Marburger Mietgeschichten: Viel Schimmel und noch mehr Chaos
Bild: Elija Ash Pauksch
Verschimmelnde Wohnungen, unbezahlbare Mieten, unmögliche Vermietende … die Wohnsituationen von Studierenden sind immer häufiger kaum tragbar. Gemeinsam mit dem AStA-Referat für Wohnen und Freiräume will PHILIPP darauf aufmerksam machen und die Betroffenen in der Reihe Marburger Mietgeschichten zu Wort kommen lassen. Was der Marburger Rechtsanwalt Gunther Specht zu dem Fall sagt, erfahrt ihr unten.
Ursprünglich hatte der Vermieter mit mir einen Termin zur Schlüsselübergabe und zum Einzug für Ende September vereinbart. Ich bestellte also einen kleinen Transporter und Familie und Freunde zu diesem Termin, welcher mir dann am Vorabend abgesagt wurde. Als ich daraufhin den Vermieter kontaktierte, wurde dieser direkt sehr abfällig und meinte, ich hätte die Wohnung ja erst ab Oktober, es wäre ja logisch, dass ich erst ab dann in die Wohnung kann. Von der E-Mail mit dem vereinbarten Termin im September wollte er nichts wissen.
Ein Leben ohne Tisch
Als ich dann im Oktober zur Schlüsselübergabe nach Marburg kam und meine Wohnung beziehen wollte, kam der nächste Schock. Die Wohnung war total heruntergekommen, kleiner und nicht die Wohnung, die ich bei der Besichtigung angeschaut hatte. Darüber hinaus war die Wohnung, bis auf die Einbauküche, einfach leer. Und das obwohl ich die Wohnung teilmöbliert gemietet (Bett, Schreibtisch, Schreibtischstuhl, Kleiderschrank) und dafür einen monatlichen Aufpreis von 50€ auf die Miete gezahlt habe.
Als ich den Hausmeister, da der Vermieter gar nicht anwesend war, darauf ansprach und meinte, dass ich für die Möbel bezahlt habe, wurde mir nach einigem Hin und Her geraten, dass ich doch diese Nacht bitte woanders schlafen solle, da die Möbel heute und morgen nicht mehr kommen würden. Ich bin dann also sichtlich enttäuscht wieder eine weite Strecke nach Hause zu meinen Eltern gefahren. Da ich aber aufgrund dieser Entfernung nicht pendeln konnte und der Wohnungsmarkt in Marburg nicht der entgegenkommendste ist, war ich auf diese heruntergekommende Wohnung angewiesen. Das Bett und der Stuhl kamen nach ca. 3 Tagen, auf den Tisch habe ich fast 3 Wochen gewartet. Mehrfach kontaktierte ich den Vermieter höflich diesbezüglich und wurde dann damit abgespeist: „Ich solle nicht stressen.”
Schillernde Wände
Zudem wich die Wohnung auch total vom Mietvertrag ab, zum Beispiel verfügte die Wohnung laut diesem über eine bodengleiche Dusche aus Glas, die Dusche in der Wohnung hatte einen etwa 15 cm hohen Sockel mit einer mehr oder weniger verschimmelten und kaputten Tür aus Plastik. Auch der Wasserschlauch der Dusche war komplett undicht, auf eine Reparatur musste ich länger warten und wurde immer wieder vertröstet.
Als ich ungefähr einen Monat in der Wohnung wohnte, erreichte mich ein Brief des Vermieters, in dem er mich darauf hinwies, wenn in meiner Wohnung Schimmel entstünde, ich ihm das mitteilen und die Kosten selbst tragen müsse, da dies ja dann meine Schuld wäre. Ich habe morgens, teilweise nachmittags und abends für mehrere Minuten alle drei Fenster geöffnet, zusätzlich nach dem Kochen und Duschen und habe auch ausreichend geheizt. Dann entdeckte ich eines Abends, dass die Wand total schillerte, daraufhin merkte ich, dass sie komplett nass war. Kurze Zeit später zeigten sich die ersten Schimmelspuren, nicht nur an den Außenwänden. Dazu muss ich erwähnen, dass die Temperaturen für diese Jahreszeit bis dato noch vergleichsweise mild waren. Als der Schimmel sich weiter ausbreitete, besorgte ich mir einen Schimmelentferner, um diesen zu entfernen. Die Wohnung war trotz Lüften und Heizen sehr feucht und die Fensterscheiben ständig beschlagen. Auch die Außenwände waren nach wie vor feucht, vor allem abends und früh morgens. Daher besorgte ich mir mehrere Raumentfeuchter, was leider nichts gegen die hohe Luftfeuchtigkeit in der Wohnung ausrichten konnte.
Als ich dann den Schimmel entfernte, bemerkte ich, wie ich nur immer mehr Wandfarbe auf meinem Tuch hatte. Ich putze also die minderwertige Wandfarbe ab und unter der Farbe kam immer und immer mehr Schwarzschimmel zum Vorschein. Ich hatte den Verdacht bereits gehegt, dass der bereits vorher vorhandene Schimmel durch Streichen überdeckt wurde, da ich mir nicht schlüssig erklären konnte, wie sich nach nicht einmal zwei Monaten schwarzer Schimmel bilden konnte, obwohl ich alles gegen Schimmel tat. Unklar war und ist für mich jedoch, ob der Vermieter im Bilde war und den Schwarzschimmel selbst übermalt hatte oder ob er dies selbst nicht wusste und die Person, die vorher in der Wohnung wohnte, den Schimmel verheimlicht hatte. Der Brief bezüglich des Schimmels kam mir jedoch sehr seltsam vor und löste in mir den Verdacht aus, dass der Vermieter mindestens die Situation kannte – vor allem, da mich der Warnbrief erreichte, bevor ich überhaupt Schimmel melden konnte.
