Abenteuer FSK: Nachts in der Bib

Abenteuer FSK: Nachts in der Bib

Am 14.12. fand die letzte Fachschaftenkonferenz (FSK) des Jahres 2023 statt. Berichte der Fachschaften gab es diesmal nicht, dafür aber vielfältige Diskussionen. Habt ihr euch schonmal gefragt, ob Filmabende als Veranstaltungen gelten oder wie viel Meinung man haben sollte, um sich an einem Stimmungsbild zu beteiligen? Wenn nicht, wird es Zeit! 

Neben mir sind schon Bier und Chips ausgepackt als um 20:14 Uhr das letzte Vorstandsmitglied den Raum betritt. In der Einladungsmail wurde um Pünktlichkeit gebeten, damit wir direkt um 20:15 Uhr durchstarten können. Die Sitzung beginnt um 20:27 Uhr. Immerhin: Es sind ganze 18 von 23 stimmberechtigten Fachschaften anwesend. Zwei Neuankömmlinge huschen noch schnell in den Raum. Die Tagesordnung auf der Präsentation entspreche nicht der in der Einladung, merkt jemand an. Auch zum Protokoll gibt es ungewöhnlich viele Anmerkungen. Wurde es etwa tatsächlich gelesen? Neben einigen sinnvollen Korrekturen kommen auch Kommentare, die – zumindest mich – vor allem verwirren. So wünscht sich jemand mehr Fließtext, weil das stichpunktartige Protokoll nicht gut nachvollziehbar sei, wenn man nicht bei der Sitzung war – Ansichtssache, denke ich, es ist eben ein Protokoll und kein Roman. Außerdem bedankt sich jemand, dass der Vorstand jetzt das Protokollschreiben übernehme. Das ist seit mindestens drei Jahren der Fall. 

„Es ist nur ein Meinungsbild, wenn du noch keine hast, enthalte dich halt.“

Die monatlichen Berichte werden auf später verschoben. Stattdessen starten wir direkt in eine Diskussion über die Finanzkonventionen, eine Tabelle, die dem Vorstand bei Haushaltskürzungen als eine Art Leitlinie dient und für verschiedene Bereiche (z. B. Veranstaltungen) ein angemessenes Budget vorgibt. Dieses kann dann mit den vorgelegten Haushalten der Fachschaften abgeglichen werden. Das Ganze soll zugänglicher gemacht werden, damit sich alle Fachschaften bei der Erstellung ihres Haushalts daran orientieren können und nicht diejenigen, die darüber Bescheid wissen, einen Vorteil gegenüber den anderen haben. Die beantragten Mittel wären dann allerdings zweckgebunden, sodass für eine Umwidmung ein erneuter Antrag und eine Abstimmung notwendig würden. Der Vorstand möchte dazu ein Stimmungsbild einholen. 

Es wird kritisiert, dass das noch nicht abgesprochen worden sei und dass es schwierig sei, ein komplettes Jahr im Voraus zu planen. Außerdem müsste der Vorstand dann genauer überprüfen, wofür das Geld ausgegeben wird. Neben mir ist ein Kartenspiel in vollem Gange. Es gibt eine Beschwerde über die angebliche Intransparenz in der Kommunikation. Die Kunstgeschichte berichtet, sie hätte Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit ihren Dozent*innen und erklärt, in ihrem Fach könne man wenige Ausflüge innerhalb Marburgs machen, weshalb sie mehr Geld für Ausflüge benötigen würden. Der Vorstand betont erneut, dass es bloß um ein Stimmungsbild gehe. Jemand fasst ungebeten sehr ausführlich die Diskussion zusammen. Eine Person möchte das Stimmungsbild vertagen, woraufhin aus der gegenüberliegenden Ecke die Antwort kommt: „Es ist nur ein Meinungsbild, wenn du noch keine hast, enthalte dich halt.“ Eine andere Person erklärt dem Vorstand die Haushalts-Konventionen – was mit leicht irritiertem Kopfnicken quittiert wird. Immer eine gute Idee, anderen Leuten ihren Job zu erklären. 

