Die Unabhängigen: StuPa als politisches Drama

Die Unabhängigen:  StuPa als politisches Drama

Foto: Malu Wolter & Leoni Schnell

Vom 14. bis 27. Juni ist Hochschulwahl! PHILIPP hat mit den Hochschulgruppen gesprochen, denen ihr eure Stimme geben könnt. Heute stellen wir euch Die Unabhängigen vor.

Fangen wir mal mit den Basics an: Mit wem sprechen wir denn heute?

Michael Nowaczek (33 J.), StuPa Listenplatz 1, Senat Listenplatz 2 (links im Bild)

& Samuel Haipeter (21 J.), StuPa Listenplatz 2 (rechts im Bild)

Wenn das Student:innenparlament (StuPa) ein Filmgenre wäre, welches wäre das?

Michael: Die Sitzung von letzter Woche war ein gutes Drama.

Samuel: Ja, ein richtig schönes politisches Melodrama.

Warum tut ihr euch die Hochschulpolitik (HoPo) mit ihren Nachtsitzungen usw. an?

Michael: Das StuPa hat ausnahmsweise keine Nachtsitzungen, geht um 18 Uhr los und eigentlich nur bis 22 Uhr. Gegen FSK, QSL und Haushaltssitzungen – eine davon ging neulich bis 5:30 Uhr – ist das StuPa harmlos!

Samuel: Meine Motivation für Hochschulpolitik: In der Schule war ich auch schon in der Schülervertretung, dann ein paar Jahre weniger aktiv, dann habe ich Michas Mail bekommen, der eine neue Hochschulgruppe zusammenstellen wollte. Das Mitarbeiten und für Studis etwas zu bewegen ist ein tolles Gefühl – etwas zu schaffen für Mitstudent:innen, die ja auch ein großer Teil von Marburg sind.

Könnt ihr uns das nochmal auf den Punkt bringen: 3 Gründe, warum HoPo sexy ist?

(Samuel lacht)

Michael: Die meisten wissen gar nicht, was für Gremien es gibt. Die Wahlbeteiligung ist eine Katastrophe, obwohl wählen online geht und super einfach ist. Was man den Leuten sagen kann, ist, was dort beschlossen wird, also dass das StuPa zum Beispiel Einfluss auf den Semesterbeitrag hat – das überrascht Leute oft, dass das von Studierenden mitentschieden wird. Über Nextbike und dass die Ausleihbar Teil des Semestertickets wird, wird auch da entschieden, das funktioniert aber nur, wenn sich jemand dafür einsetzt. Das sind also auch kleine Dinge, die aber dann einen Unterschied machen, mit denen man etwas verändern kann.

Die bestehenden Listen sind sehr spezifisch, wenn es darum geht, wen sie vertreten. Viele Studis gehen deswegen unter, zum Beispiel Naturwissenschaftler:innen. Es braucht also Leute, die sich dafür einsetzen. Am Wochenende fährt nur einmal in der Stunde ein Bus auf die Lahnberge. Es gab immer wieder Initiativen, aber so wirklich etwas ist nicht dabei rausgekommen. Das würde auch die Uni attraktiver machen.

Wenn es 20.000 Student:innen in einer 80.000 Personen-Stadt gibt, kann man da auch richtig Druck ausüben oder zumindest wir als Studierende auf das Präsidium und Arbeitgeber:innen, sodass das Studieren attraktiver wird.

Im Endeffekt ist es also sexy, weil man sich für Student:innen einsetzen und etwas bewegen kann. Aber wenn ihr von heute auf morgen in der Marburger HoPo etwas ändern könntet, was wäre das?

Michael: Diversität. Jemanden von jeder Fakultät da rein setzen. Nicht mal die medizinischen Studiengänge haben untereinander Kontakt. Was machen die Jurist:innen, die Zahnmediziner:innen, die Psycholog:innen? Man hat untereinander null Kontakt und würde mit einer Art Diversitätsquote quasi gezwungen werden, dass sich alle miteinander beschäftigen. Das wär super. Das ist unser langfristiges Ziel, aber das wird sicherlich dauern.

