Partyfreunde vereinigt euch!

Partyfreunde vereinigt euch!

Wir sitzen draußen vor’m Edlunds, haben uns gerade Kaffee bestellt und genießen die warmen Sonnenstrahlen, die sich für ein paar Tage mal nach Marburg verirrt haben. Turecki hat mir ein Dingsbums-Stirnband mitgebracht, doch um das DJ-Duo, das PHILIPP vor nicht allzu langer Zeit vorstellte, soll es heute mal nicht gehen.

Dingsbums, Cloudcuckooland, Marbylon, Bassmusik, Enter the Void, Rhythmusgiganten, G-Lectric, Echtzeit, Ich kenn den DJ und was es da noch alles gibt… Das sind alles DJ Kollektive oder Partyveranstalter*innen, die es sich ein bisschen zur Aufgabe gemacht haben, uns Marburger*innen ein vielseitigeres, großartiges und einfach sorgenloses Partyleben zu ermöglichen. Am Freitag, den 20.03. kommt da jetzt sowas, das nennt sich „Symbiose“. Eine Veranstaltung, die drei der oben genannten Kollektive unter einem Dach sammelt. Witzig, finden wir, aber wie genau funktioniert das und was steckt dahinter? PHILIPP will’s wissen und traf Initiator Michael Turecki auf einen kleinen Plausch.

PHILIPP: Michi, erklär uns das doch mal, was genau ist diese Symbiose?

Turecki: Die Symbiose ist eine selbstverwaltende und unabhängige Fusion, also ein Zusammenkommen aller lokaler Veranstalter, DJs, Feierwütigen, Tontechnikern und Studierenden, Eigeninitiativen und Selbstverwirklicher.

Das ist dann ja eine ganz schön große Gruppe…

Genau. Eigeninitiativen umfassen übrigens alle möglichen Leute, die darauf Lust haben, die Partylandschaft hier mitzuprägen oder – noch besser – zu verändern, indem sie eben ein Teil dieser Symbiose-Organisation sind. Das sind aktuell 33 Mitglieder, die sich aus den unterschiedlichen Kompetenzen, Berufungen, Lebensstilen und Geschmäckern zusammensetzen.

Okay. Am Freitag setzt sich die Fusion ja aus Dingsbums, Bassmusik und Enter the Void zusammen. Warum ausgerechnet die drei? Warum fehlen da ein paar Kollektive?

Das erklärt sich ganz einfach: Die drei Kollektive wollten schon immer mal ´ne Party zusammen machen. Sie legen dabei alles in die Waagschale und versuchen mehr daraus zu holen. Dieses „Mehr“ kennzeichnet sich letztendlich durch die Symbiose, wo jeder von vornherein weiß und mitbekommen soll, dass die Leute sich verstehen, dass sie miteinander zusammenarbeiten wollen, dass sie ein anderes Ziel verfolgen, dass ein einzelner nicht erreichen kann und getreu dem Motto „zusammen ist man weniger allein“ geht’s eigentlich darum, die ganze Vielfalt und Qualität unter ein Dach zu bringen.

Turecki fährt sich abwesend durch die Haare. „Oh man Leo“, sagt er, „ich bin heut ein bisschen durcheinander. Wie war die Frage nochmal?“ „Nicht schlimm, kennt man ja!“, erwidere ich und wiederhole:

Warum fehlen andere Veranstalter-Kollektive?

Ach ja. Es fehlen ja keine Veranstalter. Es ist ja so, dass bei der Symbiose in der Form des Konzeptes bei drei Floors auch nur drei Veranstalter Platz haben. So haben sich die ersten Drei zusammengebildet, weil diese einfach bereit waren, am 20.3. das Ganze auszuprobieren.

Also war‘s im Prinzip Zufall?

Genau. Das war mehr Zufall, beziehungsweise es ist eine Entscheidung aller. Alle Kollektive, die man kennt, tragen zu der Entscheidung bei, da spielt jede Meinung eine Rolle. Und die Entscheidung liegt eben daran, dass diese 33 Mitglieder sich entschieden haben: Die erste Symbiose besteht aus Bassmusik, Dingsbums und Enter the Void.

Wer hat denn das ganze initiiert?

Ja, das war ich, Michael Turecki. (lacht) Ich wollte schon immer, damals mit meinem Freund Tortuga, einen andern, neuen Weg gehen, der nicht nur darin bestand, dass man Kräfte bündelt, sondern dass man versucht, aus dieser Vielfalt etwas Positives rauszuziehen. Ich fasse das mal so zusammen: Hier in Marburg hat man diesen Zustand, dass man von den lokalen Besitzern und deren Vorschriften und Regelungen abhängig ist. Wenn man es aber schafft, dass man ein Angebot so attraktiv macht und mit einer Überzeugung, dass es eben genau umgekehrt ist, dann haben wir alles erreicht. Wenn wir – mit Hilfe der Gäste -entscheiden können, wie teuer oder billig eine Party ist, wie sie gestaltet werden kann und vor allem wo sie hingeht, weil sie mit Absprache aller getroffen wird, bingo.