Bingo!

Es ist 20:59 Uhr. Eine neue Person betritt den Raum, einen großen offenen Karton im Arm. Daraus lugen Kleidung, eine Flasche Spezi und ein blauer Bauhelm hervor. Die Person setzt sich vor mich. Dann löst die einfache Frage „Brauchen wir eine Deko-Pauschale?“ aufs Neue eine Diskussion aus. Eine Fachschaft empfiehlt Budgeting (man könne ja zum Beispiel weniger Kerzen kaufen) und betont: „Ich kann nur für uns sprechen, aber WIR schreiben nur das auf, was wir wirklich brauchen.“ Jemand wirft in den Raum, dass beim letzten Haushalt mehrere Fachschaften Bollerwägen für 300 Euro kaufen wollten, aber Einkaufswagen günstiger seien – auch auf legalem Weg, wenn etwa ein Supermarkt schließe. Die gesamte Diskussion ist schwierig zu verfolgen, vor allem, weil die meisten – inklusive mir – wenn überhaupt nur über Halbwissen verfügen, darauf aber Argumente aufbauen. 

„Haben wir die Kraft, das alles zu diskutieren?“, fragt der Vorstand. Anscheinend ja, denn daraufhin gehen wir alle Einzelbeträge durch: Wo könnte man die Konventionen noch kürzen? Ein Klebebandstreifen löst sich langsam von einer Ecke des Kartons vor mir. Ob er halten wird? Der Vorstand hat bereits einige Kürzungen vorgeschlagen und die Tabelle im Vorhinein verschickt. Die Humanbiologie möchte Begründungen für die Änderungen hören. Um 21:19 Uhr treffen wieder Neuankömmlinge ein. Mitten in einem Diskussionspunkt wird ein GO-Antrag auf eine fünfminütige Pause gestellt. Niemand außer der Antragstellerin stimmt dafür. „Lass uns das doch jetzt einfach zu Ende bringen.“ Ja, bitte. 21:21 Uhr. „Bingo“, tönt es aus einer Ecke, nachdem ein Antrag auf Begrenzung der Redezeit gestellt wurde. Jemand merkt an, man brauche ja auch nicht 150 Euro im Jahr für Sitzgelegenheiten. Vor mir spielt jemand ein Videospiel. 

Ohne Sticker kein Mini-Merch?

Ein Vorstandsmitglied erwähnt, unter anderem aus Umweltschutzgründen kein Fan von Stickern zu sein, was eine angeregte und – in Anbetracht der Tatsache, dass nur eine persönliche Abneigung geäußert wurde – irritierend lange Diskussion auslöst. Wenn man keine Sticker beantragen solle, brauche es auch den Posten ‚Mini-Merch’ gar nicht. Kurz danach fühlt es sich an, als wären wir auf einem Markt. Jemand schlägt vor, die Punkte größerer Merch und Mini-Merch zusammenzulegen, mit 50 Euro. Der Vorstand findet das zu wenig: „100.“ „80“, kommt zurück. Um 21:46 Uhr kommt aus der gleichen Ecke wie zuvor die Frage nach einer Pause. Eine Person rettet uns mehrfach mit der Bitte, die Redeliste zu schließen, wenn sich das Gespräch wieder im Kreis dreht. 22:18 Uhr. „Bingo!“ Ich denke heute Abend über Fragen nach, die ich mir zuvor noch nie gestellt habe: Sind Filmabende eigentlich Veranstaltungen? Die Konventionen werden fleißig besprochen und gekürzt, dann geht es weiter in der Tagesordnung. Statt der in einer früheren Sitzung aufgestellten drei Personen werden nur zwei Stellvertreter*innen für die Studienkommissionen benötigt. Zum Glück findet sich schnell jemand, der zurücktritt. Eine Fachschaft spricht die Preiserhöhung des Semestertickets im nächsten Semester an – um fast 30 Euro. Die meisten sind sich einig, dass der Semesterticketbeitrag zu hoch ist, eine Person merkt an, sie könne den Beitrag bald nicht mehr zahlen, wenn er weiter steige. 

