Jusos: „Man hat Einfluss“
Foto: Malu Wolter & Leoni Schnell
Vom 14. bis 27. Juni ist Hochschulwahl! PHILIPP hat mit den Hochschulgruppen gesprochen, denen ihr eure Stimme geben könnt. Heute stellen wir euch die Juso-Hochschulgruppe vor.
Basics: Wer seid ihr?
Mareike Stitz (links im Bild), 27, PoWi-Bachelor, ist auch im AStA-Vorstand, hat davor eine Ausbildung in der Verwaltung gemacht und ist jetzt seit einem Jahr in der Juso-Hochschulgruppe aktiv, Listenplatz 1 fürs StuPa
Warum bist du gerade in dieser Hochschulgruppe aktiv?
Ich bin schon seit zehn Jahren bei den Jusos aktiv, also der Jugendorganistation der SPD. Das ist so mein politischer Heimathafen. Dann war es ganz folgerichtig, dass ich auch bei der Juso-Hochschulgruppe gelandet bin und mich nicht nochmal neu orientiert habe.
Florian Lzicar (rechts im Bild), 22, PoWi BA, bei den Jusos seit 2021 aktiv, Landeskoordinator der Juso-Gruppen Hessen und Sprecher der Juso-Gruppen Marburg
Ich bin aus denselben Gründen dabei. Da finde ich die Werte, mit denen ich mich am meisten identifizieren kann. Man kann aber nicht alles gut finden, was die SPD macht. Wir hadern gerade auch als Hochschulgruppe Marburg sehr mit dem Asylkurs, der aktuell gefahren wird. Wir haben große Probleme damit, dass die ganzen Kinder an der Grenze in Gefängnisse gesteckt werden. Das ist eigentlich mit unseren Werten der Solidarität und der Internationalität nicht vereinbar. Es gibt schon Wege, intern Kritik zu äußern und zu versuchen die Richtung ein bisschen zu ändern, aber wir haben als Hochschulgruppe keinen großen Einfluss.
Wenn das Stupa ein Filmgenre wäre, welches wäre das?
Doku-Soap. Manchmal ist es schon sehr comedyhaft, wenn man mit drinnen ist. Es könnte auch eine Seifenoper sein.
Würdet ihr euch das selber anschauen?
Ja, ich gehe auch gerne zu Gremiensitzungen, weil ich das total spannend finde. Ich studiere ja auch PoWi und habe da mehr Interesse dran als an Fußball, das fände ich jetzt zum Beispiel langweilig.
Warum tut ihr euch HoPo an?
Es ist sehr wichtige Arbeit. Leider bekommen die meisten Leute nicht mit, wie wichtig die Aufgaben einer verfassten Studierendenschaft sind. Vor allem auch in einer Lobby zu sein, für Themen von Student:innen, die regelmäßig von der Bundesregierung ignoriert werden. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir da auch trotz dessen versuchen, eine starke Stimme in der Studierendenschaft zu sein, weil es sonst kein anderer macht, und wir erwarten, dass wir Repräsentation finden. Wenn wir’s nicht machen, dann macht es keiner für uns.
Wir haben einen Anspruch, dass man nicht das Studium durchziehen muss, sondern dass es Möglichkeiten gibt, gewisse Dinge zu verbessern oder mitzuentscheiden und sehr aktiv dabei zu sein.
Bereut ihr es manchmal dabei zu sein?
Ne, eigentlich nicht. Klar, man hadert immer mit etwas, was so passiert, aber letztendlich ist es das, worauf man sich einlässt, und was auch irgendwie ein bisschen Spaß macht.
Könnt ihr uns das nochmal auf den Punkt bringen: 3 Gründe, warum das HoPo sexy ist?
Ich will eigentlich nicht sagen, dass man Macht hat, weil ich das schwierig finde, aber man hat schon Einfluss.
Also ich bin ja im AStA-Vorstand und kümmere mich um die Finanzen der Studierendenschaft. Man kann schon sehr viel miteintscheiden, wofür Geld ausgegeben wird: für studentische Initiativen, PHILIPP Mag, finanzielle Unterstützung bekommen, und so weiter.
Was unser Öffentlichkeitsreferat so an Veranstaltungen teilt, ist auch ein bisschen eine Werbeplattform, die wir für studentische Gruppen bespielen können.
Man lernt viel aus seinem Umfeld. Der AStA ist wie eine Wohlfühloase für linke Menschen, weil man so die Mehrheitsverhältnisse hat. Es sind aber auch andere politische Orientierungen anwesend und man lernt auf jeden Fall, wie man mit verschiedenen Gruppe umgeht oder Kompromisse sucht und auch findet. Das ist generell ziemlich cool.
Der Diskurs mit Leuten, die nicht einer Meinung sind, ist wichtig. Wenn du nur in deiner eigenen Partei oder Liste aktiv bist, gibst du dich nur mit Leuten ab, die eh deiner Meinung sind, aber da kommt man nie zum Austausch.
Hattet ihr je eine Partei, mit der es richtig schwierig war, in Kooperation zu treten?