Und an diese Philosophie lehnt sich die Symbiose an?

Es geht ja um die Fragen, wie man die Partylandschaft an einem Wochenende oder einem Monat so erweitern kann, dass es attraktiver wird, dass das Angebot sich mehrt, anstatt sich gleicht. Und Symbiose ist einfach nur ein Resultat dieser vielen Ideen, wie man auch aussterbende oder „Nischen“-Kulturen weiter bestehen lassen kann. Und es ist ja auch ´ne Chance für Newcomer; im Grunde ist es sogar eine Chance für jeden, etwas zu verändern, der sagt: Marburg ist mir zu klein, es ist zu teuer, es ist immer dasselbe Brot etc. Bei der Symbiose kann jeder seinen kleinen Senf dazugeben. Das sind offene Türen, das sind Treffen, die einmal in zwei Wochen stattfinden, jeder ist willkommen und das Team wächst.

Klingt zumindest nice. Seit wann plant ihr das Ding denn?

Die ganze Veranstaltung hat fünf Monate gedauert, von der Idee-Erstellung bis zur Umsetzung. Zuletzt wird das Till Dawn an besagten und einen Tag vorher umgebaut. Das heißt es wird so umgestaltet, dass das Angebot eines Veranstalters mal drei summiert wird. Dadurch hat die Symbiose den Vorteil, dass der Abend kein gewöhnlicher Till Dawn-Abend ist, sondern spürbar und sichtbar ein anderes Ergebnis sein wird.

Das Till Dawn hat ja auch so seine Züge, die von vielen Marburger*innen sehr kritisch angesehen werden. Mein Mitbewohner zum Beispiel will den Laden am liebsten nie wieder betreten. Warum feiert ihr eigentlich im Till Dawn?

Das ist die einzige Location, wo wir mit gutem Gewissen 1000- 1500 Gäste einladen können – worum es letztendlich auch geht, denn so viele dürfen, sollen sich versammeln und dabei muss der Platz einfach von entscheidender Qualität sein. Ähnlich wie bei Outdoor Veranstaltungen, wo es keine Grenzen gibt, wenn man nur genug Platz hat. Die Durchführung von so ´ner Party kann man im Nachtsalon oder Knubbel einfach nicht verantworten. Die Suche nach der Diskothek bleibt aktuell, aber bis dahin richtet sich das Konzept nur auf solche großen Räume.

Gehen wir weiter in der Till Dawn-Kritik: Wie handhabt ihr das mit den Türstehern?

Ja, das ist natürlich ein Thema. Aber ich muss dir sagen, wir sind alle sehr überzeugt, denn das Till Dawn gehört von der Profession und Struktur zu den professionellsten Läden in Marburg. Das vergessen viele, weil sie vielleicht auch zu oberflächlich auf den Laden schauen. Aber hinter dem Laden stecken nun mal Leute, die die ganze Sache ernster nehmen, weil sie es durch ihre Auflagen und bedingt im Dialog mit der Stadt möglich machen, dass man auch mal bis 8 Uhr feiern kann und gewissermaßen mehr Freiheiten hat, die sich nicht nur in der Lautstärke wiederspiegeln. Wir wollen ja auch der Zimmerlautstärke entkommen und einfach Gas geben. (lacht) Das Till Dawn hat sich diese Freiheiten erkämpft und da spielen auch die Türsteher eine Rolle, weil man denen einfach vertrauen kann. Wenn wir als Veranstalter eine Veranstaltung durchführen, dann wollen wir frei und glücklich sein mit unsern Mitmenschen. Und wenn ich nicht darauf achten muss, was da draußen passiert, dann weiß ich, dass die Türsteher ihren Job machen. Diskussionen, die darum schon entbrannt sind, sind im Grunde Erfahrungen Einzelner. Und wenn‘s darum geht, bin ich eigentlich auch ein ganz krasser Feind der Türsteher. Aber Leo, ich hab die DJ Kultur, oder diese Kultur um die Musik so kennengelernt, dass man gar keine Türsteher gebraucht hat. Dass das nun anders ist, da sollte sich vielleicht jeder selbst mal Gedanken machen, warum es so weit gekommen ist.

Werfen wir nochmal einen Blick auf das Event selbst: Was genau erwartet das Publikum am Freitag?