Die Fachschaft Roter Faden (Ev. Theologie) beschwert sich über die Schließung der Universitätsbibliothek zwischen den Jahren, denn die Studierbarkeit sei eingeschränkt, eine Schließung an den gesetzlichen Feiertagen sei ausreichend. Der gestellte Antrag, eine Stellungnahme an die UB zu schicken, wird angenommen. Daraufhin schlägt eine Vertreterin vor, dass jetzt sofort alle Anwesenden einzelne Beschwerde-Mails an die Bib schicken sollen, was vom Vorstand mit einem halb ironischen, halb verzweifelten: „Kein Problem, wir haben ja Zeit“ kommentiert wird.

Bei einem Sondermittelantrag der Geschichte zur Finanzierung eines Vortrags wird vor allem diskutiert, über welchen Haushalt (2023 oder 2024) die Veranstaltung finanziert werden soll. Um 22:57 Uhr betritt jemand mit drei identischen Wasserflaschen im Arm den Raum. Die Philosophie beantragt eine Rückerstattung der Fahrtkosten für die Bundesfachschaftentagung in München – das Datum habe erst drei Wochen vorher festgestanden. 

Golfcaddie oder Duo-Waffeleisen

Nach den Anträgen folgen ein paar zusammengewürfelte Fragen und Informationen. Ein Dauerthema: Eine Fachschaft erkundigt sich, wann sie Geld vom AStA zurückerstattet bekomme. Die Buchhaltung sei seit längerem krank, die neue würde derzeit eingelernt, lautet die Antwort. Die Fachschaft Medizin verabschiedet sich mit den Worten: „Ich habe es genossen, euch zu nerven und jetzt gehe ich.“ Jemand vom AStA berichtet außerdem, 2021 habe es einen Antrag gegeben, die Immatrikulation für intergeschlechtliche Personen zu vereinfachen. Ab dem Sommer sollen Vorname und Geschlechtseintrag nun wohl geändert werden können. Bei der Terminfindung für die nächste Sitzung, stößt die Entscheidung, dass die Haushaltssitzung aufgrund der erwarteten Überlänge digital stattfinden soll, auf erstaunlich viel Widerstand, doch der Vorstand setzt sich durch. Aber keine Sorge, es gibt einen Kompromiss: Die Philosophie setzt sich für die Sitzung zusammen und bietet an, dass auch andere dazukommen könnten. FSK-Public Viewing. 

Die Möglichkeit, sich bei der FSK Dinge wie Lautsprecher auszuleihen, damit nicht jede Fachschaft das gleiche anschaffen muss, würde gut genutzt, auf einer Medi-Party wurde allerdings ein Strahler geklaut und die WiWis seien für den Rest des Semesters gesperrt nachdem ein verloren geglaubtes Mischpult bei ihnen wiederaufgetaucht ist. Da die Ausleihe noch Geld übrig hat, werden Ideen gesammelt, was man noch anschaffen könnte. Von Golfcaddie (nicht ganz ernst gemeint) über Duo-Waffeleisen (backt schneller mehr Waffeln) bis hin zu einer Beflockungsmaschine (nachhaltig produzierte Fachschafts-Shirts sind teuer) ist alles dabei. Auch der Kühltruhenvorschlag ist zurück. „Teekocher!“ „Ist das zwingend notwendig?“ „Brauchen wir Kaffeekocher?“ „Ja.“ Wenn die Sitzung noch länger dauern würde, bräuchte ich zumindest dringend einen Kaffee, zum Glück schließt die Bib aber um Mitternacht und so brechen wir pünktlich wie Aschenputtel auf. Die Berichte fallen diesmal aus. Es ist das erste Mal, dass ich den Gong in der Bib höre.

PHILIPPs bisherige Abenteuer bei der FSK findet ihr hier.

(Lektoriert von jok und let.)

ist 2000 nahe Zürich geboren. Studiert Literaturvermittlung in den Medien. Bei PHILIPP seit Januar 2023 aktiv und seit April 2023 Chefredakteurin. Schreibt am liebsten Protokolle und FSK-Berichte.

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