Rechtsruck und ein zu hoher Semesterbeitrag? Das sagen die linken Listen über die StuPa-Wahl

Rechtsruck und ein zu hoher Semesterbeitrag? Das sagen die linken Listen über die StuPa-Wahl

Bild: Laura Schiller

Die Studierendenschaft der Uni Marburg wählt ab heute online bis zum 2. Juli das Student*innenparlament (StuPa). Dafür kandidieren elf Listen, bislang waren sechs Listen im StuPa vertreten. Um sowohl die neuen Listen kennenzulernen als auch mit den altbekannten ins Gespräch zu kommen, hat PHILIPP zu der Podiumsdiskussion „StuPa neu gedacht – Was in der Legislaturperiode 2025/26 anders laufen kann und muss” eingeladen.

Sechs Listen sind unserer Einladung gefolgt: SDS, Rosa Liste, Grüne Liste, Volt Hochschulgruppe, Grüne Hochschulgruppe und der Internationale Jugendverein (IJV).
Hier gibt es eine Auswahl der Themen, über die gesprochen wurde. Die gesamte Podiumsdiskussion könnt ihr auf Spotify in der neuesten Folge unseres Podcasts Auflauf und Asbest hören. Es geht unter anderem um den Rechtsruck im StuPa, Militärforschung an Universitäten und den neuen digitalen Studierendenausweis.

Das StuPa

Im Student*innenparlament sitzen Vertreter*innen der Studierendenschaft, die einmal pro Jahr gewählt werden. In den StuPa-Sitzungen werden Belange diskutiert und Entscheidungen getroffen, die die Studierenden direkt betreffen. Oft besprochene Themen sind zum Beispiel das Semesterticket, zu hohe Mieten und klimagerechtes Leben in Marburg. Das StuPa wählt auch den AStA und entscheidet, welche Referate darin enthalten sind. Weitere Hintergrundinformationen sind hier nachzulesen.

Alte Hasen, neue Ziele?

Für die Rosa Liste, die bereits seit den frühen 2000ern im StuPa vertreten ist, ist Viktoria Ehrke bei der Podiumsdiskussion anwesend. Sie sitzt außerdem im AStA-Finanzvorstand. Die Rosa Liste setzt sich besonders für queer-feministische Anliegen ein und versucht, eine inklusivere Universität mitzugestalten. In der kommenden Legislaturperiode möchte sie sich verstärkt für soziale Gerechtigkeit an der Universität einsetzen, wie Viktoria erklärt: „Wir wollen [soziale] Hürden abbauen und neue Möglichkeiten für queere Studierende schaffen. Soziale Gerechtigkeit ist für uns ein großes Thema. Die steigenden Preise betreffen uns alle.“ Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf Studierende aus sozial schwachen Familien und internationale Studierende gelegt werden, die sich Miet- oder Mensapreise nicht mehr leisten können. 

Der Sozialistisch-Demokratische Studierendenverband (SDS.Die Linke), ebenfalls schon länger Teil des StuPa, schließt sich dem an. Vertreter Thore Baethke betont, dass dabei auch der Bezug zur Weltpolitik hergestellt werden soll. Denn der SDS habe auch gesamtgesellschaftliche Ziele sowie anti-neoliberalistische und antikapitalistische Ansprüche. Die nächste Legislaturperiode solle deswegen eine „politischere“ sein, in der „mehr erkämpft wird“, zum Beispiel eine Senkung der Mensapreise und die Abschaffung des Verwaltungskostenbeitrags. Letzteren hält auch die Rosa Liste für „versteckte Studiengebühren“. Viktoria erklärt, dass dieser bereits in der Vergangenheit durch eine studentische Initiative abgeschafft wurde: „Da wollen wir auf jeden Fall wieder hin.“

Neue Leute fürs StuPa

Neben vier bereits im StuPa vertretenen Listen stehen sieben neu formierte Listen zur Wahl, die frischen Wind reinbringen wollen. Darunter ist zum Beispiel die „Grüne Liste. Soziale, klimagerechte Uni für Alle!“, die bei der Podiumsdiskussion durch Alice Schaller vertreten wurde. Sie will die Diskussion um Themen wie Biodiversität im StuPa anregen und sich außerdem für den Ausbau des ÖPNV stark machen, zum Beispiel durch eine Einführung von Nachtbussen auf den Lahnbergen.

Die Grüne Hochschulgruppe wünscht sich ebenfalls eine verbesserte Mobilität in Marburg, „die sich nicht nur an Autos orientiert.“ Damit solle den Bedürfnissen aller Bürger*innen gerecht werden. Repräsentant Jan Sollwedel fordert außerdem eine Verbesserung der internen Kommunikation im StuPa in der kommenden Legislatur sowie einen Ausbau von studentischen Räumlichkeiten.

Der Internationale Jugendverein (IJV) wurde durch Alicja Kolacz vertreten. Sie erhofft sich vom StuPa einen verstärkten Einsatz für bessere und bezahlbare Bildung, was konkret den Semesterbeitrag und die Qualität der Lehre betreffe. Außerdem sieht sie ein Problem in der Öffentlichkeitsarbeit des StuPa und des AStA und wünscht sich mehr Erreichbarkeit. Der IJV ist auch als Verein in der politischen Arbeit aktiv. So hofft Alicja, die Expertise des Jugendvereins auch im StuPa einbringen zu können.

Ebenfalls Erfahrung mit Politik hat die Volt Hochschulgruppe, die sich aus der Jugendpartei von Volt gegründet hat. Sie plädiert für europaweiten Austausch und Vernetzung in der Hochschulpolitik. Ein persönliches Anliegen des Vertreters Fynn Schedler ist außerdem der Ausbau von Blindenbeschriftung und Leitlinien an der Universität.

