OB-Wahl-2015-Spezial #5: Jan Schalauske (Die Linke)
Marburg wählt! Und zwar eine*n neue*n Oberbürgermeister*in. Wer die Kandidat*innen sind, und mit welchen Floskeln und Wahlversprechen sie uns Studierende um den Finger wickeln wollen, könnt ihr in unserem OB-Wahl-Spezial nachlesen. Im fünften Teil unserer Reihe stellt sich Jan Schalauske von den Linken vor.
PHILIPP: Warum sollte gerade ich, als Studierende, Sie wählen, Herr Schalauske?
Jan Schalauske: Weil ich mich mit meiner Kandidatur für ein sozialeres und gerechteres Marburg einsetze. Und ein sozialeres und gerechteres Marburg käme allen Menschen hier, also auch den Studierenden, zu Gute.
Ein sozialeres und gerechteres Marburg, was bedeutet das?
Um ein Beispiel zu nennen: In Marburg herrscht ein großer Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Wenn man dieses Problem in Angriff nehmen will, und das will ich, muss Marburg mehr bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen und mehr Sozialwohnungen bauen, und das würde letztendlich auch den Studierenden nützen. Neben dem bezahlbarem Wohnraum sind aber auch die Defizite im ÖNVP ein zweites großes Problem in Marburg. Dass die Studierenden diesen kostenlos mit dem Semesterticket nutzen können, ist gut, dennoch ist er bei weitem nicht so gut ausgebaut wie er das sein müsse, damit er von vielen Menschen komfortabel genutzt werden kann. Ich würde den Nahverkehr deshalb grundlegend erweitern: Durch neue Buslinien, Schnellbusse in die äußeren Stadtteile und eine höhere Frequentierung der bereits bestehenden Fahrten. Außerdem wünsche ich mir, dass alle Menschen in Marburg den ÖNVP benutzen können ohne dafür bezahlen zu müssen.
Der Ausbau des Busverkehrs oder der Bau von sozialen Wohnungen kosten Geld, als großes Projekt wird in der Stadt trotzdem über eine Seilbahn zu den Lahnbergen diskutiert. Wie stehen Sie dazu?
Als Linke*r hat man manchmal etwas quere Ideen, die von den anderen Parteien als nicht finanzier- und durchführbar abgetan werden. Deswegen kann ich, wenn andere mal eine etwas verrückt anmutende Idee haben, diese nicht gleich als Spinnerei abtun. Es gibt aber so viele Defizite im real existierenden Busverkehr, dass erst mal dort angesetzt werden muss, bevor über Prestigeobjekte wie das einer Seilbahn auf die Lahnberge oder eines Schrägaufzugs zum Schloss gesprochen werden kann. Man muss erst mal seine Hausaufgaben machen.
Was unterscheidet Sie denn sonst so von den anderen Kandidaten?
Zunächst einmal ist meine Partei die einzige, die an den Fehlentwicklungen, die es in der deutschen Gesellschaft in den letzten 20, 30 Jahren gegeben hat – Stichwort: neoliberaler Umbau der Gesellschaft, Abbau des Sozialstaats, eine Rettung in der Eurokrise, die den Banken hilft, aber die Menschen im Stich lässt, – nicht beteiligt gewesen. Außerdem: Speziell in Marburg sieht sich die Partei „Die Linke“ auch als Motor der gesellschaftlichen Veränderung. Denn viele Probleme, die von uns schon früh angesprochen worden seien, finden sich nun, Jahre später, in den Parteiprogrammen unserer Konkurrenten wieder. Aus der Opposition heraus haben wir ordentlich Druck von links gemacht und somit auch die Stadtregierung zu fortschrittlichem Handeln angetrieben.
Neben dem Wohnungsmangel und dem öffentlichen Nahverkehr hat Marburg auch noch ein paar andere kleine Schwächen. Wo bleiben die Radwege?
Marburg ist die Stadt mit der längsten Regierungskoalition von SPD und Grünen. Man sollte also meinen, dass man hier einer verkehrsökologischen Wende näher kommt, aber das Gegenteil ist der Fall. Deshalb würde ich, wenn ich gewählt wäre, Fahrradwege bauen, den ÖPNV ausbauen und zur Verkehrsberuhigung beitragen – denn Fahrradwege sind nicht alles, man sollte auch auf der Straße fahren können.
Herr Schalauske, die Burschenschaft Germania hat grade den Vorsitz des Dachverbandes deutscher Burschenschaften übernommen. Sie gilt als extrem rechts. Wie gedenken sie die Tätigkeiten der Burschenschafter einzuschränken?
Ich lehne die deutschen Burschenschaften mit ihrem extrem rechten Gedankengut von Ungleichheit und Rassismus deutlich ab. Schon im Jahr 2013 hat die Linke einen Antrag an die Stadt vorgebracht die öffentlichen und politischen Aktivitäten der Marburger Burschenschaften als nicht erwünscht zu kennzeichnen. Dieser Antrag hat großen Anklang gefunden. Doch auch hier gibt es noch mehr zu tun: Das Marktfrühschoppen, das von extrem rechten Burschenschaften dominiert und ausgenutzt werde um ihr Menschenbild zu verherrlichen, darf auch weiter nicht stattfinden. Denn das braucht Marburg nun wirklich nicht.
Okay, kommen wir zur letzten und auch einer etwas schöneren Frage: Wie sieht ein perfekter Tag in Marburg für Sie aus?
Das ist jetzt aber eine besonders politische Frage. Lassen Sie mich überlegen. Ich glaube, ein solcher Tag würde mit einem langen und ausgiebigen Frühstück und vielen Gesprächen im Café am Grün beginnen. Dann würde ich mit dem Fahrrad hinein in den Landkreis fahren, an der Lahn entlang. Am Abend würde ich zurück kommen und mit Freunden an den Lahnwiesen chillen. Ja, das wär was!
FOTOS: Promo (Thomas Spieß, Dirk Bamberger, Elke Neuwohner, Jan Schalauske), Luis Penner (Marius Beckmann), Leonie Ruhland (Rainer Wiegand)