Sneak Review #141 – Peppermint: Angel of Vengeance
Wenn das System versagt und keine Gerichtigkeit ausübt, dann hilft nur eins: Sich selbst für das Geschehene zu rächen. Mit „Peppermint“ erschaffte Pierre Morel einen gewaltfreudigen Action-Thriller. Ob er sich auch nach genauerem Hinsehen weiterhin behaupten kann, erzählen wir euch hier.
Riley North (Jennifer Garner) hat alles verloren. Und das am Geburtstag ihrer eigenen Tochter. Sie sieht mit an, wie ihre Familie vor ihren Augen brutal ermordet wird, und fällt nach eigenen Verletzungen ins Koma. Als sie wieder erwacht, scheint die Gerechtigkeit zum Greifen nah. Sie erinnert sich an die Täter, doch bald erfährt sie auf grausame Art, dass das System gegen sie arbeitet und die Männer, die sie als die Mörder ihrer Familie identifiziert hatte, wieder frei lässt. Geblendet von Wut und Frust taucht sie fünf Jahre lang ab und kommt dann am Todestag ihrer Familie wieder, um die zur Rechenschaft zu ziehen, die ihre Tochter und ihren Mann ermordet haben, sowie die, die dies vertuschen wollten. Hierbei zieht sie nicht nur die Täter sondern auch Polizisten und Juristen mit sich ins Verderben.
Eine schlechtere Lara Croft
Riley ist plötzlich wieder da und sie ist unkaputtbar. Jeder Schuss ihrerseits sitzt. Jede Bewegung ist perfekt. Jeder Schlag ein Volltreffer. Ist sie verletzt, so klebt sie kurz eine Binde über eine mehr als stark blutende Wunde und läuft die restliche Hälfte des Films problemlos weiter, während sie sicherlich einiges an Blut verliert. Sie hört alles, findet jeden und macht kaum Fehler. Im Alleingang rächt sie ihre Familie. Ohne Halt und ohne Pausen. Wenigstens leckt sich die wahre Lara Croft ab und an ihre Wunden und macht sich sauber.
Was zunächst tough wirkt, wird schnell lästig und man verliert die Empathie für die gebrochene Frau. Keiner weiß, woher sie plötzlich all das kann, aber sie kann es und keiner kann ihr was anhaben. Das sorgt dafür, dass der Film zäh wird und sich oft wiederholt. Da glaubt man, sie hat endlich den Mann hinter dem Mord an ihrer Familie geschnappt, zum zweiten Mal und ohne größere Schrammen, da kommt er wieder davon und es kommt zehn Minuten später zum genau gleichen Kampf. Als wolle der Regisseur zeigen, dass Riley North wirklich, wirklich unkaputtbar ist.
Gut, aber nicht gut genug
Klischees, Klischees so weit das Auge reicht. Vom tragischen Tod ihrer Familie, der dafür sorgte, dass sie zur Kampfmaschine wurde, bis hin zum Spanisch sprechenden Kartell, welches alle möglichen südamerikanischen Klischees erfüllt und mit jemanden im Inneren der Polizei arbeitet. Und weil die Polizei nicht ausreichend ist, packen wir noch eine FBI-Agentin mit rein. „Peppermint“ ist unterhaltsam, wenn man nichts Neues oder Bahnbrechendes erwartet. Es hat nicht originelles und ist berechenbar. Bei den Actionszenen versagt oft die Logik und was Riley Norths Körper angeht: Der hätte spätestens nach der zweiten stark blutenden und nicht wirklich behandelten Stichwunde aufgeben müssen.
„Peppermint“ ist eher was für die unter uns, die auf hemmunglose Gewalt stehen und sich nicht andauernd Fragen, wann diese Frau, die zur Zerstörungsmaschine mutiert ist, nun endlich zusammensackt. So viel Blut kann ja nicht mehr in ihr stecken. Hier und da ist der Film auch gut für einen Lacher und ab und zu glaubt man, der Regisseur wollte aus dem Action-Thriller einen Action-Psycho-Thriller machen, hätte aber mittendrin aufgegeben und sich doch nur auf die Action und den Thriller konzentriert.
„Peppermint“ kommt am 29. November in die deutschen Kinos.
FOTO: Lakeshore Entertainment Productions
Studiert "Sprache und Kommunikation" in Marburg und trinkt eindeutig viel zu viel Kaffee.