Sneak-Review #180: Jojo Rabbit

Sneak-Review #180: Jojo Rabbit

Es geht weiter mit den Oscarkanditaten in der Sneak. Diese Woche muss in Taika Waitits neuem Film „Jojo Rabbit“ ein Hitlerjunge alles in Frage stellen, mit dem er in seiner Kindheit indoktriniert wurde.

Worum geht’s?

Der zehnjährige Johannes Betzler (Roman Griffin Davis), von allen Jojo genannt, ist überzeugter Anhänger der Hitlerjugend. Seine Mutter Rosie (Scarlett Johansson) mag die Partei aber überhaupt nicht. Sie äußert sich vor ihrem Sohn in jeder freien Minute dagegen. Dennoch, Jojo trägt seine Uniform mit Stolz, begrüßt jeden auf der Straße gleich doppelt mit dem Führergruß und hat jetzt sein lang erwartetes Jugendlager vor sich. Davon, Tiere zu töten war aber nie die Rede. Als Jojo einem Hasen des blinden Gehorsams wegen das Genick brechen soll, schafft er das mit seinem eigentlich unschuldigen Gemüt einfach nicht. Von nun an gilt er als Feigling unter den Kindern, die ihm den Spitznamen Jojo Rabbit verpassen. Das ist besonders schwer für den kleinen Jungen, denn ständig besucht ihn Adolf Hitler (Taika Waititi) in seinem Kopf und lässt Jojo jeden noch so kleinen Zweifel am Nationalsozialismus im Keim ersticken. Ständig wird dem Zehnjährigen gesagt, dass die deutschen Streitkräfte kurz vor dem finalen Sieg stehen. Eigentlich befindet sich der zweite Weltkrieg kurz vor dem Aus. Jojos Heimatstadt Falkenheim sieht man dies auch an jeder Ecke an.

Als der Junge vom Ferienlager zurückkommt, hört er ein knarzendes Geräusch aus dem Zimmer seiner schon vor Jahren gestorbenen Schwester. Hinter einer Geheimtür entdeckt er das jüdische Mädchen Elsa (Thomasin McKenzie), welches von Jojos Mutter Rosie versteckt wird vor der deutschen Gestapo. Damit ergeben sich mehrere Konflikte für den kleinen Jungen. Einerseits durch die Loyalität zu seinem imaginären Adolf Hitler, andererseits will Jojo aber natürlich nicht seine geliebte Mutter verraten und den Nazis ans Messer liefern. Also wie entscheidet sich der Junge letztendlich?

Satire oder Drama?

Das klingt alles doch ernster, als es die Trailer des Films versprechen. Trotzdem gibt es allerlei urkomische Momente in Jojo Rabbit. Hitler springt nach den Konversationen mit dem kleinen Jungen durch Fenster hinaus ins Freie, im Jugendlager erzählt Rebel Wilsons Figur davon, wie sie dem Führer schon 18 Kinder für den Krieg beschert hat, Kinder der Hitlerjugend bekommen Granaten an den Rücken gebunden und sollen, nachdem der Stift gezogen wurde, den Amerikanern entgegenlaufen. Das sind alles Momente, die einen zum Lachen bringen. Das liegt aber meist nicht daran, dass Gezeigtes wirklich witzig sein soll.

Viel eher können wir als Zuschauer heute kaum noch nachvollziehen, wie ernst Menschen solche Dinge früher meinten. Für uns wirkt das im heutigen Kontext völlig absurd. Diese Absurdität ist es, die Regisseur Taika Waititi einfängt, und den Zuschauer:innen einen Spiegel vorhält. Bei dem Witz des Ganzen verliert Waititi zum Glück den Bezug zur Realität nie. Vieles in Jojo Rabbit könnte wirklich so passiert sein, das macht der Film vor allem in der letzten halben Stunde klar. Die Satire wird auf einmal zum Drama, was dem Streifen deutlich zu Gute kommt.

Der brillante Cast

Es ist schon erstaunlich, dass gerade ein Regisseur außerhalb Deutschlands Personen in einem uns historisch sehr bedeutsamen Zeitraum besser einfangen kann, als so ziemlich jeder deutsche Film über den zweiten Weltkrieg der letzten zehn Jahre. Die Hauptfigur wirkt trotz ihrer ideologisch verqueren Einstellung greifbar. Das Gleiche gilt für Elsa und Rosie. Es wurde einfach die perfekte Besetzung für diese drei Charaktere gefunden. Die Chemie zwischen den Darsteller:innen funktioniert in jeder Szene, zu jeder Sekunde. Da wundert eine Nominierung für Scarlett Johansson als beste Nebendarstellerin nicht. Auch eine Rebel Wilson oder ein Sam Rockwell bereichern den Cast sehr. Doch mit dem letzten gibt es ein kleines Problem. So toll Rockwells Schauspiel auf der Leinwand auch ist, so gern man jede Szene mit ihm genießt, so inkonsequent ist der Charakter leider auch geschrieben. Erst der angehimmelte Nazi-Hauptmann, dann auf einmal der Retter in letzter Not und somit Held der gesamten Geschichte von Jojo Rabbit. Da gibt es dann doch die ein oder andere zu große Lücke in der Charakterisierung von Hauptmann Klenzendorf. Doch das ist Meckern auf sehr hohem Niveau. Außerdem hilft Rockwells Schauspiel immens dabei, darüber hinwegsehen zu können.

„Jojo Rabbit“ läuft ab dem 23. Januar 2020 in den deutschen Kinos.

Foto: 20th Century Fox Germany

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