Wenn nur noch die Flucht bleibt
Als ich dann feststellen musste, dass ich diesem Problem nicht gerecht werden konnte, entschied ich mich dazu, vorübergehend auszuziehen. Dazu muss ich sagen, dass der Schimmelbefall im kompletten Wohn- und Schlafraum und in der Küche, außer im Bad vorhanden war. Insofern stand für mich fest, dass ich mich dieser Gesundheitsschädigung nicht weiter aussetzen kann und möchte, zumal ich seit frühester Kindheit an einer chronischen Bronchitis leide.
Ich zahlte also zu dieser Zeit „doppelte” Miete, da ich keinerlei Beweise gegen den Vermieter hatte und der Mietvertrag für ein halbes Jahr vorgesehen war. Ich wohnte deshalb vorübergehend in einer Wohngemeinschaft und fuhr mehrmals die Woche zu meiner Wohnung, um dort zu lüften und die Luftentfeuchter gegebenenfalls auszuwechseln. Darüber hinaus ließ ich sämtliche Heizungen in der Wohnung rund um die Uhr auf mindestens der 3. Stufe laufen, da die Wohnung aufgrund undichter Fenster sonst auskühlte und trotz angestellter Heizungen nur knapp über 19°C herrschten. Auf den hohen Heizkosten bin ich selbstverständlich auch alleine sitzengeblieben.
Ich kündigte die Wohnung mit einer Frist von drei Monaten. Während ich noch immer pünktlich die vollständige Miete zahlte und die Mietzeit noch etwa zwei Monate betrug, kontaktierte mich plötzlich der Hausmeister per E-Mail mit den Worten: „Sie müssen sofort aus der Wohnung, bis spätestens morgen, den Schlüssel legen sie in den Briefkasten, sonst räumen wir Ihre Wohnung!” Zu diesem Zeitpunkt war ich auf der Arbeit und war total aufgelöst und überfordert von dieser Nachricht. Ich schaute sofort nach, ob ich die Miete wirklich immer pünktlich und vollständig überwiesen hatte und rief dann den Vermieter an, da ich die Welt nicht mehr verstand.
Schwierige Kontaktaufnahme
Nach mehreren vergeblichen Kontaktversuchen erreichte ich ihn und schilderte ihm die Situation. Er gab an, von nichts zu wissen und speiste mich dann mit einem „Ja ne, das ist nichtig, ich sage dem Hausmeister, er soll sich entschuldigen“ ab. Die „Entschuldigung“ des Hausmeisters kam dann einige Tage später, zuvor wollte er den angekündigten Rauswurf noch leugnen. Mit dem Hausmeister gab es zudem noch eine weitere, sehr unangenehme Situation. Dieser schrieb mir an Weihnachten plötzlich und machte mir unangemessene „Komplimente“. Daraufhin wandte ich mich an den Vermieter und sagte, dass ich mich damit nicht wohlfühlen würde und er bitte dafür sorgen sollte, dass der Hausmeister mich nicht ungefragt in einer solchen Art und Weise kontaktieren möge.
Als ich dann endlich ausziehen wollte, musste ich zweimal eine Wohnungsabgabe machen, da der Vermieter das Protokoll von der ersten Abgabe verlegt hatte. Danach wartete ich ewig auf die Rückzahlung meiner Kaution. Ich drohte mit rechtlichen Schritten, was nicht half. Erst als ich eine sehr negative öffentliche Rezension über diesen Mann schrieb und all die hier genannten Aspekte aufzählte (bis auf den Schimmel), kam er auf mich zu und überwies mir einen Großteil der Kaution. Als ich dann eine kleine Nachzahlung verrichten musste, tat ich dies umgehend. Wochen später erhielt ich ein Schreiben, dass er mir eine falsche IBAN genannt habe und ich das Geld nochmal überwiesen solle mit einer ungerechten Frist von 3 Tagen. Ich überwies das Geld aus Sorge also nochmal und musste fast einen Monat darauf warten, die zu viel gezahlte Nachzahlung zurückzubekommen, wobei er zunächst behauptete, das zu viel gezahlte Geld sei gar nicht angekommen. Dies konnte ich aber mit Hilfe meiner Bankberaterin beweisen.
Ich habe mich zu der Zeit sehr belastet von der gesamten Situation gefühlt. Ich leide zudem an einer chronischen Erkrankung und meine Schübe werden vor allem durch äußere Reize wie Stress getriggert. Mir ging es zu dieser Zeit also sowohl psychisch als auch physisch nicht gut. Zudem haben mich die doppelten Kosten und der Aufwand, mehrmals die Woche in die Wohnung zu fahren, um zu lüften damit sich der Schimmel nicht verschlimmert, belastet. Die Wohnung lag im Stadtwald (Marburg), meine vorrübergehende Wohnung in der Marbach Richtung Wehrshausen, der Weg war also entsprechend weit.
Inzwischen ist das zum Glück vorbei und etwa 1,5 Jahre her. Ich habe jetzt eine schöne Wohnung und einen sehr hilfsbereiten Vermieter, mir geht es also sehr gut. Ich würde mich nicht nochmal so passiv verhalten und mich genau über meine Rechte informieren und mich gegen so ein Verhalten wehren. Das würde ich auch allen raten. Man darf sich nicht alles gefallen lassen, denn gewisse Personen wissen das auszunutzen.