Schwächt Gendern wirklich die Barrierefreiheit? – Die blista antwortet

Schwächt Gendern wirklich die Barrierefreiheit? – Die blista antwortet

Bild: Elija Ash Pauksch

Fragen, die nicht oft genug gestellt werden – genau diese soll unsere Reihe Stimmt das? beantworten. Dafür stellen wir eure und unsere Fragen den passenden Expert*innen. In Diskussionen um gendergerechte Sprache kam uns häufiger das Argument der Barrierefreiheit zu Ohren. Wir haben bei der blista nachgefragt, ob Texte durch Gendern weniger zugänglich für Personen mit Sehbehinderung werden.

Das sagt Dr. Imke Troltenier, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit bei der blista:

Wir verwenden das Gendersternchen und lehnen den (dreisilbigen) Doppelpunkt ab, weil er den Lesefluss bei Verwendung von Screenreadern sehr deutlich stört. Gründe sind also Probleme beim Vorlesen – sei es durch einen Computer oder durch eine Person – und bei der Darstellung in Blindenschrift. Der einsilbige „Stern“ ist da besser. Er wird von Screenreadern schlicht als „Stern“ vorgelesen. Zudem ist davon auszugehen, dass Doppelpunkt und Unterstrich für sehbehinderte Menschen schlechter erkennbar sind als das Sternchen. 

Gleichwohl geben wir der Vielseitigkeit den Vorzug und formulieren dies in unserem Leitfaden wie folgt: „Geschlechtergerechte Sprache ist wichtig. Worauf es ankommt, ist das Bild, welches in den Köpfen der Lesenden entsteht. Das Bild muss stimmen! Männlich, weiblich, divers – auf vielerlei Art und Weise ist es möglich, der Vielfalt der Geschlechter sprachlich gerecht zu werden. Die Abwechslung ist wichtig, sie sorgt für einen guten Lesefluss.“

Wenn wir mit Kurzformen gendern, empfehlen wir – wie unser Dachverband DBSV (Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V.) – das Sternchen auch deshalb, weil es laut Veröffentlichungen des Deutschen Rechtschreibrates die am häufigsten verwendete Kurzform ist und so dem Wunsch des DBSV nach einem Konsenszeichen am nächsten kommt. Ein solches Konsenszeichen könnte ein eigenständiges, neues Zeichen sein, etwa ein „Genderstern“, der mittig im Wort platziert ist (in der Größe eines Kleinbuchstabens, so wie das „o“ in „Wort“) und somit ausschließlich die Bedeutung des Genderns in sich trägt. Ein solches einheitliches Zeichen wäre aus unserer Sicht eine optimale Lösung. Da es Zeit und auch Fortune braucht, dieses umzusetzen, wird hilfsweise das Gendersternchen verwendet …

Die blista, kurz für Deutsche Blindenstudienanstalt e.V.,  ist eine Bildungseinrichtung, die auf die Bedürfnisse von Menschen, die blind oder sehbehindert sind, ausgerichtet ist. Sie bietet verschiedene Schul- und Berufsabschlüsse an. Der Campus des bundesweiten Kompetenzzentrums liegt in Marburg.

(Lektoriert von let.)

ist 2000 nahe Zürich geboren. Studiert Literaturvermittlung in den Medien. Bei PHILIPP seit Januar 2023 aktiv und seit April 2023 Chefredakteurin. Schreibt am liebsten Protokolle und FSK-Berichte.

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