Das Publikum erwartet die Veranstalter, die sie in verschiedenen Rahmen kennengelernt haben, in einem völlig neuen Partykontext. Also drei Veranstalter zusammen unter einem Dach, da stell ich mir eine komplette Veränderung dessen vor, was man von ihnen einzeln gewohnt ist. Da ist Dingsbums, die eher den Chillout Part übernehmen, Bassmusik, hart wie Stahl (lacht) und Enter the Void, die bis zum Morgengrauen Stimmung machen werden. Die drei… (Er zögert) ganz ehrlich, da fehlen mir die Worte, das ist der Partykontext, das ist eine völlig neue Sache. Das Endergebnis wird eine Überraschung für alle bleiben.

Was sagst du denn zu der Kritik, dass gerade die drei unter einem Dach so gar nicht zusammenpassen würden? Wie du schon sagtest, ist Dingsbums z.B. eher chilliger, wie passt da der heftige Beat von Enter the Void dazu?

Turecki hat sich soeben einen Keks in den Mund gesteckt und muss erstmal kauen…

Das wunderbare bei der Symbiose ist, dass da so eine Überzeugungsarbeit dahinter steckt. Das Publikum sind ja genau diejenigen, die auf all diese Partys, also Bassmusik, Dingsbums sowie Enter the Void gehen, und dabei nicht über eine Hürde springen oder sowas. Das Ganze ist aus diesem Wohlwollen entstanden, dass solche musikalischen Stile und Geschmäcker zusammenkommen. Das scheint für die einen total logisch, für die andern ist das total spannend, weil die sich fragen, kann das denn funktionieren? Und ich sag Jawohl! Hier zwingt dich niemand zu etwas. Die sprechen sich alle ab, nicht nur unter einem Dach, sondern auch außerhalb. Da stecken so viele Details dahinter. Die zweite Symbiose, die bereits feststeht, ist zum Beispiel mit Marbylon, dem Ehhskalationskollektiv und der zweiten DJ Conference Marburg. Da macht es genauso viel Spaß sich zu überlegen, was haben die sich denn dabei gedacht.

Ich versuche hier, die Partylandschaft zu strukturieren, also dem ganzen ein Management zu geben, was für alle und uns selber eine Stütze sein kann, auf der wir aufbauen können, denn das größte Makel ist nicht nur die fehlende Diskothek, sondern auch die Beständigkeit einer Bewegung, einer Überzeugungskraft. Wir können es nicht immer allen Geschmäckern recht machen, aber wir können uns darauf vorbereiten, wie wir diese DJ Kultur und den Spaß um die Musik herum stabiler und interessanter gestalten können, mit noch mehr Engagement zu mehr Spaß.

Turecki brabbelt noch was, nimmt sich dann aber lieber noch einen Schluck Kaffee. „Ach scheiße Leo, ich bin so durcheinander.“, sagt er kopfschüttelnd, lacht aber dabei. „Ich hab jetzt auch nur noch zwei letzte Fragen.“, ermuntere ich ihn, nehme mir auch noch einen Schluck Kaffee und fordere Turecki dann auf, mir folgenden Satz zu vervollständigen:

Gelungen ist die Party wenn…

…wenn tatsächlich über 1000 Leute kommen. Das sag ich jetzt so, weil so ein Resultat eine Bestätigung für alle Teilnehmer ist, dass die Struktur stimmt, dass das Gerüst, die Finanzierung und alles funktionieren. Dass sich die Idee und das Konzept durchsetzen.

Die Finanzierung ist privat, richtig?

Ja. Die Kosten wurden unter uns allen verteilt. Wenn also so viele Leute kommen, dann haben unsere Gäste und Freunde die Idee bestätigt, dass es eine Veranstaltung gibt, die das große Ganze noch abbildet und in der es für 9 Euro – also 3 Euro pro Floor – immer noch so weitergehen kann, wie vielleicht vor 6, 7 Jahren angefangen, aber schon längst ausgereizt. Aber es gibt eben noch neue Wege!

Und nicht so geil wäre, wenn…

Turecki schweigt für einen Moment. Schließlich sagt er: Unmöglich. Weil das erste Mal von vornherein das Ergebnis keine Rolle spielt. Das wäre im schlimmsten Fall eben ein Minus-Kassenbestand. Bei der Symbiose ist das Ergebnis quasi schon, dass diese Party zustande kommt. Das ist der größte Gewinn für uns alle.

Turecki und ich quatschen noch ein bisschen über Partys und Discos allgemein, bevor wir uns schließlich voneinander verabschieden. Bis zur Symbiose.

BOCK?!: Die Symbiose findet am Freitag statt, den 20.03.2015. Einlass ist ab 22 Uhr, Till Dawn, 9 €. Wer Lust hat, sich an der Partyreihe zu beteiligen, mitzuentscheiden, „wie sie gestaltet werden kann und vor allem wo sie hingeht“, findet die Organisationsgruppe hier auf Facebook, kann sich an eine der beteiligten Kollektive wenden oder meldet sich bei Michael Turecki via Mail: Info@michaelturecki.com

PHILIPP-Gründerin und Chefredakteurin von 2014 - 2017.

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