Ist euch die Diversität auch wichtig in Bezug auf Geschlechterverteilung? 

Michael: Als angehender Mediziner sollte ich alle gleich behandeln. Jede:r, der:die Bock dazu hat, mitzumachen – in welcher Form auch immer– ist willkommen. Da haben wir keine Quote, auf keinen Fall. Alle, die Bock haben, sind willkommen, das ist unser Grundsatz. Wir versuchen, die Bürokratieschwelle niedrig zu halten, gerade, wenn es Probleme gibt, die viele betreffen. Wir sind auf Insta und per E-Mail erreichbar, wir haben sogar facebook eingerichtet. 

Viele wissen gar nicht von eurer Arbeit. Was wollt ihr tun, damit sich mehr Studis für die HoPo interessieren?

Samuel: Die Leistungen, was man als StuPa beschließt, besser an die Studierendenschaft kommunizieren. Ich kriege selbst nur mit, was in den Sitzungen passiert, weil ich selber hingehe. Wenn ich mich nicht für das StuPa interessiere, dann werde ich davon auch nichts mitbekommen – von meinem ersten bis zum letzten Tag an der Uni. Dass das Semesterticket auch vom StuPa beschlossen wird, war zum Beispiel auch für mich eine Neuheit. Wer leistet eigentlich etwas für die Studierendenschaft – oft hat auch das StuPa da seine Finger mit im Spiel. Mehr Aufmerksamkeit für das StuPa, aber auch für HoPo allgemein also. 

Gibt es konkrete Schritte eurerseits, um das Interesse zu fördern? 

Samuel: Was wichtig ist, ist der menschliche Kontakt. Social Media ist ein guter Schritt, aber es ist auch oft eine Seite, die man anklickt und dann wieder wegklickt. Wenn man keine Gesichter und keine Taten hinter den Listen kennt, vergisst man die schnell wieder. Wenn man das aber hinkriegt, das zu zeigen: Wir sind das StuPa und wir haben dies, dies und dies erreicht, dann kann das auch hängen bleiben.

Größte Projekte für das kommende Semester?

Michael: Auf Ilias gibt es einen offenen StuPa-Ordner, in dem man die Beschlüsse, Protokolle usw. lesen kann. Aber wenn man sich dafür nicht interessiert, liest man sich das natürlich auch nicht durch. Vor allem kein Protokoll von einer vierstündigen Sitzung. Das wollen wir ändern. Wir wollen auch die aktuellen Parteien ein bisschen umwerfen. Ich hatte das Gefühl, dass viele Parteien und Beschlüsse sich auf Randgruppen beziehen, die benachteiligt werden, was super wichtig ist, aber es gab lange keinen Beschluss für die Allgemeinheit, zum Beispiel in Bezug auf die Mensa. Zusätzlich ist es ’ne Katastrophe, dass es an unserer Uni keine Aufenthaltsräume gibt. So muss man sich bei jedem Wetter draußen oder in irgendeiner Bar oder einem Café treffen und dort einen teuren Kaffee trinken. Macht ja niemand, und so sitzt eben jede:r zuhause.

Also bessere Aufenthaltsmöglichkeiten und Fokus wieder auf Hochschulpolitik im Kern legen?

Michael: Die ganzen Listen sind auch bundespolitisch angebunden, was gut ist, aber es gibt so viele lokale Probleme, die uns Studis in Marburg betreffen, um die wir uns kümmern könnten und müssten. Und an die müssen wir uns wieder mehr halten.

Welcher Studiengang/ welche Studienrichtung ist denn bei euch am meisten vertreten?

Michael: Medizin derzeit. Hat aber auch blöderweise einen Grund: Ich wusste, wann die Wahlen sind, mir war aber am Anfang nicht bewusst, wann ich die Vorschläge einreichen muss. Also hatte ich nur zwei Wochen Zeit, um die Listen zu erstellen. Ich habe in der Zeit 24 Leute motivieren können, das ist gut, aber ich habe nicht erreicht, was ich wollte, also zum Beispiel auch aus jedem Fachbereich jemanden dabeizuhaben.

