Menschen Marburgs: Ain’t no sunshine when cheese gone
Fast 80.000 Menschen leben in Marburg. Nur wenige davon kennen wir. An vielen laufen wir täglich vorbei, ohne je mit ihnen zu sprechen. Wer sind diese Personen? PHILIPP-Redakteurin Laura hat mit Anja und Gunther Schuster gesprochen, die auf dem Wochenmarkt Käse verkaufen.
Mit einem Käsebrett in den Händen windet sich Gunther Schuster geschickt um seine Frau Anja herum, die gerade einen Weichkäse für eine Kundin verpackt. Seit 25 Jahren sind die Bad Nauheimer schon im Käsegeschäft und verkaufen ihre Erzeugnisse auf hessischen Wochenmärkten – heute in Marburg. Auch dass es nieselt, scheint das Geschäft nicht zu stören. „Manchmal ist es auch sonnig, und man fragt sich: Wo sind alle Leute?“, sagt Gunther, der in seinem zu einer Verkaufsauslage umgebauten Van gut vor Regen geschützt ist.
Gunther kommt eigentlich aus dem EDV-Bereich, doch begann sich immer mehr für Vollwert-Ernährung zu interessieren. „Es muss nicht immer Fleisch jeden Tag sein“, habe er damals erkannt, und er fing mit der Herstellung von Rohmilch-Käse an. Denn Gunther und Anja verkaufen nicht nur, ihr Unternehmen Käse Schuster stellt auch selbst Käse her. Dazu gehöre ein Alpen-Gruyère, der zweimal im Jahr produziert wird, sowie mehrere frische Käsesorten; weitere Käsearten werden angekauft.
In der Auslage werden alle erdenklichen Käsesorten angeboten: harte, frische, milde, reife Käse aus Kuh-, Ziegen- oder Schafsmilch. Sein Lieblingskäse sei der Comté, meint Gunther, denn er sei sehr ausgewogen: nicht zu stark, nicht zu mild, fruchtig sowie etwas nussig. Anjas Lieblingskäse sei hingegen von der Jahreszeit abhängig, manchmal möge sie alte, manchmal weiche Käsesorten lieber. Im Moment bevorzuge sie den Schweizer Rohmilchkäse Aarewasser, benannt nach dem Schweizer Fluss. Obwohl die beiden unterschiedliche Meinungen zu Käse haben, sind sie perfekt aufeinander eingespielt, und wissen, wie sie sich im engen Verkaufsraum bewegen müssen, ohne einander in die Quere zu kommen.
Auf der Seite des Vans prankt ein großes Foto von einem Gewölbe: Auf Regalen verlaufen sich die Käselaiber bis in einen Fluchtpunkt. Voller Stolz und Begeisterung erzählt Gunter von den abgebildeten Reifekellern Frankreichs, in denen die Temperaturen nicht schwanken, was ideal für den Reifeprozess sei. Währenddessen bedient Anja eine Kundin, die lachen muss, als sie nach der Wechselgeld-Ausgabe von den beiden als Fotomodell angefragt wird.
Weitere Texte aus der Menschen Marburgs Reihe gibt es hier.
(Lektoriert von hab.)
ist 23 Jahre alt und studiert Literaturvermittlung in den Medien, sieht sich selbst aber immernoch als Anglistin. Sie weiß nichts über vieles, aber alles über Jane Austen.
