Was machen eigentlich die… Student:innen der Romanischen Philologien?

Was machen eigentlich die… Student:innen der Romanischen Philologien?

Schon mal damit geliebäugelt, das Fach zu wechseln oder einfach mal in ‘ne Vorlesung zu setzen, damit man versteht, was der:die Mitbewohner:in da immer so faselt? In unserer Reihe „Was machen eigentlich…“ geben Fachfremde Einblicke in die Studiengänge unserer Uni. Anglistin Laura hatte es diesmal nicht weit – und fühlte sich doch wie in einem neuen Universum.

„Liebe, Sex und Intrigen im 18. Jahrhundert“ – Was ein wenig klingt wie die Tagline der neuesten Sat1-Iny-Lorenz-Roman-Verfilmung ist tatsächlich ein Seminar am Institut für Romanistik. Die Romanist:innen beschäftigen sich größtenteils mit der französischen Literaturwissenschaft. Ich will ja keine Klischees über die Französische Kultur auspacken, aber in Anbetracht dessen wirkt der Titel schon etwas plausibler. Auf jeden Fall klingt es nach guter Unterhaltung und so begebe ich mich gespannt zum D-Turm in der Philfak. Wenigstens bleibe ich bei so einem prickeligen Thema in meinem vertrauten Umfeld.

What a Surprise: Die Romanist:innen lesen nicht nur Romane.

Eigentlich hatte ich bei den „Romanischen Kulturen“ das typische PhilFak-Ambiente erwartet. Ein viel zu enger Seminarraum an dessen Betonwänden die Überreste von Postern aus dem Jahre 1980 hängen. Studierende, die gelangweilt vor eselsohrigen Third-Hand-Taschenbuchschinken sitzen und nur gelegentlich mal aufhorchen, wenn gerade auf holprigem Französisch haarsträubende Theorien über die Motive der Figuren aufgestellt werden.

Was mich tatsächlich im Seminarraum erwartet, ist schon sowas wie eine kleine Sensation. Ordentlich gestrichene Wände mit bunten Postern und Gruppentische mit Notebooks. Statt harter Holzstühle gibt esi bequemes Büromobiliar. Ist das hier wirklich noch die PhilFak oder habe ich gerade ein neues Universum betreten? Langsam trudeln die ersten Studierenden ein und beginnen ein angeregtes Gespräch mit dem Seminarleiter. Ich lausche, mach’s mir im Bürostuhl gemütlich und fühle mich ganz wohl.

Das Thema der heutigen Stunde sind Filmadaptionen des Briefromans Les Liaisons Dangereuses. Dieser kann laut Seminarbeschreibung als Mutter der heutigen Soap oder Telenovela betrachtet werden. Meine Assoziation mit Sat1 war also gar nicht so weit hergeholt. Statt verstaubter Bücher gibt es einen informativen Vortrag mit schnieker Power-Point-Präsentation. Die meisten Teilnehmer:innen hören diesem tatsächlich aufmerksam zu. Französisch wird auch nicht gesprochen, sondern Deutsch.  Wir lernen, dass früher der Roman als Krönung der kulturellen Praxis galt; in der heutigen, multimedialen und digitalisierten Welt solche Unterscheidungen aber nicht mehr gemacht werden. Merke: Die Romanist:innen lesen nicht nur Romane.

„Wir sind immer sehr enttäuscht“

Aufregende Diskussionen über Amour Fou werden heute nicht geführt. Stattdessen geht es um das Spannungsverhältnis zwischen Romanvorlagen und Filmadaptionen. „Wir sind immer sehr enttäuscht“, stellt der Seminarleiter Marco Cristalli fest. Aber meckern kann ja jede:r und deswegen gehen die Romanist:innen der Sache mal auf den Grund. Es ist nämlich höchst unprofessionell, über die Verfälschungen in Filmadaptionen zu schmollen. Viel interessanter ist es doch, die verschiedenen Adaptionen mal miteinander zu vergleichen. Dies wird dann auch gleich gemacht, womit auch die schicken Laptops zum Einsatz kommen. Die sind wirklich praktisch und daher werde ich ein wenig neidisch: Warum haben wir Medienwissenschaftler:innen sowas eigentlich nicht?

Nach dem Seminar darf ich mich noch kurz mit Marco Cristalli unterhalten, um ein wenig mehr über den Studiengang zu erfahren. Vielleicht lässt sich ja doch noch das ein oder andere Vorurteil bestätigen. Außer Französisch kann hier noch Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und sogar Katalanisch studiert werden. Dafür gibt es spezielle Sprachpraxiskurse, die tatsächlich auch ausschließlich in den Fremdsprachen unterrichtet werden. In den Seminaren geht es größtenteils um Landeskunde und moderne Literatur und Medien.  Damit muss ich die meisten meiner Vorurteile doch zurücknehmen. Besonders mit den verstaubten Büchern lag ich wohl eindeutig daneben.

INTERESSE GEWECKT?  Einen Überblick über die romanische Literaturwissenschaft bietet die Vorlesung „Klassiker der romanischen Literatur„. Diese findet nächstes Wintersemester von 10-12 Uhr in HG +1/0030 statt.

FOTO: Laura Zöller

 

 

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