Den größten Abstand gibt es zum RCDS, einfach inhaltlich.
Wir waren noch nie als Mitglieder im StuPa aktiv. Wir haben uns ja erst letzes Jahr neu gegründet, deswegen können wir da jetzt gar nicht so viel zu sagen.
Dafür ist der Wechsel an der Uni auch relativ schnell, da gibt es keine festen Strukturen.
Nehmt ihr viel fürs Politikstudium mit?
Eher weniger fürs Studium, das ist sehr theoretisch. Ich nehme persönlich einfach ganz viel mit.
Wenn ihr von heute auf morgen in der Marburger Hochschulpolitik etwas ändern könntet, was wäre das? (Und warum?)
Also wenn wir von heute heute ausgehen… die Students for Future kommen einfach nicht zum StuPa und blockieren dadurch das Gremium total, was super oft die Beschlussfähigkeit beeinträchtigt. Daran würde ich etwas ändern. Dass für so etwas bessere Regeln eingeführt werden, wie man damit umgehen kann, wenn Leute ihr Mandat nicht wahrnehmen.
Stärkere Koalitionen, weil oft ist es in Hochschulgremien so, dass Koalitionen dann doch keinen festen Vertrag haben wie auf Bundesbene. Dass man da stärker zusammenarbeitet, dass man auch handlungsfähiger ist und sich untereinander abspricht, damit man gewappnet ist, falls irgendwas passiert und nicht vor vollendeteten Tatschen steht und nicht mehr reagieren kann.
Dass man auch handlungsfähig bleibt, wenn so viele Leute fehlen, dass man trotzdem darauf eine Antwort geben kann.
Wenn wir was für die Marburger Studis ändern könnten, dann würde ich mir ein kostenloses Semesterticket wünschen und keinen Verwaltungskostenbeitrag von 50€, der irgendwo in der Uni versickert und von dem keiner weiß, was damit überhaupt gezahlt wird. Generell wünschen wir uns kostenloses Studieren für alle, ohne jegliche Gebühren.
Viele wissen gar nicht von eurer Arbeit. Was wollt ihr tun, damit sich mehr Studis für die Hochschulpolitik interessieren?
Darüber haben wir uns auch schon Gedanken gemacht. Also der Social Media-Auftritt muss schon noch mehr ausgebaut werden. Wir bespielen das aktuell auch nicht so richtig, weil bei uns niemand in der Gruppe ist, der sich so richtig damit auskennt.
Was auch wichtig ist, ist in Präsenz und nicht nur online auch mit den Studis zu reden und ihnen mit Beispielen zu zeigen, warum der AStA so relevant ist, und warum er auch in der Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist, warum er überhaupt diesen Status hat. Warum er deswegen Gelder von seinen Mitgliedern aquirieren kann und auch auf Social Media und im direkten Austausch sehr wichtig ist. Eben zu erklären, wie man sich beteiligen kann und wie man seinen eigenen Input geben kann und was da in dem Gremium für Kräfte schlummern.
Fehlt euch dafür ein Ort? Gibt es dafür eine Messe oder so?
Es gibt die Einführungswoche, die ist dezidiert nur für Erstis. Es gibt außerdem die studentische Vollversammlung, die ist vor Kurzem einberufen worden. Die ist auch wichtig, um in den Austausch zu kommen. Dort ist auch die Schwelle relativ niedrig, man kann einfach hingehen und hat direkt eine Stimme. Das ist glaube ich ganz wichtig.
Bei den Messen kommen sowieso schon Engagierte oder ganz gezielt an einer Sache Interessierte hin. Da gibt es nicht so einen krassen Zulauf, dass sich die Leute ganz unvoreingenommen interessieren und dann auch hängen bleiben.
Größte Projekte für das Semester?
Können wir gar nicht so genau sagen. Wir haben uns viele Ziele vorgenommen und Debatten, die wir anstoßen wollen, nicht nur Uni-intern, sondern auch auf Landesebene. Wie das BAföG reformiert werden muss, zum Beispiel, und dass Studentenwerke ausfinanziert werden müssen, was Landessache ist aber auch wieder Auswirkungen auf unsere Mensapreise hat. Wir würden außerdem gerne das Kulturticket ausweiten, sodass zum Beispiel das Freibad für alle Studis enthalten ist.
Mir ist es sehr wichtig, dass das Sperrkonto für internationale Studierende wegfällt. Weil Stand jetzt: Alle Studierenden, die nicht aus dem EU-Ausland sind, müssen mittlerweile 11.000 € vorweisen, damit sie hier studieren dürfen. Dieses Geld ist auch nicht frei verfügbar, es ist rein dafür, dass man dem Staat nicht auf der Tasche sitzt. Dadurch bekommt man nur Studis an die Uni, die das Geld eh schon besitzen und eigentlich sollte unser Ziel sein, Bildung für alle zugänglich zu machen. Dadurch können wir eine gerechtere Gesellschaft möglich machen, egal welche Hautfarbe man hat, wie man sich selber definiert, oder wie viel Geld die Eltern besitzen. Aktuell ist das auch schon ausgesetzt, da hat das Stadtparlament schon für gesorgt. Jetzt gilt es aber, das komplett abzusetzen, dass man das hier nicht mehr braucht.
