Über Junges Wohnen hinaus: Warum es langfristige Lösungen braucht

Über Junges Wohnen hinaus: Warum es langfristige Lösungen braucht

Stundenlange Pendelfahrten, teure Hotelzimmer und vor Allem eine Menge Frust, waren für viele das Ergebnis der Wohnungssuche in Marburg im vergangenen Wintersemester. Nun ist ein neues Semester gestartet, was meistens ein Grund zur Vorfreude ist. Ein Studium beginnen, Menschen kennenlernen, eine neue Stadt, so zumindest die Vorstellung. Die Realität sieht oft anders aus, eine zermürbende Suche nach Wohnungen und WGs, die nicht selten erfolglos endet, fängt an. Dass die Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht nur in Marburg problematisch ist, zeigt eine neue Studie des Moses Mendelssohn Instituts (MMI), die den Wohnungsmarkt in 94 deutschen Hochschulstädten untersucht hat und dabei zu alarmierenden Ergebnissen gekommen ist. Nahezu zeitgleich zum Erscheinen dieser Ergebnisse stellte Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (SPD), das neue Förderprogramm Junges Wohnen vor, welches die Wohnungssuche für junge Menschen zukünftig erleichtern soll.

Teuer und schwer zu finden: WGs in Deutschland

23 Euro mehr als noch im Wintersemester kostet ein WG-Zimmer in einer deutschen Hochschulstadt zum Semesterstart. Damit lässt sich eine Preissteigerung von 5% innerhalb eines halben Jahres erkennen; in vielen Städten liegt diese sogar weit über 10%. Der Durchschnittspreis eines WG-Zimmers liegt bei 458 Euro. Das sind die wichtigsten Zahlen, der am 29. März gemeinsam von MMI und WG-Gesucht veröffentlichten Studie. Untersucht wurde der Wohnungsmarkt in den 94 deutschen Städten, in denen mehr als 5.000 Studierende leben.

Besonders hoch sind die Preise, wie zu erwarten, in Städten wie München (720 Euro), Berlin (640 Euro) oder Frankfurt (580 Euro) – von den starken Preissteigerungen sind jedoch alle untersuchten Städte betroffen. Besonders deutlich wird die Problematik, wenn die Zahlen ins Verhältnis zur Wohnkostenpauschale beim BAföG, die bei 360 Euro liegt, gesetzt werden. Diese reicht nur in wenigen Fällen (bei weniger als einem Fünftel aller Studierenden), zur Deckung der Miete eines durchschnittlichen WG-Zimmers. Deshalb fordert Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studentenwerkes die Wohnkostenpauschale auf mindestens 410 Euro zu erhöhen: „Nötig sind jetzt keine Kurzfrist-Prämien (die Energiepauschale), sondern ein kräftiges Plus beim BAföG“. Auch das volle Gehalt eines Minijobs von 520 Euro reicht vielerorts nicht oder nur gerade so aus, um die Mietkosten eines WG-Zimmers zu decken.

Nicht nur die Preise, sondern auch ein genereller Mangel an Wohnraum – ob bezahlbar oder nicht –, sorgt regelmäßig für Chaos auf deutschen Wohnungsmärkten, auch in Marburg. Die Zustände zu Beginn des letzten Wintersemesters zeigten, wie knapp der Wohnraum in Marburg ist. Viele sahen sich gezwungen in winzige, zugleich jedoch überteuerte Wohnungen einzuziehen. Es ging aber auch soweit, dass einige Kommiliton:innen in Hotels unterkommen mussten, da sie nichtmal ein überteuertes Zimmer finden konnten. Um die in Not Geratenen zu unterstützen, organisierte der AStA solidarische Wohnungsbörsen, übergab eine Petition an die Stadt, und führte mehrere Gespräche mit dem Bürgermeister – mehr dazu hier und hier oder auch auf dem Instagram-Account des AStA.

Damals wurde immer wieder betont: es könne nicht dauerhaft in der Verantwortung des AStA liegen, sich um die Betroffenen zu kümmern, sondern es sei eine politische Aufgabe, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Auf lokalpolitischer Ebene in Marburg wurde durch den Einsatz des AStA bereits einiges in Bewegung gesetzt, um ähnlichen Zuständen vorzubeugen; nun scheint sich auch auf Bundesebene etwas zu tun.

Warum Wohnen neu gedacht werden muss

Um dem Mangel an Wohnraum speziell für Studierende und Auszubildene entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung, vertreten von Ministerin Klara Geywitz, am 30. März das Förderprogramm Junges Wohnen vorgestellt. Im Rahmen dieses Programmes sollen im Jahr 2023 500 Millionen Euro bereitgestellt werden, um Wohnraum für junge Menschen zu schaffen. Konkret soll dies durch den Aus-, Neu- und Umbau von Wohnheimplätzen geschehen. Das Programm ist Teil einer allgemeinen Offensive der Bundesregierung, die mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen soll. Bis 2026 hat sich die Regierung vorgenommen, 14,5 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau zu investieren.

Das Programm Junges Wohnen erzeugte seitens der Gewerkschaften und Studierendenwerke positive Resonanz. Matthias Anbuhl vermeldete: „Als Verband der Studierendenwerke […] begrüßen wir das Bund-Länder-Programm ausdrücklich.“ Auch DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell ist positiv gestimmt, die Bundesregierung setze mit dem Programm ein gutes Zeichen.

Es bleibt allerdings auch Raum für Kritik. Das Projekt sei im Allgemeinen zwar zu befürworten, da es sich bei dem Zuschuss von 500 Millionen Euro um eine notwendige Maßnahme handle, so Alena und Fiete, LeiterInnen des AStA Referats für Wohnen und studentische Infrastruktur. Was jedoch zu wenig beachtet werde sei der Umstand, dass das Geld diejenigen Studierenden gar nicht erreichen würde, die in privaten Mietverhältnissen, also nicht in Wohnheimen leben. Das seien in Marburg immerhin über 90% aller Studierenden. Junges Wohnen ist Ihrer Ansicht nach also ein Schritt in die richtige Richtung, „langfristig muss sich allerdings mit der Frage beschäftigt werden, wie Wohnen grundsätzlich anders organisiert werden kann.“

(Lektoriert von let, hab und jok.)

ist seit Januar 2023 Mitglied in der Philipp Redaktion. Studiert Soziologie im Bachelor und ist 23 Jahre alt.

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