Sneak Review #136: Der Vorname

Sneak Review #136: Der Vorname

Was haben unsere Universität, Karlsruhe, Washington, Alexandria und Athen gemeinsam? Genau, sie alle wurden nach bekannten Personen benannt. Namen sind etwas, das der Mensch erfunden hat und die für ihn von tiefer Bedeutung sind. Genau diese Thematik greift Sönke Wortmann in seiner neuen gesellschaftskritischen Komödie „Der Vorname“ auf. 

Unsere Namen sagen uns und unserem Gegenüber viel. Sowohl über uns wie über unser Gegenüber und unsere Gesellschaft. Manche Namen sind gerne gesehen, andere wurden im Laufe der Zeit zum Gespött der Gesellschaft. Manche sind gefürchtet, andere stehen für Stärke und Einfluss. Das Erste, was wir tun, sobald das Geschlecht eines neuen Lebens fest steht, ist, nach einem passenden Namen zu suchen. Nicht zu schwach soll er klingen, bei einem Jungen soll es nach Männlichkeit klingen, bei einem Mädchen aber auch nicht zu sehr nach Einhornpups und Regenbögen. Dass Eltern über die Namen ihrer Kinder entscheiden, ist die Regel. Aber was, wenn es um einen Namen geht, der in der Gesellschaft für Aufrur und Zähneknirschen sorgt?

Ein Name, wie kein anderer

Bereits beim Vorspann steht fest: Dieser Film legt Wert auf die Vornamen der Menschen. Die Schauspieler werden nur mit dem Vornamen erwähnt und die Hauptfiguren nur mit dem jeweiligen Vornamen vorgestellt. Der Film folgt dem Abend einer Familie, die sich zum Essen trifft, dabei wird ein Thema ganz groß geschrieben: Der zu bestimmende Name des ungeborenen Sohnes von Thomas (Florian David Fitz). Adolf. So soll er heißen. Die Stimmung kippt, der geplante Abend eskaliert und die Hauptfiguren verbringen den restlichen Film damit, sich mit den Konsequenzen eines solchen Namens auseinander zu setzen.

Ist der Name überhaupt erlaubt in Deutschland? Das Kind würde doch gehänselt werden, oder nicht? Was würde man über seine Eltern denken? Und was, wenn Thomas Schwester Elisabeth (Caroline Peters) beschließt, ihn nicht beim Vornamen zu nennen? All dies sind Fragen, die während des Abends aufeinander treffen. Während Stephan (Christoph Maria Herbst), Elisabeths Ehemann und Literaturprofessor, seinen Standpunkt gegen den Namen Adolf mit geschichtlichen Hintergründen untermalt, versucht René (Justus von Dohnányi), die Beweggründe von Thomas und seiner Freundin Anna (Janina Uhse) zu ermitteln. Es muss ja welche geben, warum sonst würden sie ihren Sohn Adolf nennen wollen, nicht wahr?

Eine kleine Diskussion, ein bisschen Altersunterschiede und ein paar Geheimnisse

Die Thematik der Namen wird in Wortmanns „Der Vorname“ mit Klarheit, Offenheit und Liebe zur Diskussion verarbeitet. Der Film scheut sich nicht davor, die Geschichte Deutschlands zu erwähnen. Es wird nicht von „Du weißt schon wer“ geredet. Der Name Adolf fällt des öfteren, ebenso wie andere Vornamen, die zu Persönlichkeiten gehörten, die in der Geschichte einen bitteren Geschmack hinterlassen haben. „Der Vorname“ aber scheut nicht davor zurück, sie zu bennen. Die Thematik war gut gewählt, mit genau dem richtigen Maß an Witz und Fingerspitzengefühl. Warum sie nicht weiter verfolgt oder der Film bei dieser Thematik geblieben ist, ist fragwürdig. Themen wie Homosexualität und Beziehungen mit Altersunterschieden wurden plötzlich angesprochen und beanspruchten die zweite Hälfte des Filmes für sich. Um einen Namen ging es erst dann wirklich wieder, als das Kind von Thomas und Anna auf die Welt kommen sollte. Bis dahin wurde nach einer knappen Stunde der Name Adolf sowie andere mögliche Namen kaum erwähnt. Eher ging es um die Hauptfiguren selbst, um ihre Probleme oder darum, wer für wen was empfindet oder empfinden könnte.

