Malen mit Menstruationsblut? Motologie-Studentin berichtet von ihrer Masterarbeit

Malen mit Menstruationsblut? Motologie-Studentin berichtet von ihrer Masterarbeit

Collage: Malu Wolter, Warnung für diejenigen, die kein Blut sehen können: Im Laufe des Interviews folgen zwei weitere Bilder, die mit Menstruationsblut gemalt worden sind.

Jane hat in ihrer Masterarbeit über das Malen mit Menstruationsblut geschrieben. Dieses Semester hat die Motologie-Studentin ihre Masterarbeit abgegeben und berichtet PHILIPP rückblickend darüber, wie sich das Malen auf das Menstruationserleben auswirkt, wie ihr Umfeld auf ihre Themenwahl reagiert hat und wie sie mit Ablehnung Außenstehender ihrem Thema gegenüber umgehen würde.

Für alle, die nicht verstehen, wie Malen mit Menstruationsblut wissenschaftlich untersucht werden kann: Kannst du das Thema deiner Masterarbeit erstmal grob zusammenfassen?  

Jane: Ich habe Malen mit Menstruationsblut aus psychomotorisch-motologischer Perspektive in Bezug auf seine therapeutischen Potenziale erforscht. Dafür habe ich Menschen interviewt, die schon mal mit ihrem Menstruationsblut gemalt haben und deren Erfahrungen ausgewertet.  

Was waren deine wichtigsten Ergebnisse?   

Jane: Die wichtigste Erkenntnis war, dass sich Malen mit Menstruationsblut auf das Menstruationserleben der Malenden auswirkt. Das heißt konkreter, dass sich das Verständnis über und die Beziehung zum Menstruationsblut dadurch verändern. Und daraus resultiert, dass die Personen ihrer Menstruation und ihrem menstruierenden Körper anders begegnen.    

Und was hat sich konkret verändert?   

Jane: Das kann ich hier jetzt natürlich nur anteasern. Insgesamt wurde das Menstruationserleben auf jeden Fall positiver. Dazu trägt der direkte Umgang mit dem Menstruationsblut beim Malen bei, durch den negative Vorurteile abgebaut werden können. Außerdem verändert sich das Verständnis in die Richtung, dass es nicht mehr nur als Abfallprodukt wahrgenommen wird, sondern gespürt werden kann: „Ah okay, ich kann das Menstruationsblut ja für mich nutzen.“ Einige Interviewpersonen haben das Malen als wertvollen, selbstbestimmten Umgang beschrieben. „Kraftvoll“ und „befreiend“ waren zum Beispiel Begriffe, die da genannt wurden. Im Malen liegt jedenfalls ein Zugang zu mehr Wertschätzung für die Menstruation bis hin dazu, den eigenen Körper dafür zu feiern, und das tut eben auch der Psyche gut.

Hast du auch selbst welche von den so entstandenen Bildern gesehen?   

Jane: Ja, vier der Interviewpersonen haben mir ihre Menstruationskunst gezeigt und von Dreien habe ich auch Bilder in meiner Arbeit abgedruckt. Ich fand es total cool, die Werke zu sehen, weil sie eine Vielfalt an Methoden und Motiven abgedeckt haben. Das ging von ‚da hat jemand sein Menstruationsblut aufgegossen und gespritzt und dann das Papier in der Mitte gefaltet‘, bis dahin, mit dem Pinsel sehr akkurate Mandalas, Tierbilder oder Mondzyklen abzubilden. Ein buntes Potpourri. Übrigens haben alle fünf Interviewpersonen mindestens einmal mit den Händen oder auf den Körper gemalt. Das hatte ich vorher nicht erwartet und fand es richtig spannend.

Wie bist du darauf gekommen, dich damit zu beschäftigen? Ist das ein klassisches Thema in der Motologie, was vielleicht auf der Hand liegt, oder ist es doch etwas eher Neues?   

