Sneak Review #88 – Patti Cake$

Sneak Review #88 – Patti Cake$

Es ist die zweite Semesterwoche, der Saal 4 im Marburger Kino ist voll mit Neu- und Alt-Marburgern und die Hoffnungen, nicht in einem Horrorfilm zu sitzen, sind groß. Welch Glück, tatsächlich noch nicht Halloween: Diesen Dienstag in der Sneak Preview: „Patti Cake$“, das neue Drama von Autor und Regisseur Geremy Jasper.

Nach einem diesmal erfolglosem Sitzplatzbingo, wird es dunkel im Saal und nach etwas mehr Werbung deutet FOX Searchlight Pictures den Beginn der Sneak an. Unsicherheit im Saal. Diese wandelt sich schnell in Stille als es kurz nach einem Horrorfilm aussieht. Dann Verwirrung. Die ersten Szenen des Films sorgen für leises und unsicheres Murmeln unter den Zuschauer:innen. Dann endlich die Aufklärung: Ein Traum. Erleichtertes aufatmen als es langsam anfängt nach einer Komödie oder einem Drama auszusehen.

Oh schaut, es hat (mehr oder weniger) Inhalt!

Patricia Dombrowski (Danielle Macdonald), auch Killa P oder Patti Cake$ genannt, wohnt mit 23 Jahren bei ihrer Mutter Barb (Bridget Everett) und Großmutter (Cathy Moriarty), liebevoll Nana genannt. Mit dem Wunsch vor Augen, einmal mit ihrer Musik groß rauszukommen, schreibt Patti ihre eigenen Texte während sie in einer Kneipe an der Bar arbeitet. Sie träumt immer wieder davon mit ihrem Vorbild O-Z auf der Bühne zu stehen. Unterstützung erhält sie dabei von ihrem engsten Freund Jheri (Siddharth Dhananjay), der sie immer wieder daran erinnert, wie sehr sie das möchte. Ihre Versuche, ein Album aufzunehmen, nehmen erst langsam Fahrt auf, als sie den eher stillen Basterd (Mamoudou Athie) kennenlernen.

Der Film hat zwei heißbegehrte Themen aufgegriffen, die viel Herz beweisen: Freundschaft und Familie. Diese wurden immer wieder in den Vordergrund gerückt und man war als Zuschauer:in an den Beziehungen zwischen den verschiedenen Figuren interessiert. Auch wenn ich anfangs etwas skeptisch war, hat sich die Geschichte mit der Zeit tatsächlich inhaltlich sinnvoll entwickelt.

Rapperfilm mal anders

Trotz einiger inhaltlicher Innovationen, die die Geschichte voranbringen, hat sich der Film immer wieder dessen bedient, was man schon viel zu oft gesehen hat. Von den typischen Familien Problemen, über die sexistischen Kommentare die an die weibliche Hauptfigur gerichtet werden und teils auch ihren Körper beleidigen, bis hin zum (von einigen im Saal) heiß ersehnten Kuss, der dann stark bejubelt wurde. Vieles war bereits bekannt, bevor es geschah.

Aber Klischees und zwischenzeitliches „Trash-Film-Feeling“ bei Seite, der Film hatte etwas, was viele Filme des Genre nicht haben: Eine weibliche Hauptfigur in der Männerwelt des Rap. Vielleicht war der Film auch deshalb anfangs etwas holprig. Möglicherweise wusste Geremy Jasper selbst nicht so genau wohin nun mit der weiblichen, etwas kurvigeren jungen Dame. Es kann aber auch sein, dass wir als Zuschauer:innen auch einfach nicht daran gewöhnt, eine Frau in solch einem Kontext wiederzufinden. Patti Cake$ jedoch, scheint es nicht groß zu stören, dass sie zum größten Teil nur von Männern umgeben ist. Auch war es erfrischend, eine starke Frau zu sehen die, trotz der an sie gerichteten Kommentare, nicht männerfeindlich gehandelt hat, um sich selbst zu profilieren.

Die Sturheit und das Durchhaltevermögen der immer sympathischer werdenden Patti sorgt dafür, dass man an der Geschichte dranbleibt. Man möchte wissen, wie es denn nun weitergeht und ob ihr großer Traum nun in Erfüllung geht. Leider hält der Regisseur einen zu lange in der Schwebe. Immer wieder hatte ich das Gefühl, der Film würde sich nun dem Ende neigen, nur um dann zu erkennen, dass es doch weitergeht.

Trotz der eher ungewöhnlichen Art und Weise, die Geschichte dieser jungen Frau zu erzählen, hat der Film mit seinem Witz und teils vorhersehbaren Handlung immer wieder Gelächter und Jubel im Publikum erzeugt. Der Saal blieb bis zum Ende voll, was mich beim angehen der Lichter sehr überrascht hat. Ich selbst fand Anfang und Mitte des Films eher mangelhaft, auch über die Witze konnte ich nicht immer lachen. Die Handlung schien mir vor allem in der Mitte der Geschichte in die Länge gezogen. Der Schluss jedoch konnte mich überzeugen, hauptsächlich weil ein Schluss vorhanden war und der Film nicht, wie zunächst von mir befürchtet, einfach mitten in der Geschichte aufhört. Wer gerne einen etwas anderen Rapp-Film sehen möchte, in dem die Hauptfigur zu Abwechslung eine Frau ist, wird an diesem Film, mit mehr oder weniger vorhandenem Inhalt, Gefallen finden.

„Patti Cake$“ kommt am 2. November in die deutschen Kinos.

 

Foto: Fox Searchlight

Studiert "Sprache und Kommunikation" in Marburg und trinkt eindeutig viel zu viel Kaffee.

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