Habt ihr dafür überhaupt Zeit für mit eurem Studiengang? Das Medizinstudium ist ja allgemein als sehr zeitaufwendig bekannt. Wie kriegt ihr das hin?

Michael: Durch Motivation und gutes Zeitmanagement klappt das auch neben dem Medizinstudium. Klar, habe ich potenziell ’ne 6-Tage-Woche, aber wer zum Beispiel Fußball spielt, schafft es ja auch, regelmäßig zum Training zu gehen. Man schafft alles, worauf man Bock hat.

Wie ist es für dich mit deinem Studiengang, Samuel? Du studierst ja unter anderem Chemie auf Lehramt.

Samuel: Der stressige Teil meines Studiums, die Laborpraktika im Chemiestudium, kommt erst noch, aber die hochschulpolitischen Sitzungen sind ja auch lange vorher geplant, so kann man da gut außen herum planen. 

Und zum Abschluss: Wer sollte euch nicht wählen? Gibt es da No-Gos?

Michael: Alle können uns wählen. Alle die Bock haben, das aktuelle Parteigefüge ein bisschen durcheinanderzubringen, dürfen uns gerne wählen – und sollten es auch. Gerade bei der niedrigen Wahlbeteiligung. Wir brauchen niemanden, der super motiviert ist, aber zumindest Leute, die uns eine Stimme geben, um was erreichen zu können. Wir freuen uns über jede Stimme, bei der Wahlbeteiligung wirklich über jede.

Weitere Informationen zur Hochschulwahl findet ihr hier: 

Wahlzeitung des Wahlausschusses

Wahlwebseite des AStA und der FSK

Die Unabhängigen bilden ihren Namen aus ihrer von bundespolitischen Parteien
unbeeinflussten Stellung. Sie setzen sich nach eigener Aussage auf mehreren Ebenen für ein variableres, zugänglicheres Universitätsleben ein. Sie fordern unter anderem die Zunahme von online einsehbaren Vorlesungen, einen Ausbau der Infrastruktur der Lahnberge sowie die Erweiterung des PERIOD-Projektes, das Menstruationsprodukte enthaltende Spender installiert.
Zudem ist es der recht neu gegründeten Liste ein Anliegen, sich für ein ausgewogeneres, für mehrere Ernährungstypen geeignetes Mensa-Essen zu engagieren, das dennoch preiswert und umweltfreundlich werden soll. Darüber hinaus ist den Unabhängigen wichtig, extracurriculare Angebote zu unterschiedlichen Themen wie Klimawandel und Hochschulpolitik zu schaffen, um Studierenden so die Möglichkeit zu bieten, fachübergreifende Kompetenzen auszubilden.

– Diese Informationen gehen aus dem Wahlprogramm und eigenen Aussagen der Hochschulgruppe hervor. es wurde nicht überprüft, inwiefern diese Bestreben tatsächlich umgesetzt werden.

ist 2002 in Berlin geboren und studiert Soziologie im Bachelor. Seit Januar 2023 beim Philipp Magazin in der Redaktion aktiv

ist seit April 2023 Redaktionsmitglied. Studiert American, British and Canadian Studies. Er ist Läufer und großer HSV-Fan.

ist 2000 nahe Zürich geboren. Studiert Literaturvermittlung in den Medien. Bei PHILIPP seit Januar 2023 aktiv und seit April 2023 Chefredakteurin. Schreibt am liebsten Protokolle und FSK-Berichte.

ist seit Mitte Februar 2023 Redaktionsmitglied. Studiert Literaturvermittlung in den Medien. Hat den Film "Babylon" acht Mal im Kino gesehen. 23 Jahre alt.

2 Gedanken zu “Die Unabhängigen: StuPa als politisches Drama

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