Jane: Ich male selbst mit meinem Menstruationsblut und als ich letztes Jahr auf der Suche nach einem Masterarbeitsthema war, wurde dann recht schnell klar, dass die Beschäftigung sowohl für mich persönlich als auch aus fachlicher Perspektive spannend wäre. Ich würde sagen, dass es in dem Sinne ein naheliegendes Thema ist, da sich die Motologie als Forschungsgebiet mit den Zusammenhängen von Körper und Psyche befasst und Menstruation nun mal ein körperlicher Prozess ist. Als klassisches Thema der Motologie würde ich es trotzdem nicht bezeichnen, dafür ist die Beschäftigung mit Menstruation und Menstruationszyklus noch zu sehr die Ausnahme, wobei in meinem Jahrgang jetzt parallel mit mir vier Masterarbeiten rund um diese Themen an den Start gegangen sind. 

Hast du dann einfach Menschen aus deinem Umfeld interviewt oder wie hast du Personen gefunden, die das auch machen?   

Jane: Ich habe zwar in meinem direkten Umfeld einige Menschen, die mit ihrem Menstruationsblut malen, aber die habe ich nicht für die Interviews herangezogen. Weil ich nicht einschätzen konnte, wie viele Menschen es überhaupt machen und wie leicht ich Interviewpersonen finde, habe ich ein mehrschichtiges Akquiseverfahren gemacht. Dafür habe ich Aushänge an ein paar Stellen in Marburg gepinnt und über einen Mailverteiler, der sich mit Frauen- und Geschlechterforschung beschäftigt, ein Gesuch verschickt. Außerdem habe ich Influencer:innen und Menschen, die rund um die Themen Körperlichkeit und Weiblichkeit arbeiten, angefragt und die haben mein Gesuch intern oder über Social Media weitergeleitet. Und ein paar Menschen, die ich persönlich kenne, haben es in ihrem Umfeld weitergeschickt. Ich hatte auch tatsächlich Rücklauf auf fast allen Ebenen.   

Hast du Abwehrhaltungen oder Abwertungen aus deinem Umfeld deinem Thema gegenüber mitbekommen?   

Jane: Nicht wirklich. In meinem nahen Umfeld ist es ehrlich gesagt nicht mal auf sonderlich viel Erstaunen gestoßen. Und bei anderen Menschen habe ich primär Neugierde erlebt. Viele haben gesagt „Oh, da hab‘ ich ja noch nie von gehört und könnte mir glaub‘ ich nicht vorstellen, das zu machen, aber erzähl doch mal: Was heißt das genau und wer macht sowas?“ Da kamen ganz viele interessierte Rückfragen und daraus haben sich immer wieder tolle und offene Gespräche ergeben. Das war richtig schön.

Was würdest du Leuten sagen, die erstmal mit Ablehnung reagieren?   

Jane: Ich glaube, ich würde nachfragen, was sie daran eklig finden oder was den Widerstand auslöst. Mein Zugang wäre, zu schauen, wo der Widerstand sitzt, weil ich glaube, wenn man tiefer reinguckt und ergründet, kommt man früher oder später dahin, dass die vorherrschende negative Haltung gegenüber Menstruationsblut kulturell und gesellschaftlich eingefärbt ist. Im Endeffekt ist es eine total natürliche Substanz und die Grundlage unseres Lebens, denn wenn es keinen Menstruationszyklus gäbe, zu dem die Menstruation eben dazugehört, wären wir alle nicht hier.  

Wie geht’s jetzt für dich weiter?   

Jane: Die Masterarbeit war meine letzte Leistung im Studium. Jetzt warte ich auf die Korrektur und gehe parallel auf Jobsuche. Ich hätte total Lust, das Thema mit in die Praxis zu nehmen. Es bereitet mir Freude, den Raum zu öffnen, sich damit zu beschäftigen und ihn auch anderen zugänglich zu machen. Ich bin gespannt, wie das aussehen kann und was sich da entwickeln wird.  

(Lektoriert von let, hab und jok.)

ist seit Februar 2023 Teil der Philipp Redaktion. Studiert den Master Literaturvermittlung in den Medien. 24 Jahre alt.

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