auch der Drang nach Freiheit oder Wissenserweiterung und Spezialisierung gewesen sein.
Gerade jetzt im Januar mit der für alle beginnenden Klausurenphase wird deutlich, wie sehr uns das Bachelor-/Mastersystem stresst. Überfüllte Bibliotheken und unausgeglichene Kommiliton:innen sind dabei nur die kleineren Übel, mit denen man sich herumschlägt. Die Bolognareform hat uns Studierenden mehr Hürden in den Weg gestellt und den Druck erhöht. Das System zu kritisieren und für seine Fehler und dessen Auswirkungen an den Studierenden anzuprangern ist wichtig. Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass manche Dramen, die sich während der Prüfungszeit abspielen, genauso überspitzt sind wie eine Folge vom „Bachelor“ auf RTL. Deshalb sollte sich jede:r fragen, ob er:sie dafür die eigene Gesundheit und am Ende auch sich selbst aufs Spiel setzen möchte.
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Ressortleitung Campus. Studiert "Kunst, Musik und Medien" und hat deshalb das Triangelspielen perfektioniert. Wenn sie nicht gerade in einen Tagtraum versunken ist, überlegt sie sich, was sie heute Abend essen möchte.