Barfuß in der Bib ist (gar nicht) geil!
In den Semesterferien haben viele Studierende das Pech, zahlreiche Stunden in den Universitätsbibliotheken verbringen zu müssen, um Hausarbeiten zu schreiben, für Examen zu lernen oder sich auf andere Prüfungen vorzubereiten. Da sitzt man dann den halben Tag auf den eher nicht so bequemen Sesseln und starrt stumpf auf Papier und/oder PC, während die Sommerhitze einen nur so das Wasser am Körper lang laufen lässt. Manche nehmen es sich deshalb heraus, wenigstens ein bisschen Bequemlichkeit zu erlangen, indem sie ihre Schuhe ausziehen. Und dann gibt es andere, die genau das absolut gar nicht geil finden.
PRO von Jule Seibel
Meine nackten Füße schmiegen sich an den rauen, mäßig sanften Teppich der Zentralbibliothek in Marburg. Die Beine sind lang ausgestreckt, die Zehflossen überkreuzt und die Fersen stemmen in den Boden hinein – meine Lieblingsstellung. Mit Schuhen geht das gar nicht. Mit Socken dann, bei Kälte. Das geschieht beim Lernen. Und wie ich das finde? Optimal. Wie finden das die anderen? Mmh… manche ‚Bibber‘ runzeln die Stirn oder man entdeckt diesen „Warum zur Hölle barfuß?“-Blick. Klar können Füße ungemein duften, aber tropft der Schweiß gerade bei den heißen Sommertagen nicht längst mehr nur aus den Tretern? „Wasn‘ Hippie, Gebetstante*onkel, Individualist*in, Verrückte*r, Freidenker*in“, so in etwa lauten die typischen Stempel für Barfüßler*innen. Manche Bezeichnungen sollten für Studierende in der Tat zutreffen. Doch keineswegs ist es richtig abzustempeln! Vor allem dann, wenn die entblößten Füße nur mal unter den Tischen ruhen. Um was es bei uns ‚Barfuß-Bibbern‘ im Grunde geht, ist das Wohlfühlen. Und das Gefühl sollte nicht nur zu Hause bleiben, sondern auch in die Öffentlichkeit getragen werden, bis in die Bibliothek hinein. Da gelingt doch einem das Lernen für Prüfungen gleich viel besser und die Hausarbeiten lassen sich viel leichter bewältigen! Zudem ist da diese grausame Luft in der Bibliothek. Sie hängt zwischen Regalen, Stühlen und Schreibtischen, es ist kaum auszuhalten. Die minimale Fensteröffnung hilft da auch nicht mehr. Spätestens um 13 Uhr hat sie jeden Student*in in eine vollkommene Konzentrationsblockade getrieben. Wenigstens beflügelt einem da dann das schöne Gefühl von Zuhause! Naja und das Barfußlaufen bringt auch so manch praktische Vorteile mit sich: Das Trainieren der Fußmuskulatur sorgt für eine gesunde Körperhaltung, Senk- und Spreitzfüßen wird vorgebeugt. Zudem kann man sich endlich von den kalten Füßen verabschieden, denn die Bewegung der kompletten Fußmuskulatur aktiviert Körperwärme. Hier noch eine kleine extra Motivation für Leute, die vielleicht schon mit dem Barfuß-Gedanken spielen: Mahatma Ghandi ist ein Symbol für Barfußlaufen, er lief bei seinen Friedensmärschen nämlich auch immer barfuß. Mach mit und wir würdigen zusammen dem Barfußpilger ein metaphorisches Denkmal unter den Marburger Bibliothekstischen beim Lernen!
KONTRA von Susanna Roßbach
Die allermeisten Menschen haben schöne und weniger schöne Körperteile. Füße gehören bei ihnen eindeutig zu den weniger schönen. Und deshalb will ich sie nicht sehen! Schon gar nicht die Füße von fremden Menschen! Und erst recht nicht, wenn ich gerade verzweifelt versuche, mich auf den Stoff der nächsten Klausur zu konzentrieren. Spontane Assoziationen? Fußpilz, Hühneraugen, eingewachsene Zehennägel, Käsefüße, gruselige Fußfetischisten – nicht besonders positiv, was? Meine Abneigung gegen Füße kann man übertrieben finden. Ich bin damit aber durchaus nicht allein. Es soll sogar Leute geben, die regelrecht Angst vor Füßen haben und nicht einmal den Anblick ihrer eigenen Füße ertragen: „Podophobie“ heißt das dann. In sozial adäquaten Situationen habe ich sogar schon gelernt, mit Füßen umzugehen. Klar, Schuhe im Freibad wären komisch und auch Yoga funktioniert barfuß in der Regel besser. Meinen Freund stoße ich auch nicht von der Bettkante, sobald er seine Socken auszieht. Aber mal ganz im Ernst: In der Bibliothek? Im juristischen Seminar liegt sogar Teppichboden! Habt ihr euch schon mal überlegt, wie oft der gereinigt wird? Ja, genau, nicht sehr oft! Andere Leute gehen auch ab und zu auf Toilette und tragen dann alles, was dort unsichtbar auf dem Boden kreucht und fleucht genau dorthin, wo ihr später genüsslich eure Zehen vergrabt. Im Sommer wird es auch nicht besser – schon mal was von Feuchtbiotopen gehört? Und die Luftqualität profitiert schließlich auch nicht davon, dass ihr eure verschwitzten Quanten an der Luft trocknen lasst. Mir ist es dann auch egal, ob ihr vorher Sandalen, Bootsschuhe oder Gummistiefel anhattet. Wollt ihr untenrum nackt sein, geht ins Freibad, zum Yoga oder bleibt im Bett – dort ist es ohnehin schöner als in der Bibliothek!
FOTO: Evil Erin auf flickr.com, CC-Lizenz
Stellvertretende Chefredakteurin und Ressortleiterin Politik. Hat seit neustem ein abgeschlossenes Hochschulstudium - yeah! - und ist ein Fan von Katzen, dem Internet und Katzen im Internet.