Grün, Grün, Grün sind alle meine Farben

Was bei der Aufzählung der Listen in diesem Jahr besonders auffällt, ist die Vielzahl von „grünen“ Listen. Neben der Grünen Liste und der Grünen Hochschulgruppe kandidiert auch noch das Links-Grüne Wahlbündnis Move35. „Scheinbar ist das die neue Trendfarbe“, lacht Alice. Sie erklärt, dass die Grüne Liste verschwestert sei mit der Klimaliste, die in der Kommunalpolitik in Stadt und Landkreis aktiv ist. Deswegen bestehe bereits organisatorische und politische Expertise bei den Listenvertreter*innen. Jan Sollwedel von der Grünen Hochschulgruppe erklärt, ihre Ähnlichkeit zum Namen des Bündnis 90/Die Grünen sei oft „zu deren Ärgernis“, da bestehe also keine Verbindung. Auch sie könnten verschiedene politische Erfahrungen einbringen. „Es ist ja kein Geheimnis, dass wir auch andere motiviert haben zu kandidieren“, sagt Jan und meint damit das Links-Grüne Wahlbündnis Move35, mit dem er auch schon bei der vergangenen Bundestagswahl angetreten ist.

Wie die Listen den Semesterbeitrag senken wollen

Trotz kleinerer Unstimmigkeiten in der Podiumsdiskussion sind sich die Teilnehmer*innen vor allem in einem Punkt einig: Der Semesterbeitrag muss sinken. Die vorgeschlagenen Wege zu diesem Ziel sind aber recht verschieden. Einen großen Anteil am Semesterbeitrag hat das Semesterticket, das neben dem Deutschlandticket auch begrenzte Fernverkehr-Nutzung für Marburger Studierende beinhaltet.

Deshalb wollen sich die Grüne Liste, der SDS und die Rosa Liste dafür einsetzen, den Preis für das Fernverkehrsticket bei der Deutschen Bahn zu verhandeln, anstatt das Ticket zu streichen. Das Fernverkehrsticket sei zwar eine „hart erkämpfte Errungenschaft der Studierenden“, solle im Notfall jedoch gestrichen werden, sagt Thore vom SDS. Der IJV schließt sich an: „Es ist wichtig, dass man da eine Lösung findet, die für uns Studis am Ende am sinnvollsten ist und von der am meisten wir profitieren und nicht irgendeine Aktiengesellschaft“, bekräftigt Alicja. Fynn (Volt HSG) hingegen findet die Vorteile des Fernverkehrstickets bedeutsamer als seine Nachteile: „Es verkürzt die Reisezeit erheblich und macht längere Fahrten günstiger.“

Neben der Abschaffung des Verwaltungskostenbeitrags, die neben Rosa Liste und SDS auch der IJV unterstützt, solle das Preis-Leistungs-Verhätnis des hohen Semesterbeitrages wieder stimmen. Dazu gehörten zum Beispiel die Mensapreise und die Instandhaltung der Wohnheime.

Warum du das StuPa nicht kennst

In Sachen Öffentlichkeitsarbeit gibt es noch viel zu tun für die Listen. Viele Studierende bekommen nichts mit von den StuPa-Sitzungen oder den laufenden Wahlen und interessieren sich auch wenig dafür. Thore macht die Bologna-Reform für das fehlende Engagement verantwortlich: „Es wird alles ganz kurzlebig gemacht. Wir haben eine Regelstudienzeit von sechs Semestern. Das ist enorm irrational für viele Studiengänge.“

Bei sich selbst und ihrer oft geringen Online-Präsenz sehen die Listen das Problem allerdings eher weniger, es fehle hingegen die Bereitschaft der Studierenden, sich mit Hochschulpolitik auseinanderzusetzen. Eher sei die Wahlwerbung Aufgabe des Wahlausschusses. Jan Sollwedel sieht Verbesserungspotenzial in der Einbindung internationaler Studierender, was zum Beispiel durch die International Students List geschehe.

Im letzten Jahr war immer wieder von einem „Rechtsruck“ im StuPa die Rede. Wir haben die Diskutant*innen darauf angesprochen, wie sie die Lage einschätzen. Die Antworten hört ihr in unserem Podcast und erfahrt, welche Rolle dabei die Liste der Unabhängigen spielt. Außerdem erfahrt ihr, was die Befragten von militärischer Forschung an Universitäten halten und was Klassismus mit dem digitalen Studierendenausweis zu tun hat.

Zur Wahl stehen außerdem folgende Listen:
– Zusammenschluss unabhängiger Fachschaften (auch „Die Unabhängigen“ genannt)
– Liberale Hochschulunion – Die Studivertretung (setzt sich aus der ehemaligen Liberalen Hochschulgruppe, die der FDP nahesteht, und dem RCDS, der Nähe zur CDU hat, zusammen)
– Linke Liste Marburg (neu)
– Links-Grünes Wahlbündnis Move 35 (neu)
– International Students List (neu)

(Lektoriert von jap und ans.)

schiller

ist 24 Jahre alt und studiert Literaturvermittlung in den Medien, sieht sich selbst aber immernoch als Anglistin. Sie weiß nichts über vieles, aber alles über Jane Austen. Seit November 2024 in der Chefredaktion tätig.

ist 26 Jahre alt und studiert im Master Friedens- und Konfliktforschung. Macht sich auch außerhalb des Studiums viele Gedanken über die Welt und die Menschen, die sie beleben. Seit November Teil der Chefredaktion.

ist 20 Jahre alt, studiert Philosophie und Politikwissenschaft.

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