Ich war auch im Landtag, um TV Stud durchzusetzen, was noch nicht funktionniert hat. Für SHKs ist jetzt der Hilfskräfterat jedoch endlich durchgekommen – eben durch unsere Anhörungen, bei denen ich und GEWE-Studis im Landtag dabei waren. Wir haben dafür gesorgt, dass es einen eigenen Hilfskräfterat gibt, welcher ein Mitglied in den Personalrat schicken kann. Das ist aber nur der erste Schritt. Dass wir darauf aufbauen und auch den TV Stud für SHKs einführen, das wäre glaub ich nur fair für die Leute, die diesen Laden hier am Laufen halten.
Das ist ein ganz großes Thema bei uns. Es kann nicht sein, dass der Anspruch ist, dass die SHKs nicht mal als Personal gezählt werden, sondern als Sachmittel gelten. Die Begründung „naja, es gibt den Kodex für gute Arbeit und da steht halt drin 12 € Mindestlohn sind angemessen für wissenschaftliche Arbeit“ ist schon hart. Es gibt Bereiche an der Uni, die einfach ohne Hilfskräfte nicht funktionieren würden und dann zu sagen 12 € die Stunde ist in Ordnung, ist nicht mehr gerecht!
Außerdem möchten wir mehr bezahlbaren Wohnraum für Studierende schaffen. Die Stadt hat viel Geld durch die Gewerbesteuern eingenommen, ein Teil davon sollte in Investitionen in neuen Wohnraum und Renovierungen der Studentenwohnheime fließen. Und wir möchten außerdem, dass Solaranlagen auf den wichtigsten Unigebäuden installiert werden.
Welcher Studiengang/ welche Studienrichtung ist bei euch am meisten vertreten?
Wir kommen leider fast alle aus der PoWi. Wir haben von der Medizin jemanden dabei, vom Lehramt haben wir ein paar Leute, Physik, Chemie, aber die meisten sind Geisteswissenschaftler:innen und PoWis.
Wir würden uns wünschen, von jedem Fachbereich jemanden dabei zu haben.
Um bei der Juso-Hochschulgruppe mitzumachen, muss man übrigens auch kein SPD-Mitglied sein. Nur gut die Hälfte von uns ist in der Partei aktiv.
Wer sollte euch nicht wählen?
Menschen, die keine Lust auf Feminismus und Internationalismus haben, die gegen Ökologie sind, die rassistisch und antisemitisch unterwegs sind, die sollten uns auf jeden Fall nicht wählen.
Seid ihr mit dem Upgrade des AStAs mit dem 26,46 € Semesterticket zufrieden?
Ne, also es gibt ja gerade schon Überlegungen, dass es ein bundesweites Semesterticket geben soll. Das finden wir auch absolut richtig. Wir zahlen jetzt 26€ für das Upgrade zum Deutschlandticket. Frankfurt glaub ich zahlen nur 10 €, die haben aber auch ein viel schlechteres Semesterticket als wir. Wir setzen uns für eine bundesweite Regelung ein.
Was hat es mit der Rose in eurem Logo auf sich?
Das ist das Zeichen der Arbeiterbewegung. Die Widerstandsrose, die eben auch Dornen hat.
Arbeit:innenkämpfe waren nicht immer so friedlich wie jetzt, es gab auch blutigen Ausschreitungen. Rot kann dann als Farbe des Blutes gesehen werden.
Was wollt ihr euren Wähler:innen mitgeben?
Geht auf jeden Fall wählen! Eine hohe Wahlbeteiligung tut der Demokratie auf jeden Fall schon mal gut.
Es ist wichtig, zur Wahl zu gehen und sich zu informieren, wofür die Gruppen einzeln stehen und was die Listen in den letzten Jahren so umgesetzt haben. Man muss hinterfragen, ob man die Werte, die da transportiert werden auch für sich teilen kann, oder ob man doch andere Listen ins StuPa wählen möchte.
Jede:r kann bei uns ein Kreuz machen, der:die sozialistische, feministische und internationalistische Werte vertritt. Wir wollen, dass jede:r so studieren kann, wie er oder sie will.
Weitere Informationen zur Hochschulwahl findet ihr hier:
Wahlzeitung des Wahlausschusses
Wahlwebseite des AStA und der FSK
Studiert Literaturvermittlung in den Medien in Marburg.
24 Jahre alt.
Beim PHILIPP seit Januar 2023 innerhalb der Redaktion und Lektorat aktiv.
Hat eine Katze, aber leider auch eine Katzenhaarallergie.
ist 23 Jahre alt und studiert Literaturvermittlung in den Medien, sieht sich selbst aber immernoch als Anglistin. Sie weiß nichts über vieles, aber alles über Jane Austen.
ist 2000 nahe Zürich geboren. Studiert Literaturvermittlung in den Medien. Bei PHILIPP seit Januar 2023 aktiv und seit April 2023 Chefredakteurin. Schreibt am liebsten Protokolle und FSK-Berichte.
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