Witz und Fingerspitzengefühl, wo bleibt die Tiefe?

„Der Vorname“ hat den kompletten Saal zum Lachen gebracht. Er bringt die Zuschauer in seinen Bann, denn welcher andere Film setzt sich so locker und mit Können mit dem Namen Adolf Hitlers auseinander? Wer sonst zählt jegliche Diktatoren oder Mörder auf, um zu zeigen, wie viele Namen verboten werden müssten, wenn ein Mensch mit diesem Namen was schlechtes getan hat? Wenige, ist die Antwort. Und noch weniger mit so viel Witz und Elan. Die Tiefe aber fehlt. Aus dem Thema kann man viel rausholen, die Hauptfiguren drehen sich aber oft im Kreis und Aussagen wie „Das geht einfach nicht“ oder „Ich werde ihn nicht so nennen“ hört man öfters als eine geschichtliche Erklärung zum Warum. Dennoch kratzt es etwas an der Frage warum oder warum nicht jemand sein Kind Adolf nennen könnte. Die Argumente dafür, ein Kind so zu nennen erscheinen meist naiv, unsere Gesellschaft würde sich nicht darauf einlassen, den Namen Adolf so zu sehen wie den Namen Paul oder Max, nicht wahr? Genau das versucht Thomas den anderen Figuren näher zu bringen. Ihnen aufzuzeigen, warum die Gesellschaft sich einen Ruck geben sollte und den Namen doch wieder akzeptieren.

In der Hinsicht hat sich der Film was getraut. Er ist nicht vor der Thematik zurückgeschreckt, hat aber auch nicht weiter in ihr gewühlt. Sich nicht weiter damit auseinander gesetzt, was passieren würde, im positiven und im negativen Sinn, wenn Thomas sein Kind Adolf nennen würde. Die Chance, weiter in die Thematik einzusteigen, hat sich der Film mit anderen Themen wie Homosexualität oder Altersunterschiede in Beziehungen selbst verbaut.

Alles in allem ist „Der Vorname“ eine wunderbare Komödie für die, die nicht zu hundert Prozent während eines Films abschalten möchten und sich gerne klarer mit eher unangenehmen Dingen auseinandersetzen.

„Der Vorname“ kommt am 18.10.2018 in die deutschen Kinos.

FOTO: Constantin Film

2 Gedanken zu “Sneak Review #136: Der Vorname

  1. Im Fazit heißt es in dem Artikel „denn welcher andere Film setzt sich so locker und mit Können mit dem Namen Adolf Hitlers auseinander?“

    –> Das Original. Bei dem aktuellen Film handelt es sich nämlich um ein billiges Remake des französischen Films „Der Vorname“ aus dem Namen 2012. Er wurde fast 1:1 kopiert und lediglich eine Dialoge noch lächerlicher präsentiert. Auch bei dem Original handelt es sich um eine Komödie, die jedoch mit weit mehr Charme daher geht.

    Eine kurze Recherche zum Film hätte dies sicher aufgezeigt. Schade, dass in dem Artikel mit keiner Silbe darauf eingegangen wird und so das Bld vermittelt wird, als würde es sich bei dem Imitat um die eigenständige kreative Umsetzung eines sensiblen Themas handeln.

    1. Danke für die Kritik. Wir versuchen immer, uns über den Film zu informieren und vor allem zu beschreiben, wie er auf uns gewirkt hat. Dabei gehen allerdings manchmal Informationen unter beziehungsweise werden übersehen. Das ist hier offensichtlich leider auch passiert.

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